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Boeses Spiel in Oxford

Boeses Spiel in Oxford

Titel: Boeses Spiel in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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unsichtbar.
    »Wie wäre es mit dieser Geisterbahn?«, fragte Kate und starrte sehnsüchtig in den düsteren, grünen Schlund eines Tunnels. Die Geisterbahn hatte den eindeutigen Vorteil, auf dem Boden zu bleiben und seine Passagiere nicht hoch in die Lüfte zu schleudern. Jeremy jedoch schien der Verlockung einer spannenden Fahrt widerstehen zu können. Rings um sie her kicherten und quietschten junge Mädchen bei dem Versuch, die Aufmerksamkeit junger, biertrinkender Männer auf sich zu ziehen.
    Sie zwängten sich durch die Menge und wateten durch einen Berg weggeworfener Servietten und leerer Plastikflaschen, bis sie irgendwann in die relative Ruhe der Durchgangsstraße eintauchten.
    »Was wollten Sie mir so Wichtiges mitteilen?«, fragte Kate. Sie hatte schon jetzt keine Lust mehr auf diesen Ausflug, nachdem Jeremy nicht einmal bereit gewesen war, sie auf den Autoscooter zu begleiten.
    »Sie haben Recht. Ich glaube, wir können es riskieren, ins Lamb and Flag zu gehen«, sagte Jeremy statt einer Antwort. »Da drin sind wir vermutlich einigermaßen sicher.«
    Im Pub war es laut und überheizt. Über den erregten, lauthals diskutierenden, zumeist jugendlichen Gesichtern hing eine dichte Wolke aus Zigarettenqualm. Jeremy bahnte sich einen Weg nach hinten und entdeckte ein Paar, das sich gerade anschickte, den am weitesten von der Bar entfernt gelegenen Tisch zu verlassen.
    »Ich belege den Tisch, Sie kümmern sich um die Getränke«, befahl er und kämpfte sich zu dem frei werdenden Tisch durch. Irgendwann schaffte es Kate, die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zu ziehen und bestellte zwei Bier. Und nachdem es ganz danach aussah, als würden sie diesen Abend nichts weiter zu essen bekommen, orderte sie auch noch zwei Tüten Chips.
    »Sie wissen wirklich, wie man Mädels verwöhnt«, spottete sie, während sie das Bier auf den Tisch stellte und Jeremy eine kleine Tüte Chips mit Salz und Essiggeschmack anbot.
    »Was?« Jeremy war mit den Gedanken weit fort. »Oh, Entschuldigung«, sagte er dann und schob ihr einen Fünfer über den Tisch.
    »Stecken Sie das wieder ein«, forderte sie ihn auf. Sie erwähnte nicht, dass sie der Meinung war, er müsse sorgsam mit seinem Geld umgehen, wenn er sich weiterhin so merkwürdig verhielt.
    »Nun?«, fragte sie, nachdem sie einen ordentlichen Schluck Bier getrunken und ein paar Chips geknuspert hatte. Sie wusste, dass sie sich nicht sehr mitleidig anhörte, aber allmählich war sie Jeremy und seine Neurosen leid.
    »Womit soll ich anfangen?«
    »Ich nehme an, das soll eine rhetorische Frage sein«, gab Kate knapp zurück. »Also – an Ihrer Stelle würde ich einfach mit dem Anfang beginnen.«
    In der Kneipe war es so laut, dass man sein eigenes Wort kaum verstand. Trotzdem senkte Jeremy die Stimme.
    »Aber es ist eine lange Geschichte.«
    »Ich fürchte, Sie müssen ein bisschen lauter reden, wenn Sie wünschen, dass ich etwas davon mitbekomme. Keine Sorge, kein Mensch interessiert sich für uns«, versicherte sie ihm. Auf die Neunzehnjährigen in der Kneipe mussten sie ziemlich alt und furchtbar langweilig wirken.
    »Ich wurde in einer Kleinstadt in den Midlands geboren«, begann Jeremy.
    Na, das verspricht ja eine sehr lange Geschichte zu werden, dachte Kate. Jetzt müssen wir uns erst einmal durch fünfunddreißig Jahre quälen, ehe wir die interessanten Stellen erreichen.
    »Meine Eltern waren nicht mehr die Jüngsten, als ich zur Welt kam, sondern bereits Anfang vierzig. Ich blieb ein Einzelkind. Alle Hoffnungen meiner Eltern lasteten auf meinen schmalen Schultern.« Er lächelte über die scherzhaft gemeinte Bemerkung, doch Kate wollte unbedingt zur Sache kommen.
    »Ich war ein wohlerzogenes Kind. Meine Eltern hielten mich immer zu Höflichkeit und gutem Benehmen an, und mir fehlte es wahrscheinlich an Fantasie, mich dagegen aufzulehnen. Doch selbst wenn ich mich diesem Umfeld irgendwie hätte entziehen können, mangelte es in Metford an Möglichkeiten für einen Möchtegern-Rabauken.«
    Kate fiel auf, dass Jeremy, als er zu seinen Wurzeln zurückkehrte, auch wieder die pedantische Sprechweise annahm, die er vermutlich seinem Vater zu verdanken hatte.
    »Sind Sie Ihrem Vater sehr ähnlich?«, erkundigte sie sich.
    »Ich glaube schon. Er ist inzwischen natürlich sehr alt und lebt in einem Seniorenheim.«
    Und ist vermutlich ein bisschen gaga, dachte Kate unfreundlich. »Und Ihre Mutter?«
    »Ist vor fünf Jahren gestorben.«
    Kate hielt sich an ihrem Bier fest und

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