Boeses Spiel in Oxford
darum gekümmert haben. Ich werde die Zugverbindungen gleich an Crispen weitergeben.«
»Crispen?«
»Er ist unser neuer Öffentlichkeitsreferent bei Fergusson. Er kommt mit nach Oxford, denn erstens ist es eine gute Gelegenheit für Sie beide, sich kennen zu lernen, und zweitens scheint der Junge keine Ahnung von der drucktechnischen Seite unseres Gewerbes zu haben.«
Kate hoffte inständig, dass es sich bei diesem Herrn nicht um einen weiteren potenziellen Anwärter auf Estelles Gunst handelte. Doch wie sie Estelle einschätzte, würde diese sich ohnehin eher auf den wirtschaftlich äußerst attraktiven Mr Grigg konzentrieren.
»Dann erzählen Sie doch mal, wie weit Sie mit Ihrem neuen Buch sind«, wechselte Estelle entschlossen das Thema.
Wenn es um die Arbeit ging, zeigte sich Estelle stahlhart, und Kate wurde geschlagene fünfzehn Minuten mit Fragen nach Handlung und Charakteren in die Mangel genommen, ehe sie endlich auflegen durfte. Anschließend setzte sie sich an ihren Computer, rief das achte Kapitel auf und schrieb es vollständig um. Als ihr Magen ihr knurrend klar machte, dass die Mittagszeit längst vorüber war, bereitete sie sich ein schnelles Käsesandwich zu und brachte es zusammen mit einem Becher Kaffee an ihren Arbeitsplatz, wo sie bis zum späten Nachmittag weitertippte.
Nebenan, in Jeremys Haus, lag der Ausdruck der Datei »Jester« unbeachtet im Auswurfkorb des Druckers.
Erst als das Telefon am späten Nachmittag läutete, fiel Kate ein, dass Camilla an diesem Tag aus dem Lake District zurückkehren wollte.
»Und? Hattest du eine schöne Zeit?«, fragte sie.
»Ausgesprochen befriedigend«, erklärte Camilla, und Kate meinte, einen winzigen, selbstgefälligen Unterton in ihrer Stimme zu hören.
»Und deine Pflanzen wachsen, blühen und gedeihen?«
»Ja. Warum auch nicht?«
»Na ja, du kennst ja meine Begabung, jede Pflanze totzugießen«, erwiderte Kate. Wie sollte sie es bloß anstellen nachzufragen, ob Jeremy alles so hinterlassen hatte, wie er es vorgefunden hatte? Sie hätte eigentlich vor Camillas Rückkehr unbedingt in ihrem Haus vorbeischauen müssen, um sicherzustellen, dass alles sauber und ordentlich war.
»Hast du es geschafft, dich aus der Agatha Street loszueisen?«, erkundigte sich Camilla.
»Ich bin ein oder zwei Mal bei dir gewesen«, antwortete Kate, ohne zu erwähnen, dass sie nur Jeremy besucht und nicht etwa einen Unterschlupf für sich selbst gesucht hatte. »Vielen Dank, Camilla. Es war wirklich lieb von dir, mir die Möglichkeit zu bieten.«
»Ich finde es ganz angenehm, wenn sich jemand um mein Haus kümmert.«
»Ich muss unbedingt noch auf einen Sprung zu Mrs Clack, ehe sie schließt«, sagte Kate. »Wenn du willst, bringe ich dir auf dem Rückweg den Schlüssel vorbei.«
»Bis gleich dann«, verabschiedete sich Camilla.
»Komm rein«, sagte sie ungefähr eine Stunde später, als Kate bei ihr klingelte.
Camilla sah gut erholt aus und hatte ein wenig Farbe bekommen.
»Du siehst aus, als wärst du viel gewandert«, lobte Kate.
»Hast du Lust auf eine Tasse Tee?«, fragte Camilla, ohne auf Kates Bemerkung einzugehen. »Oder können wir uns schon ein Glas Wein leisten?«
»Lieber Tee. Ich muss noch arbeiten, wenn ich wieder zu Hause bin.«
Sie folgte Camilla in die Küche und stellte erleichtert fest, dass alles so sauber und ordentlich wie immer aussah – noch nicht einmal die Anrichte war vollgekrümelt. Jeremy hatte also sauber gemacht. Gott sei Dank! Zwar hätte Camilla sicher nichts gegen Jeremys Besuch einzuwenden gehabt, dachte Kate, doch war natürlich alles viel einfacher, wenn sie erst gar nichts davon erfuhr.
»Aber deine Pflanzen haben es überlebt, oder?«
»Ganz toll«, schwärmte Camilla. »Wenn ich nicht wüsste, dass du es warst, die sich darum gekümmert hat, würde ich sogar behaupten, dass sie noch schöner geworden sind.«
»Man tut, was man kann«, sagte Kate bescheiden.
»Ach ja, und vielen Dank für deinen Zettel«, fuhr Camilla fort, während sie kochendes Wasser auf die Teebeutel schüttete.
»Zettel?« Kate versuchte, nicht zu überrascht zu wirken.
»Mir ist völlig neu, dass du dich plötzlich für Gartenarbeit interessierst.«
»Du kennst mich ja – ich interessiere mich irgendwie für alles.« Kate überlegte fieberhaft, wie sie es anstellen könnte, den angeblich von ihr geschriebenen Zettel zu Gesicht zu bekommen. Möglicherweise handelte es sich ja um eine verschlüsselte Nachricht von Jeremy.
»Milch?
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