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Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Titel: Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanie McDonell
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Unterstützer des Metropolitan Museums gewesen, dem sie einen Raum für griechische Antiquitäten gestiftet hatten. Als wir durch das Speisezimmer gingen, erzählte mir Hadley, dass die beiden Statuen dort griechische
Kouros
seien, die stets nackt waren, anders als ägyptische Statuen, die stets teilweise bekleidet waren. Was es nicht im Geringsten einfacher machte zu verstehen, warum Constance ein Paar nackter Männer neben dem Kopf der Tafel stehen hatte, oder zu wissen, wie Hadley ihre Herkunft heraufholen konnte.
    Ich verstand ebenfalls nicht, ob ihre Erinnerungen in einem bestimmten Zusammenhang standen. Wie sie auch kommen mochten, ich war froh, dass sie immer noch nicht in der Gegenwart angelangt waren.
    Vermutlich würden ihr die Gedanken an ihren brutalen Überfall erspart bleiben, ebenso die Bilder, weil es unwahrscheinlich wäre, dass sie sich nach ihrer Genesung daran erinnern würde.
    Ich kannte keine Opfer von Überfällen, die eine vollständige Amnesie erlitten hatten, außer ihr – und ich kenne wahrhaft viele Opfer. Fast alle blocken den Vorfall permanent ab. Und wenn sie sich an etwas erinnern, so weiß jedermann, dass Augenzeugen ungenaue Beschreibungen liefern. Eines Tages muss ich Fallon mal fragen, wie viel Prozent der Täter in Gegenüberstellungen tatsächlich identifiziert werden.
    Hadley und ich gelangten in die Küche, die ebenso gepflegt war wie die übrige Wohnung. Wir suchten ein kleines Frühstückszimmer neben der Küche auf, und dort blieben wir schließlich stehen.
    »Wissen Sie, wo die Alkoholika aufbewahrt werden?«, fragte Hadley.
    »In der Tat weiß ich es«, entgegnete ich.
    »Meinen Sie, Constance hätte etwas dagegen, wenn wir was trinken?«
    »Constance sagt immer, dass die einzige Regel ihres Hauses die ist, dass es keine Regeln gibt. Was hätten Sie denn gern?«
    »Überlasse ich Ihnen«, erwiderte sie. »Ich nehme, was Sie nehmen.«
    Ich ging durch die Küche hinaus, wo sich der Sekundenzeiger der Uhr anhörte wie ein Gewehr, das immer und immer wieder geladen wird. In meinem Kopf klickte es bereits genügend, also nahm ich die Uhr von der Wand und holte die Batterie heraus. Jetzt umgab mich eine Stille, die ebenso schlimm war wie das Geräusch.
    Ich entdeckte eine Flasche Cristal in dem Kühlschrank unter der Bar in Constances Wohnzimmer. Ich nahm zwei schlanke Champagnergläser und kehrte ins Frühstückszimmer zurück.
    »Ihr Lieblingsgetränk«, sagte ich und entkorkte die Flasche.
    »Das hat Margo mir gesagt«, meinte Hadley. »Und es hat mir geschmeckt, aber …« Ich hatte den Ausdruck auf ihrem Gesicht schon mehrmals zuvor gesehen. Weit, weit entfernt.
    » … aber er ist so teuer«, fuhr sie fort, »ich würde ihn nie kaufen … es sei denn, zu einer besonderen Gelegenheit …«
    »Gut«, sagte ich und füllte unsere Gläser. Ich hatte das Gefühl, dass ihre Erinnerung knapp davor war, wieder in der Gegenwart anzukommen. »Sie erinnern sich, dass Sie sorgsam mit Geld umgegangen sind.«
    »So tugendhaft bin ich nicht«, sagte sie.
    Wir hatten fast die ganze Flasche geleert, als Hadley fragte, ob sie den Rest der Wohnung sehen könne. Unten hatte sie bereits alles gesehen. Ich wusste, dass es oben außer dem Schlafzimmer undden Gästezimmern nichts weiter gab, von einem kleinen Zimmer abgesehen, wo Constance Briefe schrieb.
    Hinauf ging es über eine Wendeltreppe, und Constances Schlafzimmer lag auf der anderen Seite einer Art-déco-Glastür. Ein Liebespaar war hell in das blassblaue, undurchsichtige Glas eingeätzt.
    Hadley beschloss, dass es Constance nichts ausmachen würde, wenn sie einen Blick hineinwarf.
    »Was für ein schönes Zimmer!«, sagte sie, als sie die Tür öffnete. »Ich hatte etwas anderes erwartet.«
    Das große Schlafzimmer war kahl, weiß und ausgestattet mit etwas, das, wie ich bei meiner ersten Besichtigung erfahren hatte, Weiß-auf-Weiß-Bilder von Agnes Martin waren, die vor langen Jahren mit Constance befreundet gewesen war.
    Ich öffnete das Fenster, drehte mich um und sah Hadley zu Constances Bett hinübergehen. Sie setzte sich, und ein paar Herzschläge später sah sie mich an, und ihre violetten Augen waren klar wie frisches Wasser.
    »Kommen Sie, setzen Sie sich neben mich!«, forderte sie mich auf.
    Vertraute Musik floss von irgendwo in der Nähe durch das offene Fenster.
    »Nicht hier«, sagte ich und nahm sie bei der Hand.
    In einem Gästezimmer unten im Flur berührte ich schließlich den geschmeidigen Leib der

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