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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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genannt. Was sah ich nicht, was er sah?
    Der Gestank der Toilette, die Enge des Örtchens trieben mich zurück in das Mordzimmer.
    Feenwegen schien auf mich gewartet zu haben. »Ach, Herr Beruto, da sind Sie ja«, sagte er, und wir blickten den Beamten nach, die Enno in einer Blechschale nach draußen trugen. »Sie sind mein Zeuge dafür, dass ich es nicht verhindern konnte, dass Warfenknecht die Waffe an sich riss.« Der Beamte sah mich fragend an.
    Ich nickte ihm zu. »Das unterschreibe ich, Herr Kommissar. Mich stört es allerdings, dass Sie mich im Dunkel darüber lassen, was Sie ihm vorhalten.«
    Kommissar Feenwegen, den das Geschehen nicht menschlich, dafür aber beruflich sehr naheging, antwortete mit ernstem Gesicht: »Herr Beruto, das was Sie hier als Beamter erlebt haben, bitte ich Sie zu vergessen. Sie sind Lehrer. Nehmen Sie den Tod des Jungen hin. In dem Alter machen viele Blödsinn.«
    Ich war verwirrt. »Ja«, sagte ich nur und wusste, dass es kein Vergessen geben würde. »Kann ich gehen?«, fragte ich ihn.
    Der Kommissar nickte.
    »Wo ist das Mädchen?«, fragte ich.
    »Wir haben sie zur Schocktherapie in das Landeskrankenhaus nach Leer gebracht«, sagte Feenwegen. »Ihre Eltern sind benachrichtigt worden. Sie ist außer Lebensgefahr.« Er sah mir misstrauisch nach, als ich das Polizeihaus verließ.
    Auf dem Parkplatz holte ich tief Luft, um den Mief und Gestank loszuwerden, und fühlte, wie neue Kräfte gegen meine Erschöpfung ankämpften. Die Lichtreklame warf noch immer, stärker noch als vorhin, ihr rötliches Licht mit einem Markenzeichen in die Dunkelheit.
    Ich ging über die Straße. Im gebuckelten Bauernhaus waren einige Fenster erleuchtet. Mein Golf trug die Nässe des späten Abends. Ich wischte die Fenster frei, stieg ein und fuhr nach Hause. Die Straßen waren leer. Ich fuhr den Wagen, ohne mir dessen bewusst zu sein. Meine Gedanken kreisten um das düstere Selbstmordgeschehen.
    Meine Wohnung kam mir öde und unbewohnt vor. Ich stand lange auf dem Balkon und stierte in die beleuchtete Stadt. Dann holte ich mir ein Bier und versuchte Klarheit in meine Gedanken zu bringen und meine Nerven zu beruhigen.
    Ich setzte mich in den Sessel, zündete die Kerze an und dachte lange an Erika. Mich umfing wohlige Wärme, und ich hatte das Gefühl, während ich mich zwischen Traum und Schlaf bewegte, als wolle Erika mich vor irgendetwas warnen, und ich fuhr erschrocken auf, als ich die kleine erhobene Hand meiner Tochter im Geiste vor mir sah, die das ihr bereits bekannte Zeichen »Du, du!« in das Flackerlicht der Kerze setzte.
    Als ich mich ins Schlafzimmer verkroch, war es spät, sehr spät. Es war nicht bei einem Bier geblieben. Erikas Bett lag gedeckt und unberührt neben mir. So sollte es auch bleiben. Ich fiel in einen tiefen Schlaf.
    Als mein Wecker ungestüm drauflos klingelte, da wusste ich, dass jeder weitere Versuch, mich erneut ans Federbett anzuschmiegen, eine sträfliche Handlung gegen meinen Dienstherrn sein würde. Ich warf mein Bettzeug zur Seite und eilte ins Badezimmer. Mir war zum Kotzen übel. Das Bier von gestern Abend konnte nicht die Ursache sein, aber als ich plötzlich wie im Traum Enno vor mir sah, wie er die Pistole an seine Schläfe führte, revoltierte mein Magen erneut.
    »Scheiße!«, stöhnte ich und blickte in den Spiegel. Mein Gesicht kam mir alt vor. Es waren bei Weitem nicht die ersten grauen um meine Lippen sprießenden Bartstoppeln, die den Eindruck bestärkten.
    Ich rasierte mich, meinen Blick stumpf auf mein Gesicht gerichtet, und dachte an den Tod, der um mich herum tüchtig zugeschlagen hatte. Mit einem Grinsen, das ich in den Spiegel setzte, nahm ich mir vor, ihm in Zukunft, was meine Person anbelangte, ein Schnippchen zu schlagen. Dabei wusste ich an diesem Morgen noch nicht, dass auch ich bereits auf seiner Anwärterliste stand.
    Ohne Frühstück griff ich nach meiner Schultasche und hastete los. Im Bismarckpark wirkten die verästelten, knochigen Büsche und Sträucher düster auf mich, und auch die Vögel, die den kargen Winter hier überleben mussten, verstärkten meine Abneigung gegen das miese, kalte Wetter. Auf dem Ententeich lagen noch angetaute Eisränder. Das Geschnatter der Tiere erinnerte mich an meinen Beruf, wenn ich in wenigen Minuten meinen Unterricht beginnen musste.
    Die Sekretärin, die mit Kreislaufstörungen auf die enorme Ausweitung unserer Schule reagierte, empfing mich auf dem Flur.
    »Herr Beruto, der Direktor wünscht Sie zu

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