Boese - Horror
Glückwunschlächeln auf seinem Gesicht erstarrte. Ja, das konnte er glauben. »Ich wusste gar nicht, dass die Leute einstellen«, sagte er vorsichtig.
»Es ist nur befristet. Ich glaube, ihre Sortiermaschine ist kaputtgegangen, und sie haben jemanden gesucht, der die Post von Hand sortiert.«
Doug rückte weiter vor. »Wer hat Sie denn eingestellt? Howard?«
»Nein, Mister Crowell war krank. Ich denke, das ist einer der Gründe, warum sie jemanden zusätzlich brauchen. Mister Smith hat mich eingestellt.«
Doug zwang sich zu lächeln. »Was halten Sie von Mister Smith?«
Für eine Sekunde verdunkelte sich Giselles Gesicht, und er dachte, sie würde irgendetwas Negatives über John Smith sagen; stattdessen zuckte sie die Schultern. »Ich weiß nicht.«
Der Mann vor Doug bezahlte seine Lebensmittel. Doug legte seine Hand auf Giselles Schulter. Sie wich nicht zurück. »Ich weiß nicht, ob Sie da arbeiten sollten«, sagte er ernst.
Giselle lachte. »Meine Mom hat dasselbe gesagt. Machen Sie sich keine Sorgen. Es wird mir schon nichts passieren.«
»Passen Sie gut auf sich auf«, warnte Doug sie.
Sie lächelte und machte einen Schritt zurück. »Na klar.« Sie winkte ihm zu, während sie zur Tiefkühlabteilung ging. »Bis dann.«
Doug sah ihr nach, sah ihre engen Jeans, deren Stoff sich auf provokante Weise zwischen ihren Hinterbacken zusammenzog.
»Zwei fünfundachtzig.«
»Was?« Doug drehte sich um und blickte den Kassierer an.
Der junge Mann lächelte vielsagend. »Zwei fünfundachtzig.«
Doug holte seine Brieftasche heraus.
Im Bett kuschelte Trish sich in dieser Nacht an ihn, legte einen Arm über seine Brust und drückte ihn an sich, wie sie es schon eine ganze Weile nicht mehr getan hatte. Das Abendessen war gut und - wichtiger noch - gesund gewesen. Forelle mit Reis und Spargel. Trish hatte wieder zu ihrem ernährungsbewussten Selbst gefunden, und aus irgendeinem Grund machte ihn das optimistischer, weniger sorgenvoll. Alles andere mochte zur Hölle fahren, aber wenigstens ihnen beiden würde es gut gehen.
Ihr Kopf rutschte unter seine Achselhöhle, und sie blickte in sein Gesicht hinauf. »Liebst du mich noch?«, fragte sie.
»Was für eine Frage ist das denn?«
»Liebst du mich noch?« Ihre Stimme war ruhig; es lag eine Ernsthaftigkeit darin, von der er nicht recht wusste, wie er damit umgehen sollte.
»Natürlich liebe ich dich.«
»Du sagst es gar nicht mehr.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich es sagen muss.« Er lächelte. »He, wir sind jetzt seit fünfzehn Jahren verheiratet. Warum sonst sollte ich freiwillig durch diese Hölle gehen?«
»Sei ernst.«
»Hör mal, wenn ich dich nicht lieben würde, wäre ich nicht hier.«
»So einfach ist das nicht. Außerdem würde ich es gerne von Zeit zu Zeit hören.«
»Michelle«, sagte er. »Dieser Brief. Darum geht es eigentlich, nicht wahr?«
Sie sagte nichts, hielt ihn nur noch fester. Er küsste sie auf den Kopf.
»Ich habe Angst«, sagte sie schließlich.
»Ich auch.«
»Aber ich habe Angst um uns. Um unsere Beziehung. Ich meine, ich habe manchmal das Gefühl, dass du etwas von mir fernhältst, dass du Angst hast, mit mir zu reden. Oder dass du nicht mit mir reden willst.«
»Das stimmt nicht«, widersprach er.
»Du weißt, dass es stimmt.«
Einen Augenblick lang schwiegen sie. »Du hast recht«, sagte Doug. »Wir haben uns voneinander entfernt. Ich weiß auch nicht warum. Ich würde ja gerne diesem Postboten an allem die Schuld geben, aber ich weiß, dass das nicht alles erklärt. Es ist auch mein eigener Fehler.«
»Es ist unser Fehler«, entgegnete Trish.
Und sie hielten einander fest, kuschelten sich noch dichter zusammen. Doug hatte das Gefühl, dass sie die Katastrophe abgewendet hatten, auf die sie zugetrieben waren, und dass sie erfolgreich die Pläne des Postboten durchkreuzt hatten.
29.
Trish erwachte und fühlte sich nervös und unwohl; die emotionalen Überbleibsel eines Albtraums, an den sie sich leider erinnerte und in dem es natürlich um die Post gegangen war. Sie war jung gewesen, ein Kind noch, hatte aber in diesem Haus gewohnt, und sie war die Auffahrt zum Briefkasten hinuntergegangen. Es war ein prächtiger Tag, der Himmel war blau, die Sonne schien, und sie trug ihr rosa Lieblingskleid mit der kleinen Schürze. Sie öffnete den Briefkasten und holte einen Stapel Umschläge in leuchtenden Farben heraus, von denen der oberste mit einem tanzenden Teddybären geschmückt war. Vorsichtig, um nicht das
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