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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Wethern
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Maschinenpistole, und Bobby ließ sie rattern und verbreitete überall Blei, wo der Rückstoß ihn hinführte. Fluchende Sheriffs und lachende Angels gingen in Deckung, bis der Ladestreifen leer war. Niemand wurde verletzt, also sprachen die Sheriffs nur eine strenge Verwarnung aus und zogen ab, begleitet von gellenden Pfiffen und Beschimpfungen.
    Erneut stand Bobby im Zentrum der Aufmerksamkeit. Zorro schenkte ihm ein .30-30er Jagdgewehr, und Tramp, der kein Risiko scheute, balancierte eine Bierdose auf dem Kopf. »Los, Kleiner«, sagte er. »Schieß sie runter. Du kannst es.«
    Bobby zögerte, weil diesmal mehr auf dem Spiel stand als ein Blauhäher. Während die anderen ihn anfeuerten, sah er mich an. »Nee«, sagte ich, und er schulterte sein Spielzeug.
    In diesem Moment kam Helen mit Donna angefahren. Bobby lief auf sie zu und schrie: »Mama, schau, was Zorro mir gegeben hat.« Zorro, der immer noch humpelte und ausgezehrt aussah, stand etwas abseits. Helen warf ihm einen misstrauischen Blick zu und sagte: »Das war nett von ihm. Aber sei vorsichtig mit dem Ding.«
    Volle Bierdosen in der Hand haltend, bemühten sich Helen und ich ernsthaft, Kontakte zu pflegen, aber wir hätten ebenso gut versuchen können, Öl mit Wasser zu vermischen. Wir gesellten uns zu Leuten, die sich bereits zu amüsieren schienen, und versuchten, die kühle Begrüßung zu ignorieren. Dann zogen wir weiter.
    Helen blieb stehen, um mit Magoo zu sprechen, der sich seine Erkennungsnummern in den Verbrecherkarteien des Bundesstaates und des FBI auf die Arme tätowiert hatte und dessen Bauch bandagiert war. Er lehnte an einem Baum. Zu seinen Füßen lagen Flaschen und Marihuana, ein Hippie-Mädchen fummelte an ihm herum. »Ich bin mit über hundert Sachen gestürzt, und acht Motorräder fuhren auf mich drauf«, berichtete er. »Der Revolver in meinem Gürtel schoss mir in den Bauch.« Er deutete auf eine mehr als zwanzig Zentimeter lange Naht auf seinem Unterleib.
    Auch mit Marsi, Mickey und Sharon tauschte Helen Höflichkeiten aus, aber trotzdem fühlten wir uns beide nicht wohl. Schließlich sagte ich: »Wir müssen die Kinder nach Hause bringen.« Ein paar Leute nickten uns zum Abschied zu, dann brachen wir auf. Wir hatten unsere gesellschaftlichen Pflichten erfüllt.
    Kurze Zeit später ging ich zu einer Party bei Tramp – wieder in der Hoffnung, akzeptiert zu werden. »Hallo, George, wie geht’s?«, fragten einige Jungs. Doch wenn ich hinter einer Gruppe von ihnen vorbeiging, hörten sie auf zu reden und drehten sich um, als wollten sie nachschauen, was ich vorhatte. Elf Jahre nach meinem Beitritt war ich wieder ein Außenseiter, ein Paria, der unter Verdacht stand. Ich konnte die Mauer des Misstrauens nicht mit Worten durchbrechen. Die Mitglieder, die mich loswerden wollten, hatten nie den Mumm, mir das ins Gesicht zu sagen. Stattdessen ließen sie mich einfach herumwandern. Ihre Haltung – »Lasst den verrückten Bastard allein« – demütigte mich, also ging ich zur Tür, bevor die ersten Zugedröhnten umfielen. Mickey hielt mich auf und griff mich am Arm. »Ich hab nichts gegen dich«, murmelte sie. »Und ich hab keine Angst vor dir. Ich wollte dir nur sagen, dass ich nicht denke, was die anderen denken.«
    Ich dankte ihr und fuhr nach Hause. Meine Gefühle waren ebenso überdreht wie meine Harley 74. Als ich mich ins Haus schleppte, schaute Helen vom Fernseher auf. »Was ist los, George? Was ist passiert?«
    »Es war fast, als wäre ich allein gewesen«, sagte ich und wischte mir die Tränen aus den Augen. »Ich kann nicht einmal mehr hinter jemandem hergehen, ohne dass er mich über seine Schulter hinweg anschaut. Warum sind sie so? Sie wollen mich nicht mehr dabeihaben. Ich glaube, ich muss austreten. Was bleibt mir sonst übrig?«
    Während einer schwach besuchten Versammlung bei Monk am folgenden Freitag gab ich meine Kutte zurück. Mein Rückzug wurde stillschweigend akzeptiert wie ein unehrenhafter Rauswurf. Es gab keine Vergebung, und mein Stolz ließ keine Entschuldigung zu. Kein Mann sollte sich vor seinen Brüdern rechtfertigen müssen.
    Es gab kein Zurück. Ich würde kein Hells Angel mehr sein, sondern mich in der Grauzone der Ehemaligen aufhalten. Zwar würde ich einen höheren Status genießen als jemand, der die Kutte nie getragen hat, doch einen niedrigeren als einer, der sie trägt.
    Durt, ein enger Freund, holte meine Clubfahne ab und konfiszierte ein paar Totenkopfzeichnungen, die einer unserer Nachbarn

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