Body Farm
doch nicht lange im Krankenhaus bleiben, oder?« fragte Dorothy, als ich sie ein paar Minuten später anrief.
»Ich nehme an, ich kann sie am Nachmittag herholen«, sagte ich.
»Sie muß furchtbar aussehen.«
»Wie die meisten Menschen nach Autounfällen.«
»Bleibt denn irgend etwas zurück?« Sie flüsterte fast. »Was ist mit ihrer Kopfverletzung?«
»Das Medical Center hat einen guten Ruf, was die Behandlung von Schädel- Hirn-Traumata angeht«, sagte ich. »Lucy könnte nicht in besseren Händen sein.«
»Sie wird doch nicht entstellt bleiben, oder?«
»Nein, Dorothy. Entstellt wird sie nicht sein. Wie genau wußtest du über ihren Alkoholkonsum Bescheid?«
»Wie konnte ich davon wissen? Ihre Vorlesungen finden in deiner Nähe statt, und offenbar hat sie nie Lust, zu mir nach Hause zu kommen. Und wenn sie kommt, bestimmt nicht, um sich mir oder ihrer Großmutter anzuvertrauen. Ich glaube, wenn jemand Bescheid weiß, dann müßtest du das sein.«
»Wenn sie wegen Trunkenheit verurteilt wird, können die Gerichte eine Therapie anordnen«, sagte ich so geduldig, wie ich konnte.
Schweigen. Dann: »Mein Gott.«
»Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte«, fuhr ich fort, »wäre es doch aus zwei Gründen zu empfehlen. Erstens steht außer Frage, daß sie sich mit dem Problem auseinandersetzen muß. Und zweitens könnte der Richter ihren Fall mit mehr Nachsicht beurteilen, wenn sie sich freiwillig helfen läßt.«
»Gut, das überlasse ich alles dir. Du bist die Ärztin und Juristin in der Familie. Aber ich kenne meine Kleine. Sie wird es nicht wollen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie sich in eine psychiatrische Klinik begibt, in der es keine Computer gibt. Außerdem würde sie sich dermaßen schämen, daß sie nie mehr jemandem ins Gesicht sehen könnte.«
»Sie geht in keine psychiatrische Klinik, und es ist nicht im geringsten eine Schande, sich wegen Alkohol- oder Drogenmißbrauchs behandeln zu lassen. Eine Schande ist es, einfach weiterzumachen und sich das Leben zu ruinieren.«
»Ich habe immer nach drei Glas Wein aufgehört.«
»Es gibt viele Arten von Abhängigkeit«, sagte ich.
»Deine sind zufällig die Männer.«
»Ach, Kay.« Sie lachte. »Das mußte ja jetzt kommen. Übrigens, bist du gerade mit jemandem liiert?«
15
Senator Lord war das Gerücht zu Ohren gekommen, ich sei verunglückt, und so rief er mich am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe an.
Ich saß noch halb angezogen auf der Bettkante. »Nein«, sagte ich. »Lucy fuhr meinen Wagen.«
»Mein Gott!«
»Es geht ihr gut, Frank. Ich kann sie heute nachmittag nach Hause holen.«
»In einer Zeitung heißt es, Sie seien die Fahrerin des verunglückten Wagens gewesen, und es bestünde der Verdacht, daß Alkohol im Spiel war.«
»Lucy war eine Zeitlang in dem Wrack eingeklemmt. Als sich über das Kennzeichen herausgestellt hatte, daß ich die Halterin bin, galt ich auch als die Fahrerin. Ein Polizist hat dann wohl einem Reporter gegenüber eine entsprechende Bemerkung gemacht, die dann bei Redaktionsschluß noch eingefügt wurde.« Ich dachte an Officer Sinclair. Zu diesem Schnitzer würde ich ihm noch ordentlich die Meinung sagen.
»Kann ich irgendwie helfen, Kay?«
»Haben Sie irgendwelche neuen Erkenntnisse zu den Ereignissen in der ERF?«
»Es gibt ein paar interessante Entwicklungen. Haben Sie Lucy mal den Namen Carrie Grethen erwähnen hören?«
»Sie arbeiten zusammen. Ich habe sie kennengelernt.«
»Offensichtlich hat Grethen mit einer Spezialfirma für die Ausrüstung von Spionen zu tun, einem Laden, der High-TechGeräte für Überwachungszwecke verkauft.«
»Das ist nicht Ihr Ernst!«
»Ich fürchte, doch.«
»Dann verstehe ich einerseits natürlich, warum sie hinter einem Job in der ERF her war, andererseits wundert es mich aber, daß das FBI sie mit diesem Hintergrund überhaupt eingestellt haben soll.«
»Keiner hat es gewußt. Offenbar gehört der Laden Grethens Freund. Wir wissen überhaupt nur, daß sie den Laden häufig besucht, weil sie unter Beobachtung steht.«
»Sie hat Verabredungen mit einem Mann?«
»Wie bitte?«
»Der Besitzer des Schnüfflerladens ist ein Mann?«
»Ja.«
»Wer sagt, daß er ihr Freund ist?«
»Offenbar sie selbst, nachdem sie dort gesehen und anschließend befragt worden war.«
»Können Sie mehr über die beiden erzählen?«
»Derzeit nicht viel. Aber ich habe die Adresse des Ladens, wenn Sie einen Augenblick warten. Ich muß nur etwas wühlen.«
»Und was
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