Böses Herz: Thriller (German Edition)
Highschool auf pubertäre Dramen beschränkt wie Liebeskummer, gemeine Lehrer, schlechte Noten oder, in Toris Fall, eine verzögerte Monatsregel. Heute ging es um einen echten Notfall. »Und warum ausgerechnet hier?«, fragte er.
Mit »hier« war eine riesige alte Eiche gemeint, deren Wurzeln dicker waren als Honors Taille und sich in alle Richtungen von dem massigen Stamm wegschlängelten. Der Baum hatte jahrhundertelang allen Wirbelstürmen, Bränden, Bauunternehmern und anderen Unbilden widerstanden. In seiner beeindruckenden, majestätischen Größe wirkte er beinahe künstlich, so als hätte ihn ein Bühnenbildner aus Hollywood entworfen und auf die Lichtung gesetzt.
»Ich schätze, es steigerte die Spannung, dass wir uns aus dem Haus schleichen mussten, um uns mitten in der Natur zu treffen. Entdeckt haben wir den Fleck an dem Tag, an dem ich meinen Führerschein bekam. Damals fuhren wir nur stundenlang durch die Gegend. Irgendwann kamen wir an diesem Baum mitten im Nichts vorbei und ernannten ihn zu unserem persönlichen Treffpunkt.
Von da an trafen wir uns hier, wenn wir Dinge zu besprechen hatten, die zu heikel waren, um sie am Telefon zu bereden.« Sie sah ihm an, dass er sie immer noch nicht verstand. »Teenie-Mädchen können schrecklich dramatisch sein, Coburn. Das hat was mit den Hormonen zu tun.«
Er gab einen Laut von sich, den sie nicht recht interpretieren konnte und vielleicht auch nicht wollte. Stattdessen fuhr sie mit den Fingern durch Emilys Haare und meinte melancholisch: »Ich schätze, eines Tages wird Emily sich aus dem Haus schleichen und sich mit irgendwem …«
Sie verstummte, weil Coburn sich plötzlich hellwach aufsetzte. »Was für einen Wagen fährt sie?«
»Eine Corvette.«
»Dann ist sie das nicht.« Er griff nach der Pistole an seinem Hosenbund.
»Warte! Das ist zwar nicht ihr Wagen, aber das ist Tori. Und sie ist allein.«
Der kleine, ihr unbekannte rot-weiße Wagen holperte über die knarrende Holzbrücke, rumpelte dann den furchigen Feldweg zu dem Baum entlang und blieb zwanzig Meter vor ihnen stehen. Honor öffnete die Beifahrertür, damit Tori sie sehen konnte. Emily kletterte von ihrem Schoß, sprang auf den Boden und rief noch im Loslaufen: »Tante Tori!«
Tori blieb neben dem Mini Cooper stehen, fing Emily mit beiden Armen auf und schwang sie hoch in die Luft. »Du wirst immer größer! Bald kann ich dich nicht mehr hochheben!«
»Weißt du was?«, platzte es aus Emily heraus, während sie sich aus Toris Umarmung wand.
»Was denn?«
»Coburn hat gesagt, wenn ich still bin und ihn nachdenken lasse, kriege ich ein Eis. Nur nicht jetzt gleich. Später. Und weißt du, was noch? Wir haben auf einem Boot geschlafen, wo früher mein Grandpa gewohnt hat. Nicht Grandpa Stan, mein anderer Grandpa. Die Betten waren ganz komisch und haben gar nicht gut gerochen, aber das war nicht so schlimm, weil wir auf einem Abenteuer sind. Ich habe Coburn aufgeweckt, und er hat als Allererstes ein ganz schlimmes Wort gesagt. Aber Mommy hat gesagt, manchmal sagen Erwachsene solche Worte, wenn sie sich ganz toll aufregen. Und dass Coburn nicht böse auf mich ist, sondern nur auf die Sitatzon.«
Als Emily Luft holen musste, sagte Tori: »Meine Güte. Wir beide haben uns eine Menge zu erzählen, nicht wahr?«
Sie sah über Emilys Schulter hinweg Honor an und bombardierte sie telepathisch mit hundert unausgesprochenen Fragen. Nach einem Schmatz auf Emilys Wange setzte sie das Kind ab. »Lass mich nur kurz mit deiner Mommy sprechen.«
Sie breitete die Arme aus, und Honor und sie umarmten sich. Ein paar Sekunden hielten sie einander nur fest. Schließlich löste sich Tori wieder und schniefte ein paar Tränen hoch. »Ich könnte dich umbringen. Mir so einen Schrecken einzujagen. Ich bin verrückt geworden vor Sorge.«
»Das war mir klar, aber es ging nicht anders.«
»Als ich die Nachrichten sah, fürchtete ich schon … Also, jedenfalls bin ich gottfroh, dass du und Emily noch heil und gesund seid. Hat er …? Habt ihr …? Mein Gott, ich bin ja so froh «, wiederholte Tori gefühlvoll. »Du siehst aus, als hätte dich eine Katze durchs Unterholz geschleift, aber offenbar ist dir nichts passiert.«
»Nein. Nichts Schlimmes jedenfalls. Tut mir leid, dass du solche Ängste um uns ausstehen musstest. Er hat mich erst heute Morgen bei dir anrufen lassen. Und nicht einmal da durfte ich selbst anrufen. Ich war nicht sicher, ob du die Nachricht bekommen würdest. Aber er …«
»Mit er
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