Boeses Spiel in Oxford
sich eine junge Frau besorgt.
»Jetzt ja«, krächzte Kate mühsam, doch sie zitterte dabei.
Zwei junge Männer halfen ihr sanft auf die Beine. Mit geballter Faust wischte Kate ihre Tränen fort und blickte in eine Runde betroffener Gesichter. Noch nie im Leben hatte sie sich so ehrlich über eine Gruppe japanischer Touristen gefreut.
»Vielen, vielen Dank!« Sie haben mir das Leben gerettet .
»Sollen wir Ihnen ein Taxi besorgen? Sie sollten sich jetzt besser ein wenig ausruhen«, sagte der erste junge Mann.
»Das wäre sehr nett von Ihnen.«
Kate ließ es zu, dass die Touristen sie ein Stück die Straße hinaufführten, während sie Ausschau nach einem freien Taxi hielten. Man half ihr in den Wagen, legte dem Fahrer ihr Wohlergehen ans Herz, und alle winkten, als das Taxi in die High Street abbog.
»Wohin soll es gehen?«, fragte der Fahrer und schaute sich neugierig zu ihr um.
Kate gab ihm Camillas Adresse. Glücklicherweise hatte sie eine Fünfpfundnote eingesteckt und konnte das Taxi bezahlen, ohne die Freundin anpumpen zu müssen. Sie wusste nun, dass sie nicht mehr in die Agatha Street zurückkehren wollte. Jedenfalls nicht ohne Eskorte.
19
Camilla sagte nicht: »Hättest du bloß auf mich gehört.« Sie blickte nur sehr besorgt drein, als Kate sich an ihrem Küchentisch auf einen Stuhl sinken ließ. Sie zitterte noch immer. Sogar ihre Zähne klapperten.
»Heißer, süßer Tee«, murmelte Camilla vor sich hin und setzte sofort den Kessel auf. Dann kam sie zurück an den Tisch und musterte Kate von oben bis unten. »Ich glaube, du solltest ein heißes Bad nehmen. Wäre das nicht eine gute Idee? Ich könnte dir etwas zum Anziehen leihen«, fügte sie ein wenig zweifelnd hinzu, denn sie war mindestens um zwei Kleidergrößen umfangreicher als Kate.
»Tee«, bibberte Kate mit blauen Lippen. »Bitte.«
»Und Toast«, entschied Camilla. Sie nahm ein Päckchen Brot und legte drei Scheiben in den Toaster.
Nach zwei Tassen süßem Tee und einer Scheibe Toast mit Marmelade fühlte sich Kate tatsächlich besser. Nicht viel besser, aber immerhin.
»Aber jetzt lehnst du es nicht mehr ab, zur Polizei zu gehen, oder?«
»Dürfte ich vielleicht vorher noch duschen und mir ein paar Kleider ausleihen?«, bat Kate – aber nur, um das Unvermeidliche noch ein wenig hinauszuschieben.
»Na klar. Aber während du duschst, rufe ich schon einmal Constable Mundy an.«
»Sicher. Tu das.«
Camilla hatte Recht. Sie konnte das Gespräch nicht noch weiter auf die lange Bank schieben.
Etwa eine Stunde später saß Kate in Camillas Wohnzimmer und blickte über den Couchtisch hinweg in das Gesicht von Constable Mundy. Zwar fühlte sie sich in den matronenhaften, viel zu großen Kleidern ein wenig unsicher, doch war die trockene Kleidung mit Sicherheit tausend Mal besser als die Leggins und das verschwitzte T-Shirt, die sie auf dem Badezimmerboden hatte liegen lassen. Camilla saß als moralische Unterstützung ganz dicht neben ihr auf dem Sofa. Solange Camilla bei ihr war, würde niemand sie einschüchtern – darauf vertraute Kate und war der Freundin dankbar für ihre Anwesenheit.
PC Mundy sah kein bisschen erfreuter aus als beim ersten Mal.
»Ihnen ist also etwas eingefallen, was Sie mir sagen möchten, Miss Ivory?«
»Sie ist im Park angegriffen und um Haaresbreite getötet worden!«, fuhr Camilla aufgebracht dazwischen.
Constable Mundy wandte sich an Camilla. »Ein Grund mehr, mir alles zu erzählen. Es sei denn, Sie möchte lieber mit einer unserer Beamtinnen reden.«
»Das geht schon in Ordnung. Sie sind ja nun schon einmal da«, sagte Kate.
Sie erzählte ihre Geschichte, wobei sie immer aufgeregter wurde. Alle Gefühle von Hilflosigkeit und entsetzlicher Angst erwachten aufs Neue, während sie redete.
»Ich habe kurz zusammengefasst, an was ich mich erinnere«, sagte sie zum Schluss. »Nur, falls ich irgendetwas vergessen haben sollte.« Sie reichte Mundy ein Blatt, das Camilla ihr zuvor zur Verfügung gestellt hatte.
»›Nicht viel größer als 1,60‹«, las Mundy vor. »›Untersetzt gebaut. Über achtzig Kilo, aber alles Muskeln. Geschorener Schädel. Dunkle Stoppeln. Dunkelbraune Augen. Ernährt sich am Schnellimbiss.‹ Woher wissen Sie das denn?«
»Sein Geruch«, sagte Kate. »Er roch nach dem Öl, das an Imbissbuden verwendet wird.«
»Ich weiß nicht, ob uns das weiterhilft«, äußerte Constable Mundy voller Zweifel. »Sich am Imbiss zu ernähren ist kein Straftatbestand.«
Kate versuchte zu
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