Böses Herz: Thriller (German Edition)
an der Wiegestation gehalten hat, wird er angehalten und durchsucht.«
»Es sei denn, der Mann am Monitor wurde bestochen und lässt ihn passieren.«
»Bingo. Der Bookkeeper hat genau das organisiert und damit einen neuen Markt geschaffen. Seine Geschäftsstrategie ist es, die Gesetzeshüter zu korrumpieren und dadurch die Gesetze effektiv auszuhebeln. Jemand, der zum Beispiel Menschen schmuggelt, betrachtet solche Schutzgelder als Geschäftsausgaben.«
»Sam Marset war ein …?«
»Kunde. Ich glaube, einer der ersten, wenn nicht sogar der erste.«
»Wie kam es dazu?«
»Neben seinen offiziellen Geschäften betrieb Marset einen schwunghaften Handel mit illegalen Waren. Und weil er ein Musterbürger war, schöpfte niemand Verdacht. Dann wurden Marsets Wagen immer öfter angehalten und seine Fahrer schikaniert. Die erhöhte Aufmerksamkeit machte ihn nervös. Schließlich wollte der Kirchenvorstand von St. Boniface nicht beim Schmuggeln erwischt werden. Auftritt des Bookkeepers, der ihm die perfekte Lösung für sein Problem bietet.« Coburn grinste. »Ironischerweise hatte der Bookkeeper das Problem erst geschaffen.«
»Indem er die Durchsuchungen koordinierte.«
»Wahrscheinlich wusste Marset das sogar. Aber wenn ihm der Bookkeeper einen Bremsklotz vor die Räder schieben konnte, dann konnte er auch dafür sorgen, dass dieser Klotz wieder verschwand. Entweder zahlte er also Schutzgelder an den Bookkeeper, oder er riskierte, mit einer Ladung Drogen erwischt zu werden. Damit wäre das Leben, wie er es bis dahin gekannt hatte, Geschichte.«
»Andere wären gezwungen, es genauso zu machen.«
»Und sie machten es genauso. Inzwischen hat der Bookkeeper einen ziemlich großen Kundenstamm. Zum Teil sind es große Unternehmen wie das von Marset. Zum Teil kleine unabhängige Spediteure. Männer, die nach der Ölpest im Golf von Mexiko ihren Job verloren haben und jetzt nur noch einen Laster besitzen, aber einen Haufen Mäuler zu stopfen haben. Sie fahren über die Staatsgrenze nach Südtexas, laden dort ein paar Hundert Pfund Marihuana ein, fahren damit zurück nach New Orleans, und schon haben die Kinder wieder eine Woche zu essen.
Natürlich verstoßen sie damit gegen das Gesetz, aber der eigentliche Verbrecher ist derjenige, der diese Leute dafür bezahlt, dass sie straffällig werden. Die Schmuggler gehen das größte Risiko ein, erwischt zu werden, und wenn sie tatsächlich ins Netz gehen, können sie nicht mal ihren Auftraggeber verpfeifen, weil sie ihn nicht kennen. Sie kennen nur ihren Kontaktmann, und der steht ganz unten in der Hierarchie.«
»Aber warum wurde Marset umgebracht, wenn er ein so guter Kunde war? Sie haben Hamilton gegenüber erwähnt, dass er sich beschwert hätte.«
»Eine Weile lief alles wie geschmiert. Simpatico . Dann wurde der Bookkeeper gierig und begann seine Vergütung für die geleisteten Dienste zu erhöhen. Marset brauchte keine Kristallkugel, um vorauszusehen, dass die Kosten irgendwann explodieren würden und dass der Bookkeeper dann den größten Teil des Kuchens für sich beanspruchen würde. Wenn er sich aber weigerte zu zahlen …«
»Würde er erwischt, bloßgestellt und ins Gefängnis gesteckt.«
»Ganz genau. Und der Bookkeeper konnte das nach Belieben in die Wege leiten, weil seine Tentakel bis tief ins Justizsystem reichen. Darum schlug Marset, durch und durch Diplomat, ziemlich naiv vor, dass sie sich Sonntagnacht treffen und Bedingungen aushandeln sollten, mit denen beide leben konnten.«
»Aber Sie haben den Braten gerochen.«
»Den Bookkeeper kriegt man schwerer zu fassen als den verfluchten Zauberer von Oz. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er leibhaftig in die Lagerhalle spaziert kommt und nach einem Händeschütteln zu verhandeln beginnt.«
»Wusste Marset, wer er ist?«
»Wenn er es gewusst hat, dann ist er gestorben, ohne es zu verraten. Ich habe seine Akten durchgesehen, jeden Zettel studiert, den ich in die Finger bekommen konnte, eingeschlossen den mit dem Namen Ihres Mannes.«
»Sie verdächtigen doch nicht etwa Eddie, der Bookkeeper zu sein?«
»Nein, der Bookkeeper ist gesund und munter.«
»Wie passt Eddie Ihrer Meinung nach in all das?«
»Sie haben erzählt, er hätte nebenbei für Marset gearbeitet. Vielleicht hat er ihm bei seinen illegalen Geschäften geholfen. Oder vielleicht war er ein weiterer bestechlicher Bulle auf der Gehaltsliste des Bookkeepers. Vielleicht versuchte er die beiden gegeneinander auszuspielen
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