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Boeses mit Boesem

Boeses mit Boesem

Titel: Boeses mit Boesem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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keinen seiner eigenen Leute damit schicken.«
    In Verhalten und Kleidung unterschied sich der Korinther |260| so sehr von seinen Angestellten wie ein Feudalherr von seinen scheißebeschmierten Bauern. Er hatte nicht so viele Leute, die bis zehn zählen konnten, dass er sie als Schmiergeldboten hätte verschwenden können. Seine Organisation fußte auf einer Armee von Verzweifelten und geistig Minderbemittelten, die für ein Taschengeld zu allem bereit waren. Wenn einer von ihnen mit seinem Gossengeruch ins Büro eines Bundesstaatssenators getreten wäre, wäre nur eine Komödie dabei herausgekommen und es hätte ab ins Gefängnis geheißen.
    »Was haben Sie überbracht?«
    »Ich weiß es nicht. Ich erhielt Anweisung, jemanden an einem vorher bestimmten Ort zu treffen. Der gab mir dann eine Handtasche. Der Korinther deutete an, es wäre besser für mich, nicht hineinzuschauen, und das musste man mir nicht zweimal sagen«
    »Was war Ihre Deckung?«
    »Manchmal war ich ein Familienmitglied, dann wieder die Frau oder Tochter eines Unterstützers. Der Mann, der mir die Handtasche brachte, nannte mir immer ein paar Namen und Dinge, die ich mir merken musste. Ich ging ins Haus oder ins Büro des Betreffenden, machte mit diesen auswendig gelernten Fakten Small Talk, wenn Zeugen in der Nähe waren, und vergaß immer meine Handtasche.«
    »Na ja, es hätte viel schlimmer sein können.«
    »Das wurde es dann auch«, erzählte Faye. »Eines Tages habe ich dem Abgeordneten Reynolds etwas gebracht. Haben Sie von ihm gehört?«
    »Er ist inzwischen Senator.« Reynolds war ein Wunderkind der Erweckungsbewegung. Er war unmittelbar nach Houston mit Präsident Adamsons Protektion ins Amt eingezogen. Seit damals brachte er unseren Bundesstaat zuverlässig in Verlegenheit und sang stets das Lied, das die Ältesten von ihm hören wollten. Ich konnte mir ohne Weiteres vorstellen, |261| dass solch ein unverfrorener Opportunist Geld vom Korinther annahm, wusste aber nicht, was der von ihm zurückbekam. »Worin bestand das Problem?«
    »Er beschloss, dass ich Teil des Geschenks sei. Ich ging auf die Toilette und rief den Korinther an. Ich sagte ihm, das sei nicht Teil unserer Abmachung. Wissen Sie, was er mir geantwortet hat? ›Meine Freunde sind glücklich, Ihr Vater bleibt am Leben.‹ Ich tat wie geheißen. Danach wurde das zu etwas Üblichem.«
    »War Reynolds der Einzige?«
    Faye schüttelte den Kopf. Ich bat sie nicht, den Rest auszubuchstabieren.
    »Das habe ich anderthalb Jahre lang gemacht«, erzählte Faye, »bis mein Vater gestorben ist. Dann entließ der Korinther mich aus unserem Vertrag. Er sagte, ich sähe nicht mehr frisch und unschuldig aus. Na, so was.«
    Dieses Maß an Erniedrigung klang schon eher nach dem natürlichen Lebensraum des Korinthers, aber es ließ etwas Wichtigeres unerklärt. Der Korinther offerierte seinen Angestellten keine Alterssicherung, weil er ihnen nicht gestattete, sich aus dem Dienst zurückzuziehen. Man war ihm entweder nützlich oder man war tot.
    »Warum hat der Korinther Sie am Leben gelassen?«, fragte ich. »Sie wissen eine Menge unbequeme Dinge.«
    »Und ich habe viel getan, womit er Druck auf mich ausüben kann«, sagte Faye. »Ich schätze, er glaubt, ich könnte ihm noch nützlich werden, falls einer seiner Freunde Schwierigkeiten macht.«
    Daran hätte ich denken sollen. Die Großzügigkeit des Korinthers kam immer in Verbindung mit verborgenen Fesseln. »Wenn Sie aufgehört haben, für den Korinther zu arbeiten, warum sind Sie dann jetzt zu ihm gegangen?«
    »Was meinen Sie wohl? Ich möchte Isaac finden. Der Korinther kennt eine Menge Leute. Ich dachte, er würde vielleicht |262| auf irgendeine Spur von ihm stoßen. Ich konnte nicht einfach nur abwarten und hoffen, dass Sie noch etwas mehr entdecken würden, als wie man sich in den Arsch treten lässt.«
    Ich hatte sie nie zuvor wütend gesehen und Faye zeigte ihren Zorn nicht gerne. Sie begrub das Gesicht einen Moment lang in den Händen und war wieder ruhig, als sie aufsah. »Es tut mir leid.«
    »Schon okay. Was hat der Korinther gesagt?«
    »Er wusste von nichts, aber er hat versprochen, sich umzuhören, wenn er einer alten Freundin damit einen Gefallen tun kann.« Sie versuchte zu lachen. Es gelang nicht besonders gut.
    Ich begriff, dass ich einen Anfängerfehler gemacht hatte: Zu vergessen, wer meine Klientin war. Ich war so darauf konzentriert gewesen, Isaac zu finden, dass ich nicht über Faye nachgedacht hatte. Ich hatte

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