Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Wort über das Feuer gesprochen, als er mich herfuhr, dabei hat er über alles mögliche gesprochen”, ging es Stepan Trofimowitsch durch den Kopf.
»Herrje, Stepan Trofimowitsch! Sind Sie es leibhaftig, den ich vor mir sehe? Nicht einmal im Traum hätt’ ich das geglaubt! … Kennen Sie mich denn nicht?« rief ein älterer Mann mit dem Aussehen eines hochherrschaftlichen Dieners alter Zeiten, glattrasiert und in einem Mantel mit zurückgeschlagenem Schalkragen. Stepan Trofimowitsch erschrak, als er seinen Namen hörte.
»Entschuldigen Sie«, murmelte er, »ich kann mich an Sie nicht mehr erinnern …«
»Nicht mehr erinnern? Ich bin doch Anissim Iwanow. Habe bei Herrn Gaganow, Gott hab’ ihn selig, in Diensten gestanden und Sie, gnädiger Herr, vielmals gesehen, in Begleitung von Warwara Petrowna, bei Awdotja Sergejewna, Gott hab’ sie selig. Ich hatte bei Ihnen auf Awdotja Sergejewnas Befehl Bücher abzugeben, und zweimal Pralinen aus Petersburg …«
»O ja, jetzt erinnere ich mich an dich, Anissim«, sagte Stepan Trofimowitsch lächelnd, »du lebst also hier?«
»Bei Spassow, im W.-schen Kloster, bei Marfa Sergejewna, einer Schwester von Awdotja Sergejewna, vielleicht ist es erinnerlich, welche sich ein Bein gebrochen hatten, aus der Equipage ungeschickt gesprungen, auf dem Weg zum Ball. Und jetzt leben sie in der Nähe des Klosters, und ich diene ihnen, und jetzt, wenn’s gefällig, will ich aufs Land, um die Meinen zu besuchen …«
»Ach ja, ach ja.«
»Als ich Sie sah, freute ich mich über die Maßen, Sie waren immer gütig zu mir.« Anissim lächelte begeistert, unaufhörlich. »Aber wohin möchten der gnädige Herr? Der gnädige Herr haben sich, wie es scheint, ganz allein auf den Weg gemacht … Der Herr waren, wie es scheint, noch nie allein unterwegs? …«
Stepan Trofimowitsch warf ihm einen ängstlichen Blick zu.
»Doch nicht etwa zu uns nach Spassow?«
»O ja, ich will nach Spassow. Il me semble que tout le monde va à Spassof …«
»Doch nicht etwa zu Fjodor Matwejewitsch? Der Herr werden sich aber freuen! Der Herr haben Sie in früheren Zeiten hoch verehrt; sogar heute noch sprechen der Herr mehrmals davon.«
»Ja, ja, auch zu Fjodor Matwejewitsch.«
»So ist das, so ist das. Darum wundern sich hier die Bauern und sagen, man hätte den gnädigen Herrn zu Fuß auf der Landstraße angetroffen. Das ist ein dummes Volk.«
»Ich … Ich habe … Ich habe, weißt du, Anissim, gewettet, daß ich, wie die Engländer es tun, den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen werde, und ich …«
Seine Stirn und seine Schläfen waren feucht von Schweiß.
»So ist das, so ist das.« Anissim hörte mit unbarmherziger Neugier zu. Stepan Trofimowitsch aber ertrug es nicht länger. Er war so verlegen, daß er schon aufstehen und das Haus verlassen wollte. Da aber wurde der Samowar gebracht, und im selben Augenblick kehrte auch die Bücherverkäuferin, die inzwischen hinausgegangen war, wieder zurück. Als rette er sich aus höchster Not, wandte er sich an sie und bot ihr eine Tasse Tee an. Anissim gab sich zufrieden und zog sich zurück.
In der Tat, unter den Bauern hatten sich allmählich Zweifel geregt:
“Wer ist dieser Mann? Läuft zu Fuß auf der Landstraße, sagt, er ist Lehrer, gekleidet wie ein Ausländer, dem Verstand nach ein kleines Kind, aus seinen Antworten wird man nicht schlau, wie wenn er wo ausgerissen wär’, und hat Geld!” Man war sich schon einig, ihn bei der Behörde zu melden, “weil es in der Stadt unruhig ist.” Aber Anissim glättete in einem Augenblick alle Wogen. Er trat in den Flur hinaus und erzählte allen, die es wissen wollten, Stepan Trofimowitsch sei nicht eigentlich ein Lehrer, sondern “ein großer Gelehrter in Person und gehen großen Wissenschaften nach und waren hiesiger Gutsbesitzer, wohnen aber seit zweiundzwanzig Jahren bei Ihro Gnaden der Generalin Stawrogina, woselbst sie den ersten Platz im Hause einnehmen und auch bei allen anderen in der Stadt die höchste Verehrung genießen. Im Adelsclub lassen sie an einem Abend einen Grauen und einen Regenbogenfarbenen beim Spiel und sind im Range eines Rats, was soviel ist wie Oberstleutnant beim Militär, das heißt nur eine Sprosse unter dem richtigen Oberst. Und das viele Geld, das der Herr haben, kommt von Ihro Gnaden der Generalin Stawrogina und ist ungezählt” und so weiter, und so weiter.
“ Mais c’est une dame, et très comme il faut .” Stepan Trofimowitsch erholte sich nach Anissims
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