Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8
dir nicht aufgelauert. Er wäre hier angekommen, als die Gärtner gerade wegfuhren, und hätte sich spontan entschlossen, ein Wörtchen mit dir zu reden.«
Wir standen auf der Treppe und sahen zu, wie die Polizeiwagen davonfuhren. Der Hund stand bei uns, den Kopf zwischen den Geländerstäben und die Ohren gespitzt.
»Wie wird die Anklage lauten?«
»Bewaffneter Überfall, unbefugtes Betreten, Trunkenheit am Steuer, falls sein Alkoholpegel hoch genug ist. Wenn seine Kumpel die Kaution für ihn zahlen, wird er vermutlich in drei Tagen wieder draußen sein. Ich werde denen raten, ihm Hausarrest zu verpassen. So ein Clown.« Er kicherte. »Ich wette, dein Würgegriff hat ihn völlig durcheinandergebracht. Wie hast du das gemacht? Eins von deinen Karate-Kunststücken?«
Ich bückte mich und tätschelte den muskulösen Doggenhals. »Nein. Mein Freund hier hat von hinten attackiert und ihn abgelenkt; sonst hätte ich Keffler niemals in den Griff bekommen. Außerdem hat er seine Wasserscheu überwunden. Er kam bis an den Rand.«
»Wirklich?« Milo lächelte. Er kraulte den Hund hinter den Ohren. »Meinst du nicht, dass er jetzt, wo er deine Kniescheiben gerettet hat, endlich einen richtigen Namen verdient?«
»Heute Nachmittag nannte ich ihn Bully. Ich dachte, das würde Keffler Angst einjagen.«
»Warum nicht? Bully -«
»Das Problem ist, er hat bestimmt schon einen Namen. Irgendwann wird jemand kommen und ihn holen, da bin ich sicher. Dabei habe ich mich schon richtig mit ihm angefreundet.«
Milo stieß mir sanft in die Rippen. »Höre ich recht? Versuchen wir etwa Distanz zu halten, aus Angst, verletzt zu werden? Gib ihm schon einen Namen, Alex, gesteh ihm seine Identität zu, lass ihn sein hündisches Potenzial ausleben.«
Ich lachte und rieb der Dogge den Rücken.
»Keffler hat übrigens meinen Karpfen nicht auf dem Gewissen«, sagte ich. »Als ich die Geschichte erwähnte, kapierte er gar nichts mehr.«
»Das hätte ich auch nicht vermutet. Die Sache mit dem Zweig ist zu subtil für die Iron Priests. Die hätten alle Fische herausgeholt und darauf herumgetrampelt, oder sie hätten sie gegessen und die Gräten liegen gelassen.«
»Das glaube ich auch. - Doch zurück zu unserem anderen Problem: Gibt es etwas Neues über Gritz?«
»Noch nicht.«
»Ich war heute Morgen in der Bibliothek und bin diverse Verzeichnisse durchgegangen. Nichts Aktuelles über Rosenblatt oder Katharina de Bosch. Harrison ist nach Ojai gezogen, ohne Telefonnummer, was nach Ruhestand klingt, und den Sozialarbeiter, Lerner, haben sie aus seinem Berufsverband ausgeschlossen, wegen Missachtung der Berufsethik.«
»Was genau?«
»Das stand nicht dabei.«
»Was bedeutet das normalerweise? Dass er mit einer Patientin geschlafen hat?«
»Das ist das häufigste Vergehen, aber es könnte sich auch um finanzielle Unregelmäßigkeiten handeln oder um persönliche Probleme. Alkohol- oder Drogensucht zum Beispiel.«
Milo lehnte sich gegen das Geländer. Die Streifenwagen waren alle verschwunden. Mein Teich war ein trockenes Loch. Ich ging hinunter und schaltete die Pumpe ab. Der Hund wich mir nicht von der Seite.
Als ich zurückkam, sagte Milo: »Wenn Lerner nicht astrein war, wäre dann nicht auch denkbar, dass einer seiner Patienten sehr sauer auf ihn wurde?«
»Sicher. Ich habe die Zusammenfassung eines De-Bosch-Artikels über böse Liebe gefunden. Darin ist ausdrücklich vom Missbrauch elterlicher Autorität die Rede, Missbrauch, der zu Entfremdung führt, zu Zynismus und in extremen Fällen zu Gewalt. Er benutzt in dem Zusammenhang auch das Wort ›Vergeltung. Aber trotzdem - ich weiß immer noch nicht, was ich verbrochen haben könnte.«
»Versuch doch mal, dich mit Harrison in Verbindung zu setzen. Frag ihn, ob er eine Idee hat, um was es gehen könnte. Seine Nummer kann ich dir besorgen, auch wenn sie nicht im Telefonbuch steht.«
»Gut. Harrison könnte auch aus einem anderen Grund eine gute Quelle sein. Wenn Therapeuten suspendiert werden, dann werden sie für gewöhnlich aufgefordert, sich einer Therapie zu unterziehen. Und das war eins von Harrisons Spezialgebieten. Wäre es nicht ein seltsamer Zufall, wenn er Lerner behandelt hätte? Obwohl auch wieder plausibel wäre, wenn Lerner jemanden konsultiert hätte, den er kennt. Gib mir die Nummer. Ich rufe ihn sofort an.«
Milo ging zu seinem Wagen und sprach über Funk. Nach zehn Minuten kam er wieder und sagte: »Er scheint tatsächlich kein Telefon zu haben, aber er steht
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