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Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Titel: Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanie McDonell
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Vorsicht hatte walten lassen – nach meinen fast tödlichen Irrtümern –, war ich davon überzeugt, dass uns niemand folgte. Ich wies den Taxifahrer an, zur Eighty-Fifth Street und Fifth Avenue hinüberzufahren, wo der Central Park anfängt, sodass wir etwas Zeit für einen Spaziergang hätten.
    In der Luft lag eine festliche Stimmung, da das sommerliche Straßenfest der Madison Avenue im Gang war. Um die Menge an Fußgängern aufzunehmen, waren viele der Seitenstraßen zwischen Fifth Avenue und Park Avenue von der Fifty-Ninth zur Seventy-Ninth Street gesperrt, ebenso die Zufahrt zum Central Park. Daher kroch der Autoverkehr nur im Schneckentempo dahin.
    Wir gingen an Straßenhändlern in ihren Ständen vorüber; der Bursche, der Eis verkaufte, hatte offenbar das große Los gezogen.Jede Menge Kinder schwirrten umher, Mädchen in knappsten Shorts rannten herum, und Leute schoben Kinderwagen mit so vielen Glöckchen und Pfeifen, dass sie wahrscheinlich auf Autopilot hätten navigieren können. Ein paar Skateboarder sausten an uns vorbei, und einige Jugendliche übten
Parkour.
Letztere Verrückheit ist eine Art extremer Turnerei, bei der Leute sich wie menschliche Springstöcke von Bänken und Mauern abstießen. Es war gleichfalls etwas, das mich an mein Alter erinnerte. Wenig tröstlich der Gedanke, dass mir diese Übungen schwerfallen würden, selbst ohne die Titanklammern in meinem Bein.
    Ein paar Schritte entfernt führte ein Typ einen großen Golden Retriever an der Leine.
    »Wie geht’s Buddy?«, fragte ich.
    »Er erholt sich«, entgegnete Hadley.
    »Hat Margo je erwähnt, warum Sie ihn ihr überlassen haben?«
    »Nile wollte ihn nicht. Er sagte, er würde ihn allzu sehr an Gemma erinnern. Aber Margo sagte, er würde sowieso keine Hunde mögen.«
    Schwester Mary A würde mich ermahnen, den Mund zu halten.
    Wir gingen weiter, ohne uns zu berühren. Sie nahm meinen Arm nicht; ich legte ihr nicht die Hand auf den Rücken, als wir die Straße überquerten. Es fühlte sich unnatürlich an. Die paar Zentimeter zwischen uns hätten wie verrückt geglüht, wenn es einen forensischen Lichttest für Verlegenheit gegeben hätte.
    »Sind Sie in Ordnung?«, fragte Hadley.
    »Mir ist’s nie besser gegangen.«
    »Wirklich?«, fragte sie.
    »Ich werde Sie vermissen«, sagte ich.
    »Ich werde Sie auch vermissen«, sagte sie und zögerte. »Sie wissen, dass ich nicht gehen will. Nick, Sie wissen das, nicht wahr?«
    Man gewinnt keine Lotterie, ohne ein Los zu kaufen – und man gewinnt keine Lotterie, wenn man eines kauft. Da stand ich nun. Ich hatte nichts zu sagen.
    Und ich dachte an die Zeit, als Mike Teak über die Ninth Avenue herüberkam und mir seinen Glücks-Baseball schenkte. Erhatte Krach mit seinen Eltern, weil er sich nach Harlem geschlichen hatte.
    Nicht dass seine Eltern ein Problem mit Harlem gehabt hätten oder mit dem Wegschleichen. Es hatte damit zu tun, dass der Rucker Park viele Burschen zur NBA schickte – ein Albtraum für die Teaks. Ich weiß nicht, ob Mike Teak Chancen gehabt hätte oder nicht – und ich mag keinen organisierten Sport, also war meine Meinung sowieso nicht sachkundig.
    Ich wollte den Ball nicht annehmen, aber Teak sagte, ich solle ihn nehmen, er würde Glück bringen. Dann ging er mit seiner Familie nach Afrika auf eine Safari, und ich ging in die Sporthalle, wo ich für die Golden Gloves trainieren wollte.
    Ich bewahrte den Basketball in meinem Schließfach auf, und jedes Mal, wenn ich dort war, holte ich ihn heraus und titschte ihn ein paar Mal auf. Sämtliche Kämpfer hatten Amulette, und er wurde meines.
    Ich sah gern in mir einen Boxer. In Wahrheit war ich zu der damaligen Zeit bloß ein Möchtegern mit viel vergeudetem Potenzial. Die Zeit zwischen dem Dasein als kleiner Gauner, der Drogen verkaufte, und jemandem, der Prüfungen für andere schrieb, reichte einfach zum Training nicht aus. Dennoch hielt mich das nicht vom Kämpfen ab – es hielt mich bloß vom Gewinnen ab.
    Der erste Kampf der Saison, im September, hatte keinen glücklichen Ausgang. Und beim nächsten Treffen mit Teak erzählte ich ihm, was geschehen war. Der Ball brachte Unglück, sagte ich, weil mir der Typ die Nase gebrochen hatte, mich k.o. geschlagen hatte, mich fast umgebracht hatte. Teak lachte und wies darauf hin, dass ich nach wie vor am Leben war – und das war das Glück.
    Hadley war am Leben und in keinem schlechteren Zustand als zu der Zeit, da wir das Bellevue verlassen hatten. Das war

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