Boeses Spiel in Oxford
ganz bestimmt nicht über Eversham – so viel stand fest.
»Ich frage mich die ganze Zeit, was er in Eversham wollte«, sagte sie. Sie hatte sich entschlossen, zu direkten Fragen überzugehen. Möglicherweise gab es ja eine ganz einfache Erklärung.
»Ich fürchte, wir werden nie erfahren, was am letzten Abend im Kopf dieses armen Menschen vorging«, erwiderte Alec Malden abweisend.
»Wir sehen uns bei der Trauerfeier«, verabschiedete sich Kate.
Während der folgenden Woche versuchte Kate, nicht an Jeremy zu denken. Immerhin hatte sie ein Buch zu schreiben, der Besuch in Griggs Druckerei stand vor der Tür, sie musste ihre Mutter ein wenig im Auge behalten, sich von ihrer Beziehung zu George erholen und sich mit Emma auseinandersetzen.
»Könntest du nicht einmal mit Sam reden?«, bettelte Emma bei einem ihrer Anrufe.
»Ich glaube, ich habe mich noch nie richtig mit Sam unterhalten«, entgegnete Kate zweifelnd.
»Aber ich weiß, dass er dich bewundert.«
»Da glaube ich aber eher das Gegenteil.« Immerhin hatte sie gerade Sams jüngerem Bruder den Laufpass gegeben, aber darauf wollte sie jetzt nicht näher eingehen.
»Du könntest ihn doch anrufen und dich mit ihm zum Mittagessen oder auf einen Drink nach Feierabend treffen.«
»Lieber nicht.« Kate befürchtete, dass eine solche Verabredung zu Missverständnissen führen könnte, von denen sich ihre Freundschaft zu Emma vielleicht nie erholte. »Was sollte ich ihm auch sagen?« Zu spät bemerkte Kate, dass sie gerade dabei war, ihre Position zu schwächen.
»Du könntest ihn zum Beispiel fragen, was er in den vergangenen Monaten so gemacht hat«, schlug Emma vor.
»Aber wenn er es dir schon nicht erzählt, warum sollte er es dann ausgerechnet mir anvertrauen?«
»Na ja, ich habe ihn schließlich nicht gefragt. Jedenfalls nicht so direkt.«
Kate seufzte. Kein Wunder, dass sie nie geheiratet hatte. Die Art und Weise, wie sich verheiratete Paare manchmal benahmen, konnte sie beim besten Willen nicht nachvollziehen.
»Ich denke darüber nach«, sagte sie schließlich, weil Emma immer noch auf eine Antwort wartete.
»Vielen, vielen Dank!«, sprudelte Emma hervor und legte auf, ehe Kate sie darauf hinweisen konnte, dass sie sich zu nichts verpflichtet fühlte.
Aber vielleicht war es möglich, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, dachte sie schlau. Sie müsste nur ihre Mutter dazu bringen, das Gespräch mit Sam zu führen. Roz würde sicher innerhalb weniger Sekunden in Erfahrung bringen, was mit ihm los war. Wenn es sich allerdings um etwas Illegales handelte, war Roz zuzutrauen, dass sie seine Komplizin würde und irgendwann ins Kittchen wanderte. Nein – wahrscheinlich würde sich Kate nur noch mehr Ärger aufhalsen, wenn sie Roz in die Eheprobleme der Dolbys einweihte. Doch das Problem löste sich ganz von selbst, denn als Kate Roz’ Nummer wählte, ging niemand ans Telefon.
11
»Kate, ich brauche Ihren Rat«, stieß Estelle mit vertraulich gesenkter Stimme hervor.
»Wie bitte?« Kate traute ihren Ohren nicht. Estelle, die immer so selbstsicher auftrat! Normalerweise war sie diejenige, die Kate sagte, was sie zu tun hatte. Und noch nie – wirklich noch nie – hatte sie Kate um Rat gefragt. »Also … ich meine … selbstverständlich, Estelle. Worum geht es?«
»Ich weiß nicht, was ich anziehen soll«, murmelte Estelle. »Normalerweise – aber das wissen Sie ja – trage ich ein schwarzes Kostüm mit einem einfachen hellen Seidentop und Perlenstecker in den Ohren.«
»Das ist doch durchaus angemessen, finde ich«, sagte Kate.
»Aber finden Sie es nicht ein wenig zu streng? Natürlich könnte ich roten Lippenstift auflegen. Jackson macht mir einen neuen Haarschnitt, und Karyn tut etwas für die Farbe, aber …«
Kate hörte kaum noch hin. Estelle würde eine eigene Entscheidung treffen, dessen war sie sich ganz sicher. Am liebsten hätte sie Estelle darauf hingewiesen, dass es sich nur um einen Besuch in einer Druckerei handelte, aber das wäre dann vielleicht doch zu unfreundlich gewesen.
»Sicher«, sagte sie stattdessen. »Aber natürlich, Estelle.«
»Und Sie kommen auch ganz bestimmt zum Bahnhof? Sie werden sich auf keinen Fall verspäten?«
»Ich werde pünktlich da sein. Keine Sorge.«
»Ich habe Crispen nahegelegt, den gleichen Zug zu nehmen. Wir wollen schließlich nicht auf einem zugigen Bahnsteig auf ihn warten müssen.«
»Er wird sich sicher daran halten. Und ich bin rechtzeitig an Ort und Stelle.«
Kate hoffte,
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