Böse Dinge geschehen
Sie machte die Augen zu und versuchte, sich der Hoffnung hinzugeben.
|375| Denn Loogan hatte ihr eine Botschaft zukommen lassen, gleich nachdem er zu graben begonnen hatte. Hideaway war einen Moment abgelenkt gewesen. Er war einem Geräusch am Rande der Lichtung nachgegangen. Loogan konnte nicht riskieren, dass Hideaway ihn hörte, deshalb formte er die Worte nur mit dem Mund, aber das genügte. Über seinem Kopf hing die Taschenlampe, sie konnte sehen, wie sich seine Lippen bewegten.
»Sie werden das hier überleben
.
«
Das waren die gleichen Worte, die James Peltier früher am Abend zu ihr gesagt hatte.
Sie hob die Augenbrauen.
»Werde ich das?«
Dann sagte er noch etwas. Sie war sich nicht ganz sicher, aber der Daumen und der Zeigefinger seiner rechten Hand hatten eine Pistole imitiert.
»Vielleicht muss ich ihn erschießen
.
«
In diesem Moment hatte Hideaway seine Aufmerksamkeit wieder auf die Lichtung gelenkt. Aber Elizabeth ahnte, was Loogan gemeint hatte. Sie erinnerte sich an Laura Kristolls Bericht über die Nacht, in der Sean Wrentmore gestorben war. Wrentmore hatte eine Waffe dabeigehabt, eine Pistole, die in einem Halfter an seinem Knöchel steckte. Laura hatte nicht gesagt, was aus der Waffe geworden war, aber Loogan würde das wissen. Loogan hatte geholfen, die Leiche zu vergraben.
Vielleicht muss ich ihn erschießen
.
Elizabeth gab sich der Hoffnung hin. Die Waffe lag im Grab. Loogan grub nach ihr, und jede Schaufel voller Erde brachte ihn ihr näher.
Das Mondlicht fiel auf die Hecken, die Casimir Hifflyns Vorgartenrasen säumten. An den Grashalmen hingen Regentropfen. Carter Shan ging die Treppe zum Haus hinauf und klopfte an die Tür.
Als niemand reagierte, ging er durch den Garten um das Haus herum. In diesem Augenblick klingelte sein Handy.
|376| Er drückte auf den grünen Knopf. »Hier Shan.«
»Wollte mich nur melden.« Es war Harvey Mitchum. »Ich bin bei den Kristolls und bei Nathan Hideaways Häuschen vorbeigefahren«, sagte er. »Bei beiden ist niemand da.«
»Tja, es ist Samstagabend.«
»Stimmt schon«, sagte Mitchum. »Und wie steht’s bei dir? Hast du mehr Glück?«
Shan näherte sich der Terrassentür zu Hifflyns Arbeitszimmer.
»Bridget Shellcross ist ausgegangen«, sagte er. »Ihr Haus ist leer. Casimir Hifflyns Wagen steht in der Auffahrt. In seinem Haus brennt Licht, aber es kommt niemand an die Tür.«
»Da bist du jetzt?«, fragte Mitchum. »Vielleicht sollte ich auch dahin kommen.«
»Wartest du mal einen Moment, ja, Harv?«
»Klar.«
Shan zog sich einen weißen Baumwollhandschuh über die rechte Hand und drückte gegen die Terrassentür. Zu. Durch das Glas sah er die Gestalt eines Mannes, der zurückgelehnt in dem Stuhl am Schreibtisch saß. Shan klopfte ans Glas. Die Gestalt rührte sich nicht.
Shan hob den rechten Fuß und stieß mit der Hacke kräftig gegen die Leiste zwischen den beiden Scheiben der Terrassentür. Das Holz brach, als beide Scheiben zerbarsten. Er ließ das aufgeklappte Handy in die Tasche gleiten und zog die Pistole. Er lud sie und stieg in das Zimmer ein.
Sofort eilte er zum Schreibtisch und überzeugte sich davon, dass die Gestalt auf dem Stuhl Casimir Hifflyn war. Mit zwei Fingern tastete Shan nach der Halsschlagader. Kein Puls. Das hatte er auch nicht erwartet. Die Wunde an Hifflyns Schläfe sah schrecklich aus.
Die zweite Leiche lag in der Nähe der Zimmertür. Die wunderschöne Frau des Schriftstellers, die einen Schuss in den Bauch und einen in die Brust abbekommen hatte. Ein weiterer Schuss hatte ein Loch in die Wand neben dem Türrahmen geschlagen.
|377| »Was zum Teufel ist da los?«, schrie in diesem Moment Mitchums gedämpfte Stimme aus Shans Handy.
»Entschuldige bitte«, sagte Shan, nachdem er es aus der Tasche gezogen hatte. »Ich bin hier eingebrochen. Du musst sofort herkommen. Und bring den Chef und die Gerichtsmedizinerin mit. Hifflyn ist tot. Und seine Frau auch.«
Er gab Mitchum die Einzelheiten durch, beendete dann den Anruf und durchsuchte mit gezogener Waffe das ganze Haus. In jedem Zimmer schaltete er das Licht an, aber niemand lauerte ihm auf. Als er wieder in Hifflyns Arbeitszimmer zurückkehrte, hörte er die ersten Sirenen in der Ferne.
Auf dem Schreibtisch lag ein Füller, dessen Kappe noch entfernt war, daneben eine Notiz.
Mir tut alles so leid – Tom und Tully und Beccanti. Es gibt nun keine Zukunft mehr. Ich hoffe, ich habe den Mut, das hier zu Ende zu bringen.
Unterzeichnet mit Hifflyns
Weitere Kostenlose Bücher