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Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Titel: Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanie McDonell
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meinte sie. »Ich hatte nicht erwartet, Sie wiederzusehen. Ich weiß nicht einmal, wer Sie sind.«
    »Ich war auch ein Bekannter von Justin«, erwiderte ich.
    »Ich erinnere mich an etwas.«
    Ich wartete. Gewöhnlich ist es besser zu warten.
    »Ich meine, ich habe etwas gesehen«, fuhr sie fort, »aber ich hab’s nicht der Polizei gesagt.«
    Viele misstrauten der überlasteten NYPD, darunter auch ich selbst, Mrs Newell und, dem Plastikschildchen auf ihrer Brust nach zu schließen, Jenny Bajpal.
    Ich wartete.
    »Die Polizei«, fuhr sie fort, »hat jeden gefragt, ob er sich an etwas bei dieser Frau erinnert, diejenige, die mit der Gehirnerschütterung eingeliefert worden ist. Oder ob er sich an etwas bei dem Taxifahrer erinnert, der sie eingeliefert hat.«
    »Ja«, sagte ich. »Haben Sie die beiden gesehen?«
    »Ich habe gedacht, die Überwachungskameras würden alles aufzeichnen«, erwiderte sie. »Dann habe ich gehört, dass der Regen sie außer Gefecht gesetzt hat.«
    So viel zur Vertraulichkeit von Krankenhausinformationen.
    »Das habe ich auch gehört«, sagte ich.
    »Ich erinnere mich an den Taxifahrer«, sagte sie.
    »Und Sie haben nicht mit der Polizei geredet, weil …?«, fragte ich.
    »Haben Sie je einen indischen Polizisten gesehen?«, fragte sie ihrerseits. »Oder einen pakistanischen oder afghanischen?«
    »Nein«, erwiderte ich, wobei ich überlegte, dass es ein paar im Department geben musste, obwohl ich nie einen zu Gesicht bekommen hatte.
    »Worum geht das Ihrer Ansicht nach?«, fragte sie.
    »Sagen Sie’s mir!«, forderte ich sie auf.
    »Das ist ein Fehler«, erwiderte sie. »Ich sollte nicht mit Ihnen sprechen. Ich weiß nicht, wer Sie sind.«
    »Mein Name ist Nick Sayler«, sagte ich wie ein netter, unbefangener Junge. »Ich bin in dieser Nacht ins Bellevue gekommen, weil Justin mich darum gebeten hat. Ich sollte mit der Frau sprechen, die diese Gehirnerschütterung hatte.«
    »Warum?«, fragte sie.
    »Weil sie meine Geschäftskarte bei sich hatte.«
    »Ah, ja«, meinte sie.
    »Hören Sie«, sagte ich. »Ich muss los. Hier ist meine Karte. Rufen Sie mich an, wenn Sie es sich anders überlegen. Oder rufen Sie Detective Fallon oder Detective Goode im dreizehnten Bezirk an.«
    »Okay«, sagte Jenny nach einem Blick auf die Karte. »Was bedeutet ›Security‹ – ›Sayler Security‹?«
    »Muss los, Jenny, passen Sie auf sich auf!«, sagte ich und wandte mich ab.
    Es erstaunt mich nach wie vor, dass im Geschäft, in der Liebe und im Umgang mit Zeugen die Ankündigung, man müsse gehen, so oft als Trick funktioniert. Was für ein einfaches, leicht handhabbares Werkzeug! Man sollte meinen, jeder könne es bedienen.
    »Warten Sie einen Moment«, sagte sie und fummelte noch etwas mit ihrer Strohtasche herum. »Möchten Sie wissen, warum ich der Polizei nicht über den Weg traue?«
    Es interessierte mich in Wirklichkeit einen Scheißdreck.
    »Ich dachte, Sie hätten es mir bereits gesagt«, erwiderte ich. »Aber bitte, fahren Sie fort!«
    Was es auch war, es reichte aus, ihr zu vermitteln, dass sie mir vertrauen konnte. Und ich hatte keinen weiteren Zeugen zur Verfügung.
    »Sehen Sie«, sagte sie. »Ich bin hier geboren, und die Leute fragen mich manchmal, woher ich komme – wie zum Beispiel, aus welchem ausländischen Terroristenland oder so etwas. Nach 9/11 haben die Polizisten meinen Bruder angesehen wie einen Verbrecher, nur weil er ein junger Mann mit dunkler Haut ist. Ich meine, unser Onkel ist im Nordturm gestorben.«
    »Mein Bruder ist auch dort umgekommen«, sagte ich. Eine richtig schlimme Lüge in Anbetracht all der Menschen, deren Brüder dort gestorben sind. Ich entschuldigte mich schweigend bei Schwester Mary A. Es war ein Mittel zum gerechten Zweck.
    »Oh, nein«, sagte sie. »Wie schrecklich! Das tut mir leid.«
    »Ich kann immer noch nicht darüber sprechen«, sagte ich.
    »Wahrscheinlich sollten Sie zu einem Trauerbegleiter gehen«, schlug sie vor. »Selbst jetzt noch könnte das helfen.«
    »Ich hab’s getan«, sagte ich. »Ich kann wirklich nicht darüber sprechen.«
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich erzähle Ihnen von dem Fahrer, ja? Aber sagen Sie nicht, dass Sie es von mir wissen.«
    Ein hübsches Mädchen, jedoch nicht helle.
    »Werde ich nicht«, sagte ich.
    »Wie gesagt, ich und meine Freundin arbeiten hier ein paar Nächte in der Woche freiwillig«, fuhr sie fort. »Weil wir denken, dass wir vielleicht einige Ärzte treffen – wie indische Ärzte. Aber wir haben

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