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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Armen davontrug. Hastig eilte ich zu ihm, nahm den rechten Arm von Elke, und wir stiegen wortlos den Weg nach unten.
    Elkes Kopf wippte im Rhythmus der Schritte. Ihr langes Haar hing von ihrem Gesicht. Ich wusste nicht, ob sie noch lebte. Ein Gang ohne Zeit. Eine Ewigkeit der Schmerzen.
    Endlich erreichten wir sein Haus. Pekkeni legte Elke in den Sessel, der einzige, der verloren im Winkel vor dem übergroßen Tisch stand.
    Ich kniete mich vor Elke nieder und sah die Blutspur. Pekkeni eilte zum Telefon. Meine Blicke folgten den Blutstropfen, und ich begriff, dass Elke tot war. Ich weinte, strich wie irrsinnig über ihre Haare und wollte ihren Tod nicht hinnehmen. Ihre Hand lag kalt in meiner, und ich dachte an Dvořáks Musik.
    Lange saß ich da, bis das Stimmengewirr von Männern in meine Ohren dröhnte.
    Toyala näherte sich mir mit großen, tränenumflorten Augen. Ich kam mir vor wie ein Papagei, der in seinem Käfig sitzt und bereit war, hackend und schreiend keinen zu sich zu lassen.
    Toyala wurde größer. Sie weinte. Ich sah ihre roten Augenränder und ihren Schmerz.
    »Hajo«, sagte sie, und ich spürte die ausstrahlende Wärme ihrer Hand, die meine Schulter berührte. Ihre Stimme klang dumpf zu mir. »Wer war es? Kanntest du den Mörder?«
    Die Männer um mich herum schwiegen, und ich machte den Arzt aus, der für Elke zu spät und für mich vergeblich kam. Er zog eine Spritze auf und näherte sich mir mit ernstem Gesicht. Ich sah, dass er in meinem Alter war, und sagte: »Nicht, Doktor! Es muss auch ohne gehen.«
    Ich dachte an Gregor und wunderte mich über die Kraft, die mich plötzlich durchströmte.
    »Was ist?«, fragte ich und sah, dass die Anwesenden mich neugierig anschauten.
    »Wer war der Mann?«, fragte Toyala.
    »Er war ein Freund eines Schülers, der sich umgebracht hat.«
    »Hajo, die Männer wollen wissen, ob dieser Vorfall bereits in Deutschland seine Wurzeln fand, da Pekkeni ja mittendrin steckt und dir das Leben gerettet hat.«
    Ich antwortete langsam, ließ Toyala Zeit, meine Aussagen zu übersetzen. Mein Vortrag war lückenlos. Bei den Polizeibeamten hinterließ er aber ein tiefes Misstrauen.
    Ein Beamter in Zivil, der in lässiger Jeanskleidung seinen Rang verbarg, dabei durchtrainiert war und mich mit intelligenten Gesichtszügen musterte, reichte mir eine Zigarette.
    Meine Hilflosigkeit erschütterte mich. Ich wünschte mir den Tod und bedauerte, dass Pekkeni mich mit seinem Schuss auf den Mörder zum Leben verdammt hatte.
    Irgendwann drang zwischen meinen Tränen das Tuckern eines Hubschraubers zu mir. Männer traten ins Zimmer. Sie trugen Elke weg, und ich wusste, dass es vergebens war, denn niemand konnte ihr noch helfen. Ich hatte das Gefühl, als zerrissen die Rotoren des abfliegenden Hubschraubers mein Inneres.
    Pekkeni sah mich mit festem Blick an und schlug mir mitfühlend auf die Schulter. Mir wurde bewusst, dass er, um mich zu retten oder um Elke zu rächen, einen Menschen erschossen hatte. Er hatte die Herausforderung des Schicksals angenommen und gehandelt. Und zwar, ohne Zeichen von Skrupel zu zeigen. Seine sichere Haltung gab mir Kraft, und Toyala bewies mir mit ihrer Anteilnahme, dass sie in mir ein Opfer und keine verdächtigte Person sah.
    Mir fiel ein, dass die russische Grenze hinter dem See nur in Steinwurfnähe verläuft.
    »Das erschwert meine Position bei den Behörden«, dachte ich, als ich in das sportliche Gesicht des Beamten sah, der vom Telefon kam und sich mit Toyala unterhielt.
    »Hajo, du musst sie begleiten«, sagte Toyala. »Sie suchen jetzt den Mercedes und sie wollen, dass du den Toten identifizierst. Sie haben die deutsche Botschaft in Helsinki benachrichtigt.«
    Ich hörte ihre Sätze, registrierte ihre Aussagen, nickte müde und wunderte mich darüber, dass ich ohne sonderliche Nervosität alles einfach hinnehmen konnte. Ich hatte einen Punkt erreicht, den zu verlassen mir jede Antriebskraft fehlte.
    Die Männer der Polizei verließen das Zimmer, und Pekkeni nahm meinen Arm und begleitete mich nach draußen. In einer Halbschale eines Zinksarges lag Nonninga. Da gab es keine Zweifel. Er trug einen Maßanzug, der die Spuren seines Anschleichens durch das unwegsame Gelände erkennen ließ.
    Ich schaute über den See, dachte an seine unvergängliche elementare Kraft und wusste, dass es nirgendwo auf dieser Erde ein Paradies geben konnte, und ich sah Nonninga vor mir mit riesigen Flügeln, die ihm zu einem Großsegel angewachsen waren, das er

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