Böses Herz: Thriller (German Edition)
die Beweise, die Coburn gesammelt hat.« Er sah auf die Uhr und griff nach seinem Jackett. »Ich muss zurück. Ich muss zur Stelle und einsatzbereit sein, falls irgendwas passiert.«
Als er an ihr vorbei zur Tür ging, nahm sie seine Hand und hielt ihn auf. »Und wenn er es nicht tut?«
»Wenn wer was nicht tut?«
»Wenn Coburn nicht mitkommen will?«
»Dann bleibt für mich alles beim Alten. Dann werde ich vielleicht nicht als Held dastehen, aber ich kann auch nichts verbocken.«
»Sprich nicht so über dich selbst, Tom.« Sie stand auf und legte die Hände auf seine Schultern. »So etwas darfst du nicht einmal denken. Vielleicht kannst du diesmal endlich beweisen, aus welchem Holz du geschnitzt bist.«
Auch wenn ihr Vertrauen in seine Fähigkeiten fehl am Platz war, wusste er ihre Loyalität zu schätzen. »Ehrlich gesagt, bin ich so sauer, dass ich die Gelegenheit vielleicht tatsächlich nutzen werde.«
»Gut! Zeig Hamilton, was du draufhast. Und Coburn. Und allen anderen.«
»Ich werde mein Bestes tun.«
Ihre Miene wurde weich. »Aber was du auch tust, pass auf dich auf.«
»Bestimmt.«
»Der Mann ist vielleicht ein FBI-Agent, aber er ist gefährlich.«
»Ich passe auf, versprochen.«
Ehe er ging, sah er noch einmal kurz in Lannys Zimmer. Der Junge hatte die Augen offen, aber er starrte so reglos und still in die Luft, dass Tom sich beinahe die Rastlosigkeit zurückwünschte, die er gestern Nacht gezeigt hatte. Wenigstens hatte das bewiesen, dass er überhaupt etwas empfand, dass er einen Funken Menschlichkeit mit seinem Vater teilte. Und jede Verbindung war besser als gar keine.
»Ich würde alles für dich tun, Lanny«, flüsterte er ihm zu. »Einfach alles. Ich hoffe, dass … dass du das tief drinnen spürst.« Tom strich seinem Sohn übers Haar, beugte sich vor und küsste ihn auf die Stirn.
Erst an der Haustür fiel ihm ein, dass er seine Schlüssel im Fernsehzimmer gelassen hatte. Er machte kehrt und wollte gerade das Zimmer betreten, als er wie angewurzelt stehen blieb.
Janice saß wieder auf dem Sofa. Sie hatte das Smartphone in der Hand und tippte mit den Daumen wie wild auf dem Touchscreen herum. In nicht einmal einer Minute hatte sie ihn und seine Probleme abgeschüttelt und vergessen. Stattdessen war sie völlig in ihre Welt eingetaucht, eine Welt, in der kein Platz für ihn war.
Ihm fiel ein, dass er sie erst vor ein paar Tagen – oder war es erst gestern gewesen? – ähnlich versunken über ihrem Telefon ertappt hatte.
»Janice?«
Sie schreckte hoch. »Mein Gott, Tom!«, japste sie. »Ich dachte, du wärst schon weg.«
»Ganz offensichtlich.« Er stellte den Aktenkoffer auf den Couchtisch und ging auf sie zu.
Sie sprang auf. »Hast du etwas vergessen?« Ihre Stimme war unnatürlich hoch, ihr Lächeln ungewöhnlich strahlend.
Er nickte zu dem Smartphone in ihrer Hand hin. »Was machst du da?«
»Ich spiele mein Ratespiel.«
»Lass mal sehen.« Er streckte die Hand aus.
»Was? Warum?«
»Lass mal sehen.«
»Du interessierst dich für mein Spiel?« Ein falsch klingendes Lachen umrahmte die Frage. »Seit wann hast du denn …«
Seine Hand schoss vor und entriss ihr das Handy.
»Tom?«, schrie sie erschrocken auf.
Dann wiederholte sie: »Tom!«, und ihr schneidender Tonfall wirkte genauso fordernd wie die ausgestreckte Hand, mit der sie ihr Handy zurückverlangte.
Als er nicht reagierte, als er das Smartphone so weit zurückzog, dass sie es nicht zu fassen bekam, und die SMS auf dem kleinen Bildschirm las, sagte sie noch einmal seinen Namen, doch diesmal leise, klagend und begleitet von einem reuevollen Stöhnen.
»Ich will, dass du dich bereithältst. Dass du jederzeit zuschlagen kannst, Diego.«
Diego antwortete mit einem sarkastischen Schnauben. »Was? Und mir den ganzen Spaß entgehen lassen?«
Er hatte noch vor Sonnenaufgang vor der Villa im Garden District seinen Posten bezogen und war Bonnell Wallace gefolgt, als der durch das Gartentor herausgefahren war. Seither hatte er stundenlang den Wagen des Bankers im Auge behalten, seit Wallace ihn um sieben Uhr fünfunddreißig auf seinem persönlichen Stellplatz auf dem Angestelltenparkplatz des Bankgebäudes abgestellt hatte.
Zuzusehen, wie die Sonne den Perllack ausbleichte, war scheißlangweilig.
Und Diego langweilte sich nicht nur, er hasste es auch, so lange untätig zu sein. Er blieb lieber immer in Bewegung, wie ein Hai, der unsichtbar unter der Oberfläche kreist und schnell und gnadenlos zuschlägt, bevor
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