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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Wethern
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vergrößert, sodass er mehr leistete. Ein Rad mit gut 21 Zoll Durchmesser wurde an der verbreiterten Gabel angebracht, sodass der abgespeckte Rahmen schräg stand. Verstärkt wurde diese Wirkung durch Hochlenker und Spiegel in Silberdollargröße. Die Kotflügel wurden weggeworfen oder auf das legale Minimum reduziert. Der bequeme Bananensitz wurde durch einen einfachen Sattel ersetzt, und der serienmäßige Benzintank musste einem schnittigen Choppertank mit zwölffachem Überzug aus Hochglanzlack weichen. Wenn die verchromten Rohre dröhnten, war die Bestie sprungbereit, neunzig Kilo leichter, um einen unbekannten Prozentsatz schneller und temperamentvoller – eine Herausforderung, neue Grenzen zu testen.
    Die meisten unserer Motorräder hatten kein Tachometer. Wir fuhren einfach schnell: hundert, wo vierzig erlaubt war, und auf dem Highway so schnell wie möglich. Eines Abends erreichte ich gut 190 km/h, als ich ab Richmond mit einem Pontiac um die Wette fuhr. Mein Gesicht war wund, und die Arme schmerzten vom bloßen Festhalten. Der Wind drückte mich nach hinten, als ich an Berkeley vorbei auf Oakland zuraste. Es war zu schnell. Ich sah nur noch verschwommene Lichter.
    Aber ich mochte Motorräder, die auf Höchstgeschwindigkeit getrimmt waren, denn ich wollte auf dem Highway voll aufdrehen. Ich bog mit 100 oder 110 auf den Highway ein, schaltete in den dritten Gang hoch, beschleunigte auf 130 oder 140 und legte dann im vierten Gang richtig los. Volle Pulle. Tempo war alles.
    Ein Nachteil waren die zahlreichen Reparaturen. Viele Mitglieder waren gute Mechaniker, die sich darauf spezialisiert hatten, gestohlene und verschrottete Motorräder auszuschlachten, damit ihre Maschinen überlebten. Meine Fertigkeiten beschränkten sich darauf, Öl und Benzin nachzufüllen oder mir ein Farbschema auszudenken, um die schlichten, klaren Formen des Bikes zu betonen. Aber ich musste mir die Hände auch gar nicht schmutzig machen, denn Sonny war immer bereit, mein Motorrad zu pflegen. Er baute mir sogar mehrere Maschinen von Grund auf neu und war dann etwas gereizt, als ich eine davon mit Gewinn verkaufte.
    Ersatzteile waren eine Nebenleistung des Clubs für seine Mitglieder. Nach einem ungeschriebenen Gesetz verkaufte oder borgte ein Mitglied seine nicht benötigten Teile einem anderen. Außerdem feilschten wir mit Händlern und erzielten oft gute Preise. Manche Jungs stahlen auch Motorräder. Sie rollten sie auf Kleinlaster und demontierten sie innerhalb von Stunden. Einige Angels hatten ein größeres Ersatzteillager als ein Harley-Händler. Selbst ich kaufte so viel Zeug, dass ich damit eine ganze Garage füllen konnte, unter anderem vier Motoren mit derselben Seriennummer – mindestens drei waren also heiße Ware. Ich verkaufte einige Teile sogar an einen Polizisten in San Francisco, der keine Fragen stellte.
    Die Polizei half uns unfreiwillig, illegale Motorräder zu legalisieren, und zwar so: Manche Angels besuchten Polizei-Versteigerungen und zahlten bar für die ausgemusterten Harleys der Cops. Dann bauten sie mit Seriennummern versehene Teile aus den Polizeirädern in gestohlene ältere Motorräder ein. Das Ergebnis war ein neues Motorrad zum Versteigerungspreis. Gab es einen besseren Eigentumsnachweis als eine Rechnung von der Polizei? 6
    Die Anmeldung eines gestohlenen Motorrads bei der Kfz-Behörde war noch einfacher; darum wurden auch viele angemeldet. Am Anfang machten wir uns nicht einmal die Mühe, Seriennummern zu entfernen, weil die Polizei sie selten überprüfte. Man konnte alles mit einem Motorrad machen. Manche feilten die Nummern provisorisch ab und kamen damit durch, aber man konnte auch eine ganze Maschine – mit »heißem« Motor – zur Meldebehörde bringen. Dort sagte man: »Die habe ich eben zusammengebaut«, und die Beamten schluckten es. Auf diese Weise bekam man ein neues Motorrad für zehn Dollar Meldegebühr.
    Später wurden die Gesetze allmählich verschärft, sodass wir uns über die Motoren Gedanken machen mussten. Anstatt die Nummern abzufeilen, bohrte man sie heraus, schweißte die Löcher zu und stanzte eine neue Nummer hinein. Doch eines Tages begann die Behörde, Motorräder zu beschlagnahmen, deren Motornummern herausgebohrt worden waren.
    Der technische Krieg weitete sich aus, und neue Gesetze legten fest, dass die Rahmennummer mit den anderen Seriennummern übereinstimmen musste. Wenn jemand an dem Motorrad herumgepfuscht hatte, wurde es beschlagnahmt, es sei denn, man

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