Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8
dass Ehemalige herkommen?«
»Nein, zum Glück nicht. Sie wissen bestimmt, was für eine Art Heim das war.«
»Problemkinder, nicht wahr?«
»Furchtbares Pack. Es hat uns nie gepasst. Wir waren zuerst hier, wissen Sie. Mein Vater hat die Gegend erschlossen, dreißig Jahre, bevor die herkamen. Vorher gab es hier nur Bauern.«
»Hatten Sie Probleme mit Schülern aus dem Heim?«
»Warum interessiert Sie das?«
»Ich bin Psychologe.« Ich gab ihm meine Karte. »Ich arbeite als Berater für die Polizei in Los Angeles. Es gibt Hinweise, dass einer der Ehemaligen für gewisse Belästigungen verantwortlich sein könnte.«
»Belästigungen, sagen Sie. Das würde mich nicht wundern. Welcher Art denn?«
»Tut mir leid, über Einzelheiten kann ich leider nicht reden, Mister - Mister Bancroft?«
»Jawohl.« Er gab mir seine Karte:
Bancroft-Schule
gegr. 1933
»Institut für Geistes- und Charakterbildung«
Leitung: Carl H. Bancroft jr.
»Geht es um etwas Kriminelles?«
»Möglicherweise.«
Er nickte wissend.
»Warum hat das Heim damals zugemacht?«, fragte ich.
»Der Alte - der Franzose starb, und dann gab es niemanden, der weitermachen konnte. Erziehung ist eine Kunst, wissen Sie.«
»Hatte er nicht eine Tochter?«
Er hob die Augenbrauen. »Sie hat mir den ganzen Laden zum Kauf angeboten, aber ich habe abgelehnt. Mein Fehler. Ich hätte zugreifen sollen, allein schon wegen dem Land. Jetzt haben sie das dahingesetzt.« Er deutete auf die Mauer.
»Wer?«
»Eine Gruppe von Ausländern, Asiaten natürlich. Sie hat es mir angeboten, aber der Preis, den sie verlangte, war astronomisch, und sie wollte nicht mit sich reden lassen. Für die hat Geld natürlich keine Rolle gespielt.
Diese Geschichte, von der Sie reden, diese Belästigungen: das wird doch hoffentlich kein schlechtes Licht auf meine Schule werfen? Ich fände es äußerst störend, wenn die Polizei hier herumschnüffeln würde. Diese Art von Publicity können wir nicht gebrauchen.«
»Haben Sie schlechte Erfahrungen gemacht mit dieser Art von Publicity, wegen de Boschs Schützlingen, meine ich?«
»Nein, das habe ich nicht zugelassen. Die Grenze meines Grundstückes hier war so undurchdringlich wie die Berliner Mauer, dafür habe ich gesorgt.« Er zog mit der Schuhspitze eine Linie in den Kies. »Einige dieser ›Schützlinge kamen aus dem Jugendgefängnis: Brandstifter, Schläger, Schulschwänzer - alle möglichen Übeltäter.«
»Es muss hart für Sie gewesen sein, sie in unmittelbarer Nachbarschaft zu haben.«
»Nein, das war es ganz und gar nicht«, wies er mich zurecht. »Wenn sich einer zu uns verlief, dann schickte ich ihn postwendend zurück, mit einem Tritt in den Hintern.«
»Sie hatten also nie Probleme.«
»Nur mit dem Lärm. Es war immer sehr laut da. Das einzig wirklich Unangenehme geschah, nachdem das Heim schon geschlossen war. Einer von denen erschien hier und machte Ärger.« Er lächelte. »Der Zustand, in dem er war, sprach nicht gerade für die Methoden des Franzosen.«
»Zustand?«
»Nun ja, er war, wie sagt man, ein richtiger Vagabund. Ungewaschen, ungekämmt, vollgepumpt mit Drogen - man sah es an seinen Augen.«
»Woher wussten Sie, dass es ein Ehemaliger war?«
»Weil er es mir erzählt hat. ›Ich war hier früher Schüler, das hat er gesagt. Als ob mich das beeindruckt hätte.«
»Wie lange ist das her?«
»Eine ganze Weile. Mal sehen: Es war um die Zeit, als ich einen der Crummer-Jungen aufnehmen sollte, den jüngsten... vor zehn Jahren.«
»Und wie alt war dieser Vagabund‹?«
»Um die zwanzig. Äußerst unverschämt. Er stürmte an meiner Sekretärin vorbei direkt in mein Büro. Ich sprach gerade mit dem jungen Crummer und seinen Eltern - eine hervorragende Familie. Die älteren Jungen waren schon meine Schüler gewesen - erfolgreiche Schüler. Doch die Szene, die dieser Mensch uns machte, veranlasste die Eltern, den Jüngsten nicht zu uns zu schicken.«
»Was wollte er?«
»Er wollte wissen, wo sein altes Heim geblieben war. Er wurde laut, und ich dachte schon, ich müsste die Polizei rufen, doch zum Glück konnte ich ihn dann zum Gehen veranlassen, indem ich ihm sagte, der Franzose sei schon lange tot.«
»Damit war er zufrieden?«
Er runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht. Jedenfalls ging er dann. Zu seinem Glück, kann ich nur sagen.« Er schüttelte die Faust. »Er war wie wahnsinnig. Es müssen die Drogen gewesen sein.«
»Können Sie ihn beschreiben?«
»Schmutzig, ungekämmt - wie solche Leute eben
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