Böser Mann - Provinzkrimi
war nicht da. Und er war viel zu lange bei Helga Fischer geblieben, statt die Küche vorzubereiten.
»Noch was, Franz«, sagte Moni. »Hast mal mit Sammy geredet? Es geht nicht, dass wir für ihn den Kopf hinhalten, während er sich schöne Stunden mit der Fischer gemacht hat.«
»Verstehe«, sagte Luginger.
»Das bezweifle ich. Du denkst, ich will Sammy nicht helfen, weil wir mal Stress miteinander hatten. Stimmt aber nicht.«
Luginger nickte.
»Nur, Lügen haben kurze Beine, Franz. Und die vom Samstag wird besonders kurze haben. Frau Weibel wird dich zur Schnecke machen, und Faulhuber und mich gleich mit.«
»Was hätt ich denn tun sollen, Moni? Die Weibel hatte Sammy am Haken. Also musste eine Geschichte her.«
»Ist schon klar, ich bin ja nicht blöd. Aber das dicke Ende kommt noch, und wenn mich Frau Weibel fragt, ob das stimmt, was du gesagt hast, werde ich kein zweites Mal lügen. Und weißt, warum?«
Luginger kratzte sich am Kopf. Bisher war der Abend so ruhig
verlaufen, und jetzt erinnerte Moni ihn an alles, was er am liebsten vergessen hätte.
»Weil er sich verdrückt hat. Weil er uns hier allein lässt. Weil er sich nicht mal entschuldigt hat. Von einem Dank ganz zu schweigen.«
»Schon gut, Moni. Hast ja recht, aber die Lage ist nun mal so. Oder glaubst wirklich, Sammy hätt mit dem Tod von dem Fischer was zu tun?«
Moni stopfe Scheine und Münzen in ein riesiges Portemonnaie. »Nein, das glaube ich nicht. Aber Feigheit nervt.«
Dann zog sie ihre Jacke über, leerte einen Rest Wasser in die Spüle, griff nach ihrer Tasche und sagte halblaut: »Oder doch. Warum eigentlich nicht? Vielleicht hat ihn irgendwas geritten, und wumm war er drüber über dem Fischer.«
Luginger spürte, wie sein Gesicht verrutschte.
»Ach ja, eh ich’s vergess«, rief sie auf dem Weg zur Tür. »Faulhuber hat angerufen und wollte dich dringend sprechen. Du warst aber viel zu beschäfigt. Er tat geheimnisvoll.«
»Wann war das denn?«, fragte Luginger.
»Gegen elf.«
»Soll ich ihn noch zurückrufen?«
»Unbedingt. Vor eins geht er nicht ins Bett, hat er gesagt.«
Faulhuber hatte ihm gerade noch gefehlt. Ein Telefonat mit dem vereinsamten Zahndoktor würde dauern. Kurz und präzise konnte Faulhuber nicht. Dafür liebte er seine Stimme zu sehr.
»Bis morgen, Franz«, hörte er Moni noch sagen. »Freu dich wenigstens über den schönen Umsatz, und geh früh schlafen. Siehst mitgenommen aus.«
Mitgenommen, dachte Luginger. »Mitgenommen« ist viel zu wenig. Fertig bin ich, kaputt, am Ende.
Monis »oder doch« hatte ihn völlig unvorbereitet getroffen. »Vielleicht hat ihn irgendwas geritten, und wumm war er drüber über dem Fischer.« Ein Stuhl musste her. Er musste sitzen. Und trinken. Viel trinken. Möglichst schnell viel trinken. Moni konnte recht haben. Auch wenn sie das gerade nur so dahingesagt hatte. Je nachdem, wie die Zeitabläufe Freitagnacht wirklich waren, hätte Sammy den Fischer im Liebeswahn über den Haufen fahren können. Raus aus dem Bett, rein ins Auto und den Fischer platt gedrückt. Das hätte nur Minuten gedauert. Erlenweg und Am Winkelgraben, ein Katzensprung.
Scheiße, dachte Luginger. Bier, ich brauch jetzt Bier. Am besten lass ich den Hahn laufen und stell gar nicht mehr ab. Glas drunter, weg damit, Glas drunter, weg damit. Zehnmal das Ganze, und Sammy mit seinem Mist war gelöscht.
Mit Faulhuber könnte er auch später angesoffen quatschen. Nur, wenn er jetzt nicht zurückrief, würde er es sein lassen. Und das wäre schlecht, sehr schlecht. Faulhuber kannte keine Gnade. Der ließ auch noch um eins oder zwei in der Früh das Telefon so lange läuten, bis er abnahm. Wenn Faulhuber reden wollte, wollte er reden. Basta.
»Franz hier«, meldete sich Luginger und trank einen weiteren tiefen Schluck.
»Gut, dass du anrufst«, erwiderte Faulhuber, und seine Stimme klang unverschämt munter.
»Bist ja noch richtig frisch«, murmelte Luginger.
»Musstest du endlich mal arbeiten«, kam es zurück. »Moni sagte, du würdest Sammy vertreten und wärst schlecht drauf.«
»Also, was ist?«
»Du wirst es nicht glauben. Es gibt einen zweiten Toten. Draußen am Gerolsee wurde um acht eine Leiche gefunden.«
Luginger ließ sein Glas erneut volllaufen und steckte sich eine an.
»Bist noch da?«, rief Faulhuber. »Hast mich verstanden?«
»Laut und deutlich.«
»Also offiziell hat die Polizei noch nichts durchsickern lassen. Aber ich weiß, dass es sich bei dem Toten um Axel Strauss
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