Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
Vom Netzwerk:
Rand. Er musste explodiert sein.
    Dann flammte ein Feuerzeug auf. Zwei zogen sich zurück. Der mit dem Feuerzeug bückte sich.
    Ein dumpfer Knall. Vor ihm schoss eine Erdfontäne hoch. Straßer hatte mit seiner Dienstwaffe aus dem Seitenfenster heraus
     einen Warnschuss abgegeben.
    Ich lehnte mich aus dem offenen Fenster – und mir wurde klar, dass wir mitten im Benzinsumpf standen. Miller hatte, gewissenhaft
     wie er war, den Geländewagen vor dem nächtlichen Einsatz vollgetankt. Wenn der Mann mit dem Feuerzeug das Benzin entzündete,
     würden wir mit der Containerburg in die Luft fliegen.
    »Mach das Feuerzeug aus, oder du bist ein toter Mann!«, brüllte Straßer.
    »Wenn du schießt und das Benzin entzündet sich, bist du auch tot«, antwortete der andere. Seine Stimme zitterte.
    Louis lachte auf. »Dann hatte ich wenigstens den Finger selbst am Abzug und bin nicht durch einen Trottel wie dich gestorben.
     Wenn du mich kennst, weißt du, dass ich es ernst meine.« Doch der Mann bückte sich mit der Flamme zur Erde.
    Louis Straßer war völlig ruhig. Es war nicht die Ruhe, die er sonst ausstrahlte, die Ruhe, die aus einer kleinen, gefügten
     Welt |154| kam. Dieser Straßer war kaltblütig. Es schien ihm völlig gleichgültig zu sein, wie die Sache ausging. Sein Gesichtsausdruck
     war kühl – und fast ein wenig amüsiert. Wie jemand, dem der Tod nichts anhaben kann.
    Straßer schoss ein zweites Mal. Der Mann wurde nach hinten geschleudert. Das Feuerzeug flog im hohen Bogen auf ein Stück trockenes
     Gras. Das Gras brannte sofort, aber die Stelle schien trocken zu sein, denn die kleinen, gelben Flammen züngelten nur kurz
     und fraßen sich dann selbst auf. Nur eine Flamme war stark genug, sich langsam fortzusetzen, ein zweites Büschel fing Feuer.
    Der Getroffene schrie jämmerlich und hielt sich den Oberarm. Ich stürzte aus dem Wagen, rannte zu dem brennenden Grasbüschel,
     trat den Brand aus.
    Nun stiegen auch Miller und Straßer aus. Straßer behielt die Waffe in der Hand. Er ging zu dem Mann, der am Boden lag. Miller
     ließ die beiden anderen nicht aus den Augen. Sie waren durch den Schuss, den Straßer auf ihren Komplizen abgegeben hatte,
     so geschockt, dass sie sich nicht zu rühren wagten.
    Straßer beugte sich zu dem Getroffenen hinab und zog ihm die schwarze Strickmütze mit den Augenschlitzen vom Kopf. Der alte
     Hagenau.
    »Bist du wahnsinnig, Straßer!?«, schrie er. »Auf mich zu schießen. Stell dir vor, du hättest mein Herz getroffen!«
    »Ich hab doch nur ein bisschen Haut angeritzt«, sagte Straßer und schaute sich die Schusswunde an Hagenaus Oberarm an. »Sei
     froh, dass du den Wackesberg nicht in Brand gesteckt hast! Dann wären wir jetzt alle in der Hölle.«
    »Du vielleicht, Straßer«, flüsterte der Alte. »Ich nicht.«
    Miller legte den beiden anderen Handschellen an. Sie ließen es widerstandslos geschehen. Dann erst riss er ihnen die Kapuzen
     von den Köpfen. Luc und Charles Hagenau. Wie ertappte Schuljungen standen sie vor Miller und schauten verlegen auf ihre Fußspitzen.
    »Los!«, bellte Straßer, nachdem er dem Alten auf die Beine geholfen hatte.
    |155| Die Hagenaus stiegen stumm in unseren Wagen. Wir fuhren sie zum Revier und schlossen sie in die Zelle im Keller ein. Die Hagenaus
     sagten kein Wort. Sie protestierten nicht, sie verlangten keinen Anwalt, sie beschimpften uns nicht. Sie waren einfach perplex.
     Eigenartig, aber sie schienen mit allem Möglichen gerechnet zu haben – nur nicht damit, verhaftet zu werden.
    Es war fünf Uhr, als wir es hinter uns hatten.
    »Der Bürgermeister wird stolz auf uns sein«, sagte Straßer, während er sich die Hände wusch. »Alain, fährst du bitte noch
     schnell zum Wackesberg und machst dieses grässliche Geschmiere unleserlich, bevor es hell wird?«
    »KZ Schauren? Was soll das heißen?«, fragte ich.
    Louis trocknete seine Hände ab. »Alte Geschichten. Dummes Zeug. Die Hagenaus ...« Er machte eine Kurbelbewegung vor seiner
     Stirn. »Das haben Sie doch schon bemerkt, oder?«
    »Gab es hier ein KZ? Ja oder nein?!«
    »Wo gab es so was nicht? Eine Baracke halt. Die SS hatte ein kleines Außenlager auf dem Wackesberg betrieben. Die Schaurener
     reden ungern darüber – zumal nur Fremde in dem Lager inhaftiert waren. Polen und Russen.«
    »War nicht auch der Dings da inhaftiert ... der – du weißt schon?«, fragte Alain Miller.
    »Nun mach schon, Alain! Oder sollen die Schulkinder auf ihrem Schulweg den Quatsch

Weitere Kostenlose Bücher