Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8
sich schon was finden, keine Sorge.«
Er brachte mich zum Wagen. Es war wieder heißer geworden; die Luft war voller Bienengesumm.
»Und jetzt geht’s weiter nach Santa Barbara?«, fragte er.
»Ja.«
»Richten Sie Katharina meine Grüße aus, falls Sie sie antreffen. Sie fahren am besten die 150 entlang. Nehmen Sie die Auffahrt an der Stadtgrenze und dann immer geradeaus. Es sollte nicht länger als eine halbe Stunde dauern.«
»Danke.«
Wir gaben uns die Hand.
»Eins noch, Bert.«
»Ja?«
»Könnten Michael Lerners Schwierigkeiten durch seine Arbeit in dem Heim bedingt gewesen sein? Oder hat er dort vielleicht seinerseits Schwierigkeiten gemacht?«
»Ich weiß nicht. Er sprach nie davon. Er war sehr verschlossen, sehr abwehrend.«
»Aber Sie haben ihn gefragt?«
»Ich habe ihn nach jeder Einzelheit seiner Vergangenheit gefragt, aber er weigerte sich, über etwas anderes als sein Alkoholproblem zu reden, und das betrachtete er nur als eine schlechte Angewohnheit, die er loswerden musste. In seiner eigenen Arbeit hatte er nichts übrig für Verhaltenstherapie, aber für sich persönlich wollte er nichts anderes. Er wollte verwandelt werden, und zwar über Nacht, möglichst schnell und diskret, wenn’s sein musste mit Hilfe von Hypnose.«
»Sie sind doch Analytiker. Warum kam er dann zu Ihnen?«
»Er kannte mich eben und fühlte sich sicher bei mir. Außerdem galt ich als jemand, der auch pragmatisch sein konnte.«
»Wenn er sich so gesträubt hat, warum ist er dann erst in Therapie gegangen?«
»Weil es zu seiner Bewährung gehörte. Der Berufsverband verlangte es, weil der Alkoholismus seine Arbeit beeinträchtigt hatte. Er verpasste Termine, verschlampte Papiere und brachte damit Leute in Schwierigkeiten. Als Patient war er leider genauso. Sehr unzuverlässig. Manchmal tauchte er gar nicht auf.«
»Wie lange hatten Sie ihn in Behandlung?«
»Nicht lange genug, fürchte ich.«
21
Es schien kaum Zweifel zu geben, dass Mary Evans und Mary Parks ein und dieselbe Person waren und dass ihr Tod und die anderen Morde mit de Bosch und seinem Institut zusammenhingen.
Silk und Merino.
Eine Konferenz, die jemanden an seine Probleme erinnert - traumatische Erinnerungen. Böse Liebe. Zerstückelte Leichen. Kinderstimmen...
Plötzlich ergriff mich Panik. Wie hatte ich Robin nur allein lassen können! Ich hielt an einer Telefonzelle und versuchte, sie anzurufen. Keine Antwort. Mein Antwortdienst kannte unsere vorübergehende Nummer; nach dem fünften Rufton hob eine der Telefonistinnen ab.
Ich fragte sie, ob Robin hinterlassen hatte, wo sie zu erreichen wäre.
»Nein, Doktor. Soll ich Ihnen die anderen Nachrichten durchgeben?«
»Ja, bitte.«
»Moment. - Es gab nur einen Anruf, von einem Mr. Sturgis. Er sagte, ein Spezialist würde sich bald um Ihr Tonband kümmern. Ist Ihre Stereoanlage kaputt, Dr. Delaware?«
»So einfach ist es leider nicht.«
»Ja, ja, Doktor, so ist das heute. Die bauen die Dinger immer komplizierter, nur damit man sich wie ein Idiot vorkommt.«
Ich fuhr auf die Autobahn Richtung Nordwesten. Ich dachte daran, was Harrison mir über de Boschs Rassismus erzählt hatte, und fragte mich, was ich zu Katharina sagen sollte.
Nachdem ich die Autobahn wieder verlassen hatte, hielt ich zum Tanken und probierte die Nummer, die Harrison mir gegeben hatte. Keine Antwort. Also beschloss ich, die Konfrontation zu verschieben, und schaute in meinem Straßenatlas nach, wo das Erziehungsheim früher gewesen war: direkt jenseits der Stadtgrenze von Montecito, etliche Kilometer näher als Shoreline Drive.
Es war eine gerade, schattige Straße. Stattliche Grundstücke mit schmiedeeisernen Toren. Wo früher das Heim gewesen war, stand jetzt, abgeschirmt hinter hohen Mauern, ein neuerer Wohnkomplex.
Gegenüber war eine Villa im Tudorstil, rosa und braune Farben, mit einem Messingschild: BANCROFT-SCHULE. Auf dem Kiesweg davor, unter einer mächtigen Eiche, parkte ein schwarzer Lincoln, aus dem gerade ein Mann ausstieg, Mitte sechzig, alt genug also, dass er sich vielleicht an das Heim erinnerte. Ich fuhr heran und kurbelte mein Fenster herunter.
»Entschuldigung, war gegenüber nicht früher ein privates Erziehungsheim?«
Er runzelte die Stirn. »Allerdings.«
»Seit wann besteht es nicht mehr?«
»Seit einer ganzen Weile. Warum?«
»Ich hätte ein paar Fragen über das Heim.«
Er schaute in meinen Wagen. »Sind Sie ein... Ehemaliger?«
»Nein.«
Er sah erleichtert aus.
»Passiert es oft,
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