Bodyfinder - Das Echo der Toten
haben.«
Violet zuckte zusammen. Warum bezeichnete ihr Onkel den Mörder als Verdächtigen, wo sie doch genau wussten, was er den Mädchen angetan hatte? Was sollte das?
»Ich hatte gehofft«, fuhr ihr Onkel fort, »dass wir uns irren, aber inzwischen sieht es so aus, als würde sich unser Verdacht erhärten.« Er schüttelte den Kopf, als könnte er es selbst kaum glauben. »Es besteht die Möglichkeit, dass er einen Partner hatte.« Als Violets Vater seinen Bruder unterbrechen wollte, hob Stephen die Hand. »Ich weiß, was du sagen willst, aber bis jetzt ist es mehr Spekulation als Tatsache. Wir haben keine Ahnung, wer dieser Komplize sein könnte oder ob es überhaupt einen gibt. Meine Kriminalbeamten gehen Telefonaufzeichnungen durch und folgen allen möglichen Hinweisen, aber bis jetzt sind wir noch nicht weitergekommen. Wir haben sogar dieKriminaltechniker vom FBI eingeschaltet. Die gehen seinen Computer durch, aber sie haben nichts gefunden.«
»Bis jetzt«, sagte Jay.
»Bis jetzt«, sagte Onkel Stephen und überging Jays vorwurfsvollen Ton. »Es tut mir leid, Violet. Hätte ich nur die leiseste Ahnung gehabt, dass jemand hinter dir her ist, hätte ich das ganz bestimmt nicht für mich behalten.«
»Aber wieso Violet? Woher könnte dieser … Mann wissen, dass Violet etwas damit zu tun hat?«, fragte Tante Kat ihren Mann.
Er zuckte die Achseln. »Das ist genau der Punkt – ich habe keine Ahnung. Es könnte einfach ein dummer Zufall gewesen sein. Aber wie auch immer, wir müssen ihn schleunigst finden.«
23. KAPITEL
Als Violet wieder zu Hause war, redeten ihr alle gut zu, ihre Eltern, ihr Onkel und Jay, und trotzdem fiel es Violet schwer, daran zu glauben, dass ihr nichts passieren würde. Sie versuchten ihr weiszumachen, dass der Mann überhaupt nicht wissen könne, welche Rolle sie dabei gespielt hatte, die Opfer ausfindig zu machen und seinen Partner zu fassen. Dass er auf sie ebenso gestoßen war wie auf die anderen Mädchen, durch Zufall. Und dass sie einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen sei.
Um auf Nummer sicher zu gehen, hatte ihr Onkel dennoch Polizeischutz für sie angeordnet. Rund um dieUhr wurde ihr Haus bewacht, und Violet konnte keinen Schritt allein vor die Tür machen.
Aber daran war sowieso nicht zu denken. Der Arzt hatte ihr bei der Entlassung aus dem Krankenhaus erst einmal Bettruhe verordnet, damit sie ihr Bein schonte. Es konnte Wochen, vielleicht sogar Monate dauern, bis die Verletzung richtig verheilt war. Und die erste Zeit musste sie noch auf Krücken gehen.
Die Tage zogen sich wie Kaugummi. Außer einem kurzen Besuch von Chelsea, die mit Zeitschriften, Gummibärchen und Schokolade beladen am späten Dienstagnachmittag bei Violet vorbeischaute, passierte nicht viel, und Violet hatte das Gefühl, von der Außenwelt abgeschnitten zu sein. Wenn Sie doch wenigstens bei den Ermittlungen helfen könnte!
Die Polizei hatte noch keinerlei Hinweise darauf, wer der Mann war, der Violet im Wald verfolgt hatte. Und da sie den Mann nur kurz gesehen hatte und sein Gesicht angemalt gewesen war, war sie keine große Hilfe bei der Identifikation.
Sie sehnte das Wochenende herbei. Jay hatte versprochen, die ganze Zeit bei ihr zu sein.
Frustriert zappte sie am Freitagabend durch die Programme. Außer langweiligen Gerichtssendungen und peinlichen Talkshows lief nichts Vernünftiges im Fernsehen.
Da klopfte es endlich an ihre Zimmertür und Jay kam mit einem Blumenstrauß und einem Stapel DVDs herein. Violet hätte auf beides verzichten können – er war alles, was sie wollte. Er grinste sie an und sofort kribbelte es wieder in ihrem Bauch, als hätten sie sich seit Wochen nicht gesehen, dabei war es erst ein paar Stunden her. Er setzte sich neben sie.
»Hier kommen die Hausaufgaben der letzten Woche. Na, hast du die Schule schon vermisst?«, fragte er, und bevor Violet antworten konnte, streifte er zart ihre Lippen mit seinen.
Lächelnd erwiderte sie seinen Kuss, sie liebte das verrückte Gefühl im Bauch, wenn er ihr so nah war.
Er löste sich aus der Umarmung und wurde auf einmal ernst. »Wir hatten gestern ja nicht viel Zeit für uns. Und ich hatte gar keine Gelegenheit dir zu sagen …«
Violet war wie verzaubert von seiner tiefen Stimme. Sie hörte kaum, was er sagte, weil sie ganz dem Klang seiner Worte lauschte.
»Ich habe das Gefühl, dass ich zu lange gewartet habe, bis ich dich endlich hatte, und als dann gestern …« Er verstummte, ratlos, und versuchte es noch
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