Böser Mann - Provinzkrimi
Regals, in dem bestimmt 100 aufgereiht waren.
»Ikea«, stellte Polterer mit sicherer Miene fest.
»Selbst ist der Mann«, erwiderte Luginger kühl.
Markus Polterer schlug die Beine übereinander. Dann schnippte er mit den Fingerspitzen. Zwischen seinen Füßen liefen Ameisen.
»Ameisen! Wo kommen die denn her?«
»Von draußen«, bemerkte Luginger mit einer Kanne Kaffee in der Hand. »Laufen die Wände hoch, und wenn ich nachts die Fenster aufass, sind sie drin.«
»Komisch«, brummte Polterer. »Ameisen, die Wände hochlaufen. Noch nie gehört.«
»Afrikanische Wüstenameisen. Gibt’s noch nicht lang bei uns. Die Neger haben sie mitbracht. Sind aggressiv, passen Sie auf. Die beißen.«
Luginger frühstückte, und Polterer schaute zu. Dankend hatte er Lugingers Einladung abgelehnt.
»Auf Axel Strauss’ Handy haben wir Fotos von Sammy und Frau Fischer gefunden«, sagte Polterer schließlich. »Sie halten Händchen, gehen Arm in Arm, na ja, sie verhalten sich nicht gerade wie Brüderchen und Schwesterchen.«
Luginger schmierte Nutellareste auf eine Semmelhälfte. »Und jetzt meinen Sie, Sammy hätte den Jungen umgebracht, blöderweise aber vergessen, das Handy mitzunehmen, auf dem die Beweise seiner Rassenschande dokumentiert sind.«
»Das Handy haben die Täter oder der Täter ganz offensichtlich verloren. Es lag etwa 30 Meter vom Fundort der Leiche entfernt.«
»Ja, stimmt. Sammy ist manchmal zu blöd, die Finger zusammenzuhalten.
In der Küche fallen ihm auch ständig Teller und Töpfe runter.«
Polterer stöhnte und schlug die Augen nieder. » Wenn Sie nicht sachlich bleiben wollen, fahren wir besser gleich nach Erding. Ich hatte gehofft, Sie wären zugänglicher.«
Luginger kaute. Dann fragte er: »Was gibt’s noch?«
»Axel Strauss ist wahrscheinlich mit demselben Wagen zum See gefahren, mit dem auch Herr Fischer überfahren wurde.«
»Was heißt wahrscheinlich?«
»Indizien, Spuren, Herr Luginger.«
»Was ist das denn für eine Kiste?«
»Ein Alfa Romeo.«
»Nicht gerade billig.«
»Ganz und gar nicht. Im Handschuhfach lagen auch noch 10 000 Euro. Alles große Scheine.«
»Na, damit ist Sammy doch endgültig aus dem Schneider. 10 000 Piepen hat der noch nie auf einem Haufen gesehen.«
Markus Polterer stützte die Ellbogen auf den Tisch und verbarg sein langes schmales Kinn zwischen den Fingern.
»Frau Weibel hat die Kollegen von der Spurensicherung zu einer Nachtschicht verdonnert. Und wissen Sie, was sie gefunden haben? Fingerabdrücke, die wir nicht zuordnen können. Wir möchten gerne ausschließen, dass sie zu Sammy gehören.«
Luginger trug seinen Teller zur Spüle und kam mit einem Glas Wasser und einem Aschenbecher zurück.
»Sie haben doch wohl den Arsch offen«, sagte er mit gespielter Ruhe, während sein Kopf nur wenige Zentimeter von Polterers Gesicht entfernt war. »Weil Sie nichts finden, wollen Sie Sammy was anhängen. Sie laufen aus dem Ruder, guter Mann.«
»Mäßigen Sie sich«, antwortete Polterer erstaunlich gelassen.
»Mike Menzinger hat ausgesagt, dass sich Axel Strauss und Sammy gekannt haben. Dummerweise haben sie sich auch geprügelt. «
Luginger atmete tief ein und marschierte zum CD-Player. Dann holte er die Scheibe aus dem Gerät und schmiss sie wütend in eine schmucklose Plastikschachtel. Er musste Zeit gewinnen. Irgendwas in seinem Innern kochte. So wie er sich gerade fühlte, wollte er kein weiteres Wort mit Polterer wechseln. Was war bloß in Mike gefahren? Warum quatschte der blöd rum? Und woher kannte Sammy diesen Axel Strauss? Der war doch noch nie im Hammer-Eck gewesen.
Zum Glück klingelte Polterers Handy. Während er telefonierte, ging Luginger zum Fenster und steckte sich seine erste Zigarette an.
Bevor Luginger das Gebäude der Polizei in Erding betrat, wäre er beinahe über einen Steinaschenbecher vorm Eingang gestolpert, der so voll mit Kippen war, dass niemand befürchten musste, Antiraucherkampagnen würden die hiesige Bullerei sonderlich beeindrucken. Die Tür zum Inneren war verschlossen. Während Luginger ein Plakat in freundlichem Grün betrachtete, auf dem ihm die bayerische Polizei unter anderem versprach, für seine Sicherheit zu garantieren, plauderte Polterer mit einem Kollegen in der Wache. Luginger musste warten. Ohne Begleitung kam er hier nicht weiter. Er setzte sich auf einen der Besucherstühle und fragte sich, warum jetzt auch die Polizei damit warb, erfolgreich, modern und leistungsstark zu sein. Reichte es nicht
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