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Böses Herz: Thriller (German Edition)

Böses Herz: Thriller (German Edition)

Titel: Böses Herz: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Spur der Frau wieder, in die er sich damals verliebt und der er einen Antrag gemacht hatte.
    Der Tag war ihm als einer der glücklichsten seines Lebens im Gedächtnis geblieben und konnte es in seiner Erinnerung fast mit ihrem Hochzeitstag aufnehmen. Nachdem er Janice den Ring mit dem einen Diamanten über den Finger geschoben hatte, hatten sie sich auf dem durchgelegenen Bett in seinem stickigen, engen Apartment geliebt. Es war ein glühender, verschwitzter, kraftvoller Akt gewesen, und hinterher hatten sie ihre Verlobung bei einem gemeinsamen Bier gefeiert.
    Er wünschte, er könnte die Uhr zu jenem Nachmittag zurückdrehen und noch einmal Janices gerötete Wangen sehen, ihre weichen, lächelnden Lippen, die verträumten, zufriedenen und glückseligen Augen.
    Aber wenn er die Uhr zu jenem Tag zurückdrehte, hätten sie Lanny nicht.
    Im selben Moment schoss ihm ungewollt ein neuer, verräterischer Gedanke durch den Kopf, für den er sich augenblicklich schämte.
    Er ließ den Schwamm in die Plastikwanne fallen und sah Janice an. Ihrer Miene nach zu schließen, bewegten sich ihre Gedanken auf demselben Gleis oder zumindest auf einem, das seinem nahe genug war, um auch ihr Gewissensbisse zu bereiten.
    Sie sprang aus dem Sessel auf, als wollte sie vor ihren eigenen Gedanken flüchten. »Ich mache schon mal das Abendessen, während du Lanny fertig wäschst. Reicht dir ein Omelett?« Ohne seine Antwort abzuwarten, floh sie aus dem Zimmer, als wäre ihr der Teufel auf den Fersen.
    Als sie zehn Minuten später vor ihren Omeletts saßen, wurde ihr Schweigen nur gelegentlich von gezwungenen, knappen Bemerkungen unterbrochen. Tom erinnerte sich an Zeiten, in denen sie sich so viel zu erzählen hatten, dass sie sich abwechselnd immer wieder unterbrochen hatten, um einander die letzten Neuigkeiten zu schildern.
    Als er fertig gegessen hatte, trug er seinen Teller zur Spüle, ließ Wasser darüberlaufen und wappnete sich innerlich, bevor er sich zu seiner Frau umdrehte.
    »Wir müssen reden, Janice.«
    Sie legte die Gabel am Tellerrand ab und ließ die Hände in den Schoß sinken. »Worüber?«
    »Über Lanny.«
    »Und worüber genau?«
    »Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir uns noch einmal Gedanken um seine Pflege machen.«
    So, jetzt war es heraus.
    Weder traf ihn ein himmlischer Blitz, noch löste seine Gesprächseröffnung irgendeine Reaktion aus. Seine Frau sah ihn nur schweigend an, und ihre Miene war so verschlossen wie eine Tresortür.
    Er bohrte nach. »Ich glaube, wir sollten überdenken – nur überdenken –, ob wir ihn nicht doch in ein Heim geben.«
    Sie wandte den Blick ab und zog die Lippen über die Zähne. Um ihr etwas Zeit zu geben, räumte er das Geschirr und die anderen Sachen vom Tisch und trug alles zur Spüle.
    Schließlich brach sie das gespannte Schweigen. »Wir haben ihm etwas versprochen, Tom, und uns auch.«
    »Das stimmt«, bestätigte er ernst. »Aber ich glaube, als wir damals schworen, ihn immer bei uns zu behalten, haben wir uns an die schwache Hoffnung geklammert, dass er irgendwann Fortschritte machen und neue Fähigkeiten entwickeln würde. Habe ich recht?«
    Sie gab nicht zu, dass sie einst diese schwache Hoffnung gehegt hatte, aber sie stritt es auch nicht ab.
    »Ich glaube nicht, dass das je passieren wird.« Beide wussten das schon lange, aber keiner hatte es je ausgesprochen. Auch jetzt brach Toms Stimme unter der Belastung.
    Janice entgegnete schmallippig: »Ein Grund mehr, ihm die beste Pflege zukommen zu lassen.«
    »Genau darum geht es mir. Ich bin nicht sicher, dass wir ihm die bieten.« Sie wollte sofort widersprechen, aber er kam ihr zuvor: »Das ist keine Kritik an dir. Deine Geduld und Ausdauer setzen mich immer wieder in Erstaunen. Ehrlich. Aber die Aufopferung frisst dich allmählich auf.«
    »Du übertreibst.«
    »Wirklich? Ich sehe doch, wie du dich körperlich und seelisch aufarbeitest. Jeden Tag wird mir das aufs Neue vor Augen geführt.«
    »Du kannst mir also in die Seele blicken?«
    Ihre sarkastische Spitze traf ihn schmerzhafter, als es eine offene Attacke vermocht hätte. Er rieb sich die Augen und spürte, wie ihm der anstrengende Tag, und nicht nur der, zusetzte. »Bitte mach das Thema nicht noch komplizierter, als es schon ist. Schon der Vorschlag, ihn in ein Heim zu geben, tut mir weh. Begreifst du das nicht?«
    »Warum machst du ihn dann?«
    »Weil es einer von uns tun muss. Wir werden von der Last erdrückt, Janice. Und damit meine ich nicht nur uns beide.

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