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Bokeh

Bokeh

Titel: Bokeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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solltest diese Lektion doch schon gelernt haben.
    „Es tut mir leid“, bringe ich mühsam beherrscht hervor. „Es macht keinen Unterschied. Ich mache den Job zu Ende und wir gehen unserer Wege. Es ...“
    „Der Job ist mir so was von scheiß egal“, schnauzt Dirk mich heftig an. Er deutet auf den Laptop. „Das ist viel wichtiger. Ich war blind, ich habe es nie zuvor gesehen. Ich war … ein Idiot.“
    Er lässt mich los, wandert unruhig hin und her. Ich kann mich nicht bewegen, schwebe zwischen einem fiesen Hauch Hoffnung und grenzenloser Verzweiflung.
    „Damals in London, in dem Pub ...“, beginnt er und stoppt abrupt ab. „Da habe ich für einen Moment gedacht ...“ Mit zwei Schritten steht er erneut vor mir. „Das erschien mir mit einem Mal real, so gar nicht du. Nicht der Joschi, den ich sonst kannte. Plötzlich hatte ich das Gefühl, da wäre ein ganz anderer Mensch.“ Dirk holt tief Luft, streicht sich fahrig durch seine Haare. Stumm starre ich ihn an, weiß nicht, was er mir sagen will.
    „Herrgott nochmal, du bist immer so unnahbar. Immer beherrscht, immer perfekt. Ich … ich gebe zu, ich habe immer gehofft, ich würde mal einen winzigen Moment erleben, wo du nicht dieses Supermodel bist.“
    „Gratulation, du hast es geschafft“, gebe ich bitter zurück. So ist das also. Jeder sieht gerne zu, wenn jemand wie ich auf die Schnauze fällt. Aber Dirk ...
    „Blödsinn! Ich wollte endlich dich sehen, den Mann, der hinter dieser aufgesetzten Perfektion steckt. Als ich dich für den Job hier gebucht habe, da wollte ich ...“ Dirk schüttelt den Kopf. „Ich weiß gar nicht, was ich wirklich wollte. Ich hielt es für eine besonders tolle Idee, jemanden, der schön und mehr oder weniger künstlich ist, in einer ursprünglichen Naturlandschaft zu fotografieren und ich hatte gehofft ...“
    Mit angehaltenem Atem höre ich zu. Verwirrt, verunsichert. Ich habe noch immer keine Ahnung, worauf er hinaus will.
    „Ich wollte dir wohl ein paar Aufnahmen Natürlichkeit stehlen, dich vielleicht unbewusst provozieren. Ich liebe es, Gefühle festzuhalten, echte Gefühle“, gibt Dirk plötzlich zu und lächelt tatsächlich verlegen. „Ich hatte ja keine Ahnung, dass ...“ Er stößt den Atem aus und hebt die Schultern in einer hilflos anmutenden Geste an.
    Meine Lippen beben. Ich schwanke zwischen Wut und … ich weiß nicht. Ich weiß gar nichts mehr. Weder, was ich sagen, noch wie ich mich verhalten soll.
    „Gott, Joschi, weißt du, wie wunderschön du bist? Ja, klar du weißt es. Aber du hast keine Ahnung, wie faszinierend du bist, wenn du diese verdammte Maske fallen lässt. Heute in dem Wasserfall, da dachte ich schon, ich sehe endlich den echten Menschen und dann sah ich dieses Bild und …“
    Abermals legt er mir die Hände auf die Schultern. Da ist kein Mitleid in seinen Augen. Da ist viel mehr, beschleunigt meinen Puls, jagt Glut durch meine Adern. Wie er mich ansieht … kann es doch sein?
    „Ich … ich habe dich immer nur durch die Kamera gesehen, nie den echten Menschen, der dahinter steht. Du warst perfekt, du bist … perfekt. Viel zu entrückt für mich. Unerreichbar. Zu … schön. Joschi, ich ...“
    Sein Satz erstickt, seine Lippen erzittern unter meinem Kuss. Er spannt sich einen Sekundenbruchteil an, dann öffnet er den Mund, erwidert meinen Kuss. Ich schmecke das Blut, meine Zunge fährt über die Stelle, schiebt sich tiefer. Meine Hände graben sich in seine Haare, wühlen sich hinein, halten ihn fest, während meine Lippen ihn verschlingen. Kann nicht mehr denken, will nicht denken. Will ihn, nichts weiter.
    Wie lange? Egal.
    Was ist danach? Egal.

20 Feuerschein

    Dirk ringt nach Luft.
    Ich auch.
    Allerdings nur einen kurzen Moment. Dann presse ich meine Lippen erneut auf seine. Ich will mich in den Küssen verlieren, nicht reden, nie mehr denken, nur der Illusion hingeben, endlich meine große Liebe gefunden zu haben. Ich höre Lisas Stimme im Hinterkopf, wie sie mit nachsichtigem Lächeln erklärt: „Echte, ewig währende Liebe gibt es einfach nicht, Schätzchen. Nur in Hollywoods Leinwandträumen und den Köpfen ewig naiver Menschen. Man hat guten bis sehr guten Sex und eine Weile kann man dran glauben, dieses Mal den großen Wurf gelandet zu haben. Irgendwann landet man auch wieder hart auf dem Arsch. Willkommen zurück in der Realität. Man heult ein bisschen und macht eben weiter. Das Leben ist nicht fair und es gibt kein verbürgtes Anrecht auf Glücklichsein.“
    Vermutlich

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