Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8
dann im Robert-Evanston-Hale-Institut für Psychoanalyse in Manhattan und schließlich am Southwick Hospital in England absolviert. Seine Spezialgebiete waren Psychoanalyse und analytische Psychotherapie. Er war achtundfünfzig.
Im nächsten Jahrgang des Verzeichnisses tauchte er noch mal auf, und ich arbeitete mich vor, bis sein Name nicht mehr erschien. Vor vier Jahren.
Genau zwischen den Morden an Parks und Shipler.
Ob Rosenblatt und Harrison das gleiche Schicksal ereilt hatte, konnte ich nachprüfen, denn, wie die meisten Verbandsorgane, hatte das Journal of the American Medical Association eine monatliche Rubrik mit Nachrufen. Ich ging ins Lager zu den gebundenen Jahrgängen und suchte mir die von vor vier, fünf, zehn und elf Jahren heraus.
Nichts, weder über Rosenblatt noch über Harrison. Vielleicht waren sie gar nicht Mitglieder der AMA?
Als Nächstes versuchte ich es mit dem American Journal of Psychiatry, ebenfalls ohne Erfolg.
Auch im Verzeichnis der Psychologenvereinigung fand ich keinen Vermerk, dass sie gestorben waren. Doch konnte ich verifizieren, dass die fünf Jahre alte Eintragung, die ich in meinem Verzeichnis zu Hause über Katharina de Bosch gefunden hatte, wirklich die letzte gewesen war.
Was gab es sonst noch für Möglichkeiten, an Adressen zu kommen? Der Index Medicus und die Psychological Abstracts förderten zutage, dass Katharina auf zwei Artikeln ihres Vaters als Mitautorin erschienen war, doch nach seinem Tod war nichts mehr von ihr gekommen. Der eine Artikel hatte mit Kindererziehung zu tun und enthielt das Stichwort »böse Liebe«:
»Die Mutter-Kind-Bindung ist Grundlage jeder engeren Beziehung. Störungen dieser Bindung führen zu psychopathologischen Entwicklungen im späteren Leben. Gute Liebe - die nährende, uneigennützige, psychosoziale ›Säugung durch die Mutter/Eltern-Figur - gibt dem Kind ein Gefühl der Sicherheit und formt damit seine Fähigkeit zu stabilen Beziehungen. Böse Liebe - der Missbrauch elterlicher Autorität - erzeugt Zynismus, Entfremdung, Feindseligkeit und, im schlimmsten Fall, Gewalt, durch die das Kind versucht, Vergeltung zu üben an der Brust, die ihm verweigert blieb.«
Rache. Missbrauch elterlicher Autorität. Jemandem war etwas verweigert worden. Jemand war auf Rache aus.
Ich schaute nach, ob ich Artikel von Harrison oder Rosenblatt finden konnte, doch keiner der beiden hatte je eine Zeile veröffentlicht. Das überraschte mich nicht. Praktizierende Psychologen schreiben keine Artikel. Dennoch kam es mir seltsam vor, dass die beiden keine Spuren hinterlassen hatten.
Der letzte auf meiner Liste war der Sozialarbeiter, Michael Lerner, der, wie ich fand, bis vor sechs Jahren als ordentliches Mitglied seiner Innung geführt worden war. Ich notierte mir seine Büroadresse und die dazugehörige Telefonnummer. Er hatte die Fachschule in Northridge absolviert, sein Diplom in Berkeley gemacht und sein Klinikum im Allgemeinen Krankenhaus in San Francisco. Danach war er für zwei Jahre als fest angestellter Sozialarbeiter bei den de Boschs. Als seine Spezialgebiete hatte er Familientherapie und Drogenentzug angegeben.
Ohne viel Hoffnung erkletterte ich eine Leiter zu einem der oberen Regale und zog sechs und sieben Jahre alte Bände des Sozialarbeiter-Magazins heraus. Auch hier kein Nachruf und keine Todesanzeige, doch direkt unter der entsprechenden Rubrik weckte ein Abschnitt mit der Überschrift »Suspendierungen« meine Aufmerksamkeit. Es war eine Liste mit dreizehn klinischen Sozialarbeitern, die wegen Verletzung der Berufsethik aus der Vereinigung ausgeschlossen worden waren, darunter auch »Lerner, Michael A.«.
Die Einzelheiten seiner Sünden wurden nicht angegeben. Das Aufsichtsorgan, das Staatliche Prüfungskomitee für Verhaltensforschung, war am Wochenende nicht zu erreichen; also schrieb ich mir das Datum seiner Suspendierung auf und nahm mir vor, Montag früh anzurufen.
Ich dachte, das wäre alles, was ich aus Büchern erfahren konnte, verließ die Bibliothek und fuhr heim.
Robin war wieder bei der Arbeit. Der Hund sah gelangweilt aus. Er folgte mir ins Haus und bettelte, während ich mir ein Sandwich machte. Ich erledigte ein wenig Papierkram, wir speisten gemeinsam zu Mittag, und er trottete neben mir her, als ich wieder zum Wagen ging.
»Wohin willst du jetzt?«, fragte Robin.
»Zum Haus. Ich will dabei sein, wenn die Fische abgeholt werden.«
Sie blickte mich zweifelnd an, sagte aber nichts.
»Keine Sorge, es werden jede
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