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Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8

Titel: Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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leuchtete die Wurstpackung weiter an und schwenkte sie hin und her. Seine Hand und die Wurst schienen frei in der Luft zu schweben. Als der Spezialeffekt nicht wirkte, legte er die Wurst auf den Boden, holte weitere Pakete aus einer der Tüten und breitete sie vor sich aus. Dann ging er rückwärts Richtung Zaun und legte eine Art Futterspur zum Straßenrand.
    »Wie bei Hänsel und Gretel«, murmelte er, während wir hinauskrochen.
    Milo lehnte sich an seinen Fiat, zerknüllte die leere Einkaufstüte und jonglierte sie von einer Hand in die andere.
    Wir standen da und warteten, über uns vibrierender Beton und vorbeischießende Autos. Milo zündete sich eine Zigarre an und blies Rauchringe in die Luft. Nach ein paar Minuten drückte er sie aus und zerquetschte sie zwischen den Fingern. Dann ging er zum Zaun zurück und steckte den Kopf durch das Loch. Kurz darauf rief er mir zu, ich solle ihm folgen.
    Wir blieben am Zaun stehen, und Milo leuchtete etwa fünf Meter voraus. Ich blinzelte in die Dunkelheit. Nach einer Weile konnte ich Gestalten erkennen. Sie waren auf Händen und Knien und sammelten die Lebensmittel ein. Sekunden später waren sie wieder verschwunden.
    Milo formte mit den Händen einen Trichter vor den Mund und rief: »Es gibt noch mehr; kommt!«
    Keine Antwort.
    Er schaltete die Taschenlampe aus, und wir zogen uns wieder auf die andere Seite des Zaunes zurück.
    Es war wie ein Spiel, ein dummes, sinnloses Spiel, doch Milo schien nichts dabei zu finden.
    Er packte die zweite Tüte aus und legte den Inhalt ins Licht der Straßenlampe. Er legte Köder aus, stellte Fallen - und schien seinen Spaß dabei zu haben.
    Die Zeit verging. Milo schaute ab und zu zum Zaun hinüber und kaute auf seiner Zigarre.
    Nach einer Weile tat sich etwas. Eine große, dunkle Hand griff durch den Zaun nach einem Laib Weißbrot.
    Milo ging hin und trat das Brot weg. Die Hand zuckte zurück. »Tut mir leid«, sagte er, »ohne Fleiß kein Preis.« Er zog seine Polizeimarke heraus und hielt sie vor den Zaun. »Ich will nur mit euch reden, sonst nichts.«
    Als er keine Antwort bekam, hob er seufzend das Brot auf und warf es durch das Loch im Zaun.
    Kurz darauf erschienen ein Paar Galoschen in der Zaunlücke, zwei schmierige, karierte Hosenbeine und der Saum einer alten Armeedecke. Der Kopf, der irgendwo aus den Lumpen ragen musste, blieb unsichtbar im Schutz der Dunkelheit.
    »Ich kann noch mehr zu essen besorgen; ihr braucht mir nur ein paar Fragen zu beantworten. Nichts Schweres.«
    Eins der karierten Beine schob sich durch den Zaun, dann das andere. Schließlich stand der komplette Mensch auf der Straße und blinzelte in die Straßenlampe.
    Er war in eine Decke gewickelt, von den Knien bis über den Kopf, wie ein Bettelmönch. Das bisschen Haut, das er zeigte, war schwarz und krustig. Er machte einen zaghaften Schritt nach vorn, und die Decke rutschte von seinem Kopf. Sein großer Schädel war halb kahl, sein Gesicht knochig und eingesunken, sein Blick wässrig und ruhelos.
    Er hatte das Brot in der Hand und starrte die Suppendose an, die Milo ihm hinhielt.
    »Wir wollen nur mit dir reden, keine Sorge«, redete ich ihm zu.
    Er schaute mir in die Augen. Hinter dem Netz aus geplatzten Blutgefäßen meinte ich etwas schimmern zu sehen - Intelligenz, vielleicht, oder Misstrauen.
    Milo drückte dem Mann die Dose an die Brust. Endlich nahm er sie; doch er hörte nicht auf, mich anzustarren.
    »Du bist nicht von der Polizei.« Seine Stimme war überraschend klar. »Du bist bestimmt kein Bulle.«
    »Nein«, sagte ich, »aber er ist einer.«
    Er schaute Milo an und lächelte. Dann rieb er sich den Bauch und versteckte seine Schätze unter der Kutte.
    »Ein paar Fragen nur«, sagte Milo, »ganz einfache.«
    »Nichts im Leben ist einfach«, erwiderte er.
    »Aha, ein Philosoph.« Milo zeigte mit dem Daumen auf die Einkaufstaschen. »Wir haben genug mitgebracht, damit du mit deinen Freunden ein kleines Festmahl veranstalten kannst.«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Es könnte vergiftet sein.«
    »Warum, zum Teufel, sollte es vergiftet sein?«
    Er lächelte. »Warum nicht? Die ganze Welt ist vergiftet. Einmal hat einer etwas geschenkt bekommen, es war voller Gift, und er starb.«
    »Wo ist das passiert?«
    »Auf dem Mars.«
    »Nein, ernsthaft.«
    »Auf der Venus.«
    Milo paffte an seiner Zigarre und machte Anstalten zu gehen. »Na gut, dann fragen wir eben woanders. Schönen Abend noch.«
    »Was wollt ihr denn wissen?«
    »Alles, was du

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