Boeses mit Boesem
darüber, dass noch kein Erwachsener aufgetaucht ist, um ein paar Ärsche zu versohlen, aber bisher hat sich nichts gerührt. Unser Direktor in Washington wird wohl bald mal für eine Weile damit aufhören, Zeter und Mordio zu schreien, und uns besuchen kommen. Er sagt, er will den Tatort persönlich besichtigen, aber wahrscheinlich will er nur seine Zeit damit verschwenden, uns moralisch aufzubauen. Wie dem auch sei, vielleicht will er dich sehen, wenn er herkommt.«
»Mich?«, fragte ich. »Was habe ich denn damit zu tun?«
»Alle glauben, Kirov hätte schlichtweg Pech gehabt«, erklärte |71| Benny. »Aber es ist durchaus möglich, dass er nicht einfach nur ein Opfer seiner Jagd nach Ruhm geworden ist. Der Direktor möchte sich gerne mit dir unterhalten, für den Fall, dass die Abmachung mit den Ältesten gebrochen worden ist.«
»Schön«, sagte ich. »Wenn er mich zum Mittagessen einlädt, habe ich nichts dagegen.«
Die Erwähnung von Essen veranlasste Benny, mir die fettige Papiertüte hinzuhalten wie ein Junk-Food-Nikolaus.
»Was immer das ist, ich will nichts davon.«
»Soll mir recht sein«, sagte Benny, erfreut von meiner Ablehnung. Er stand auf und zündete sich eine Zigarette an. »Halt die Augen offen. Es ist noch nicht so weit, dass wir uns in die Hosen machen müssen, aber wir wissen auch noch nicht, wohin das führt.«
Ich blinzelte und sah eine Visitenkarte von Titan Security Services, die mir vors Gesicht gehalten wurde. Faye lächelte.
»Sorry«, sagte ich.
»Wo immer Sie waren, ich hoffe, es war warm.«
»Nur wenn Alltagskram eine Temperatur hat.«
Titan Security Services war Stillwaters Tochterunternehmen für Sicherheitspersonal mittlerer Qualität: eine Nummer besser als die üblichen gemieteten Feld-Wald-und-Wiesen-Sicherheitsleute, aber eindeutig nicht die Killer-Elite, die den Namen des Flaggschiffs trug. Die Firma bewachte Banken, einige kleinere Regierungsbehörden und verstärkte bei Gepäckkontrollaktionen das Sicherheitspersonal von Bahnhöfen. Es war eine Visitenkarte, wie man sie bei Fachmessen und dergleichen verteilt, und jemand hatte auf die Rückseite den Namen Tony Scalia geschrieben. Der Name kam mir bekannt vor, aber ich konnte ihn nicht zuordnen.
»Darf ich die behalten?« Sie nickte und ich steckte die Karte in die Brusttasche. »Haben Sie bei dieser Nummer angerufen?«
|72| »Sie ist inaktiv. Ich habe in der Zentrale von Titan angerufen und dort sagte man mir, es sei Firmenpolitik, nicht über Angestellte zu sprechen.«
»Das ist bei dieser Art von Arbeit nicht unüblich«, meinte ich. »Mal sehen, ob sie mir gegenüber offener sind. Haben Sie seit Ihrer letzten Begegnung noch einmal mit Isaac gesprochen?«
»Er hat mich vor zwei Wochen angerufen.«
»Worüber haben Sie sich unterhalten?«
»Über nichts Wichtiges«, sagte Faye. »Was ich so treibe, wie es ihm geht, wie viel Geld wir haben. Wir sparen jeden Monat denselben Betrag, aber viel kommt dabei nicht rum. Es war einfach nur ein guter Vorwand, um darüber zu reden, wann wir heiraten würden.« Faye weinte nicht. Ich wollte sie meine Erleichterung darüber nicht sehen lassen.
Viele Ellbogen hatten die Armlehnen der Couch dünn gescheuert und die Zeit hatte ihren Tribut von der Arbeitsplatte und den Schränken in der kleinen Kochnische gefordert, die Faye mit einem Vorhang zu verbergen versuchte. Die Wohnung war nicht luxuriös, aber sie war sauber. Die staubfreien Ecken und klaren Fenster sprachen von anständigen Leuten, die jeden Cent zwei Mal umdrehen mussten. Politiker und Meinungsmacher nannten Menschen wie Isaac und Faye »das Salz der Erde«. Sie klopften ihnen auf die Schultern und beglückwünschten sie zu ihrer Würde, während sie die ungeschütztesten Teile suchten, in die sie ihr Messer stechen konnten.
»Er hat nichts Neues erwähnt?«, fragte ich. »Er hat nicht aufgeregt oder irgendwie beunruhigt geklungen?«
Faye schüttelte den Kopf. »Isaac hat so geklungen wie immer.«
»Was ist mit seinen Freunden?«
»Wir haben nicht viele Freunde. Er hat ein oder zwei Namen aus seiner Kirche erwähnt …« Faye wühlte in ihrem |73| Gedächtnis. »Bill sowieso, das ist alles, woran ich mich erinnere.«
»Was für eine Kirche?«
»
Glorreiche Erlösung
, in der Nähe von Rutherford. Er fühlt sich Richard Aftergood, dem dortigen Pastor, sehr verbunden.«
»Befreundete Arbeitskollegen gibt es nicht?«
Sie schenkte mir ein verlegenes Lächeln, das bedeutete, dass diese Frage zu jenem
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