Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Boeser Traum

Boeser Traum

Titel: Boeser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
Vom Netzwerk:
sein? Charlotta hat fürchterliche Blähungen. Es stinkt bestialisch und sie ekelt sich vor sich selbst. Schlimmer noch: Sie spürt, dass es in ihrem Darm arbeitet. Es wird wahrscheinlich nicht mehr lange dauern und sie muss schon wieder kacken. Womit soll sie sich dann den Po abputzen? Wenn sie wenigstens ausreichend Wasser hätte, könnte sie es damit irgendwie versuchen. Aber das wenige Wasser, das sie noch hat, will sie sich aufsparen. Sie ärgert sich ohnehin schon, dass sie am Anfang damit so verschwenderisch umgegangen ist. Aber wie sollte sie auch ahnen, dass Emilia sie hier schmoren lassen wird. Wie spät mag es sein? Charlotta tippt auf elf Uhr und stellt sich vor, wie ihre Freundin vielleicht noch unter der warmen Decke in ihrem Bettchen liegt, Musik hört oder eine Zeitschrift durchblättert. Sie wird später behaupten, dass sie sich extra so super gegeben hat, um zu demonstrieren, dass sie mit Charlottas Verschwinden nichts zu tun hat – stellt Charlotta sich zumindest vor. Vielleicht chattet sie auch oder surft über irgendwelche Schnäppchenseiten. In Charlotta fängt es an zu brodeln. Sie fühlt sich ausgeliefert, machtlos, fast weggeworfen. Sie überlegt, wie sie reagieren soll, wenn Emilia endlich die Tür aufschließt. Einfach an ihr vorbei nach draußen laufen, frische Luft einsaugen, das Licht einatmen und Emilia anbrüllen? Das würde sie am liebsten machen. Allein die Vorstellung befriedigt sie schon ein bisschen. Sie würde Emilia mitteilen, dass sie jetzt nach Hause gehen und ihren Eltern erzählen würde, dass das alles Emilias Idee war. Dann würde sie nach Frankreich abdüsen und Emilia höchstens mal eine Postkarte schreiben. Vielleicht. Sie könnte natürlich auch so tun, als wäre nichts. Emilia mit einem coolen Hi begrüßen und sonst nichts sagen. Außer ganz arrogant: Bringst du mir bitte Toilettenpapier und Wasser mit, wenn du das nächste Mal in der Gegend bist?
    Sie weiß, dass sie für einen solchen Auftritt nicht die Stärke hat. Und das ärgert sie schon wieder. Ihr Herz rast. Sie weiß nicht, wohin mit ihren Gedanken, ihrer Unruhe. Sie fängt wieder an, die Treppe hoch und runter zu laufen, kommt sich selber vor wie ein Hamster in seinem Käfig.
    Â»Ich komme hier raus. Alles wird gut. Ich komme hier raus. Ich muss keine Angst haben«, sagt sie plötzlich laut. Sie lässt die Worte nachhallen. Es fühlt sich nicht so schlecht an.
    Â»Ich komme hier raus«, wiederholt sie etwas kräftiger. Sie versucht, sich erneut auf ihren Film zu konzentrieren. Auf Tim und David, die gerade zu Hause sitzen. Sie beamt sich wieder in ihre Geschichte.

Ein kleiner, gemeiner Gedanke
    D avid nimmt noch einen Schluck Saft, steht auf. »Ich gehe noch eine Runde laufen.«
    Seine Mutter runzelt die Stirn: »Jetzt? Nach dem Essen?«
    Ihr Sohn lacht. »Ma, wenn ich vor der Schule laufen will, sagst du, das sei ungesund so ohne Frühstück. Wenn ich nachmittags joggen will, behauptest du, es sei zu warm. Am Abend darf ich auch nicht. Soll ich mir den Wecker auf zwei Uhr nachts stellen? Oder lass mich raten: Dann ist es wahrscheinlich zu dunkel und ich könnte mir ein Bein brechen.«
    Seine Mutter grinst. »Hau schon ab. Aber dann möchte ich wenigstens, dass du mit einer Medaille von diesem Schüler-Marathon nach Hause kommst.«
    Â»Ma, ich bring dir den Pokal und lasse fett FÜR MAMA reingravieren.«
    David rennt durch den Park. Sieben Runden schafft er und ist ganz zufrieden mit der Zeit. Er freut sich auf den Marathon nächste Woche und auf das Wochenende danach. Da steigt seine Geburtstagsparty. Er will mit ein paar Jungs erst auf die Cartbahn und dann Pizza-Essen. Das wird cool. Er setzt zum letzten Sprint an. Schade, dass Tim heute nicht dabei ist. Er läuft lieber zu zweit, allein schon deshalb, weil man sich dann gegenseitig ziehen kann. Tims Handy ist schon wieder kaputt, deswegen konnte er den Freund nicht anrufen. Am Festnetz war auch keiner dran gegangen. David weiß nicht, dass Tims Mutter das Telefon heimlich ausgestöpselt hat. In letzter Zeit haben komische Männer angerufen und wollten ihren Mann sprechen. Sie hatten einen harten Akzent und waren nicht sonderlich freundlich gewesen. Sie hat Angst, dass ihr Mann in schlechte Gesellschaft geraten ist. Sich vielleicht sogar Geld geliehen hat. Sie redet mit ihrem Mann nicht darüber. Er schämt sich

Weitere Kostenlose Bücher