Böse Dinge geschehen

rekonstruiert. Er ist an dem Abend in fünf |352| verschiedenen Bars gewesen, hat sich mit einem Studenten geprügelt und ihm einen Zahn ausgeschlagen. Dann hat er versucht, mindestens zwei Kellnerinnen abzuschleppen, ist aber bei beiden abgeblitzt. Als er um Mitternacht oben auf dem Parkdeck auf uns stieß, war er betrunken und völlig zugedröhnt.«
    »Das habe ich ihr erzählt«, schnauzte Peltier ihn an. »Ich habe nie gesagt, Jimmy sei perfekt gewesen.«
    »Nein, das kann man wirklich nicht behaupten. Außerdem war er von dem Freund eines Freundes mit in die Stadt genommen und dort prompt sitzen gelassen worden. Als er Charlotte und mich entdeckte, war er auf der Suche nach einem Auto.
    Zufällig stand ein einziger Wagen oben auf dem Parkdeck des Parkhauses. Er gehörte weder ihr noch mir, aber wir standen in seiner Nähe. Und Jimmy forderte unsere Schlüssel, schreckte uns damit aus unserer Umarmung auf. Ich mochte ihn schon auf den ersten Blick nicht. Ich trat einen Schritt vor, zwischen ihn und Charlotte.
    Er war dünn und blass und hatte von der Schlägerei zuvor einen Riss im Hemd. Er zog die Hand aus der Tasche, etwas Metallisches blitzte auf, und plötzlich hatte er ein Messer in der Hand.
    ›Autoschlüssel‹, sagte er noch einmal. ›Sofort.‹
    Ich habe den Fehler gemacht, ihm mit Vernunft zu kommen. ›Das ist nicht unser Wagen‹, sagte ich.
    ›Erzähl mir keinen Scheiß‹, sagte er. ›Gib mir die Schlüssel.‹
    Charlotte war klüger. Sie holte ihren Schlüsselbund aus ihrer Handtasche und ging um mich herum. ›Der Mann will Schlüssel‹, sagte sie. ›Also gib ihm Schlüssel.‹
    Er hat die Schlüssel nicht genommen. Er packte sie am Handgelenk und zerrte sie zu sich heran.
    ›Schlaues Mädchen‹, sagte er. ›Zu schlau für diesen Blödmann, mit dem du da zusammen bist. Du solltest mit mir kommen.‹«
    Loogan hatte mit geschlossenen Augen gesprochen, als könnte er sich so besser erinnern. Jetzt öffnete er sie. »Sie versuchte, |353| sich zu entziehen, aber er hielt sie fest. Ich griff nach seiner rechten Hand, in der er das Messer hielt. Dann spürte ich einen Stich und zog meinen Arm zurück. Charlotte stampfte mit einer Hacke hart auf seinen Fuß, befreite sich von seinem Griff und rannte über das Parkdeck davon. Schreiend rannte er ihr hinterher. Ich war einen Moment lang erstarrt. An meinem Arm war ein fast zwanzig Zentimeter langer Schnitt. Er war nicht tief und tat nicht einmal besonders weh, aber während ich noch hinsah, begann das Blut zu laufen.
    Charlotte hätte es vielleicht geschafft, wenn sie die Treppe hinuntergelaufen wäre, aber sie wollte mich nicht im Stich lassen. In einer Nische neben dem Fahrstuhl war eine Notrufsäule. Sie schnappte sich den Hörer, merkte zu spät, dass das Kabel durchgeschnitten war. Die Leitung war tot. Sie drehte sich um. Peltier stand hinter ihr. Sie schlug mit dem Hörer nach seinem Gesicht, traf ihn aber nur an der Schulter. Der Schmerz machte ihn nur noch wütender. Er stieß sie gegen die Wand, packte sie an den Haaren und hielt ihr das Messer an die Kehle.
    Inzwischen war ich wieder zu mir gekommen. Der Anblick meines eigenen Blutes hatte mich erstarren lassen. Ich hatte ein paar Sekunden verloren, bevor ich den beiden nachlaufen konnte. Jetzt aber näherte ich mich vorsichtig. Ich rief ihm etwas zu, so, als würde ich versuchen, ein wildes Tier auf mich aufmerksam zu machen. Er drehte sich misstrauisch um, schob Charlotte zwischen uns. Mit dem Messer an ihrer Kehle.
    Ich blieb einen Meter vor ihm stehen, zeigte ihm meine leeren Hände.
    ›Zurück‹, sagte er.
    Ich machte einen Schritt zurück.
    ›Ich nehme den Wagen‹, sagte er.
    ›Nimm ihn‹, sagte ich.
    ›Und das Mädchen‹, sagte er.
    Ich schüttelte den Kopf. ›Du glaubst doch wohl nicht, dass ich das zulasse.‹
    |354| Ich sah, wie seine Finger zuckten, als er die Hand am Messer erst lockerte und dann wieder fester zupackte. Charlotte versuchte, ihr Kinn an die Brust zu drücken.
    »Da haben Sie recht«, sagte er, und dann wurden seine Knöchel weiß, und er zog das Messer durch. Charlotte schrie auf, und er stieß sie grob zu Boden.
    Als Nächstes kann ich mich nur noch daran erinnern, dass ich neben ihr kniete. Sie hatte die Augen geschlossen. An meinen Händen war Blut. Sie war mit dem Kopf hart auf den Beton aufgeschlagen. Ich holte ein Taschentuch aus meiner Tasche und versuchte, die Blutung zu stillen.
    Plötzlich kehrte Jimmy Wade zurück. Er hatte gemerkt, dass er