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Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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entziffern, und soll heute Mittag das ganze
     Dorf über uns lachen?«
    Miller maulte halblaut und trollte sich. Straßer gähnte demonstrativ.
    »Ich horche dann noch ein, zwei Stunden am Kissen, patron .«
    »Moment! Es gibt da noch was zu klären.«
    Straßer schaute mich aus müden Augen an. »Es war auch ein einheimischer Häftling im KZ Schauren. Der Humpel-Jean. Und nun
     fangen Sie um Gottes willen nicht an, sich wer weiß was vorzustellen! Ich bin sicher, das hat mit unserer Sache nichts zu
     tun. Rein gar nichts.«
    Ich wurde laut. »Jetzt ist aber Schluss! Ich dulde nicht mehr, |156| dass hier so getan wird, als bekämen wir unsere Anweisungen nur vom Bürgermeister. Wenn auf dem Wackesberg ein KZ war, haben
     die Hagenaus auch einen Grund zu protestieren ...«
    Straßer schaute mich ratlos an. »Protestieren? Das nennen Sie protestieren? Nach meinem Empfinden ist das Sachbeschädigung,
     schwerer Landfriedensbruch und Brandstiftung. Ich kenne leider die Bestimmungen für den Umgang mit Sprengstoff nicht, aber
     da wird es für solche Proteste sicher eine präzise Straftatbezeichnung geben.«
    »Ich meine nur – rein psychologisch und politisch gesehen, macht sich die Sache jetzt ein bisschen anders aus.«
    Louis trat auf mich zu. Obwohl er sehr ruhig war, fast gelangweilt, spürte ich seine innere Erregung.
    »Sie wollen also eine politische Sache daraus machen? Dann sollten Sie aber eines nicht vergessen: Das KZ haben nicht die
     Lothringer errichtet. Das waren Ihre Landsleute. Gute Nacht, Herr Bollinger!«
     
    I ch fand keinen Schlaf mehr. Als ich in der Morgendämmerung nebenan Geräusche hörte, stand ich auf. Ich lief fast eine Stunde
     nervös in der Wohnung umher. Dann wusste ich, was mich so unruhig machte. Lotte. Ich musste mit ihr reden. Jetzt, da Agneta
     sich von mir abgewandt hatte, spürte ich, wie sehr Lotte mir fehlte.
    In der Wohnung des Bürgermeisters hörte ich die Haustür schlagen. Wahrscheinlich hatte Pierre Brück gerade das Haus verlassen.
     Normalerweise machte er sich nicht vor zehn Uhr auf den Weg ins Rathaus. Aber seit dem Brand auf dem Wackesberg gingen die
     Uhren in Schauren anders.
    Ich musste etwas tun. Meine Sehnsucht nach Lotte wurde immer schlimmer. Ich ging zum Telefon und wählte die Nummer der Brücks.
     Sie meldete sich sofort. Ihre Stimme klang verschlafen.
    »Ich bin’s. Felix. Ich dachte, wir sollten ...«
    |157| Weiter kam ich nicht: »Da haben Sie sich leider verwählt.«
    Im Hintergrund hörte ich das heisere Lachen des Bürgermeisters.
     
    O bwohl in Frankreich selbst der einfache Bauer ab und an seine Flasche Champagner trinkt, hatte ich das Gefühl, dass alle mich
     beobachteten, als ich mit einer Flasche Veuve Clicquot an die Kasse des Supermarkts trat.
    Die Verkäuferin – eine pfannkuchengesichtige Achtzehnjährige, die aus einem der umliegenden Dörfer kam und unausgeschlafen
     wirkte – führte die Flasche mehrmals am Erfassungsfeld der Kasse vorbei, bis das Display den Betrag anzeigte. 28 Euro. Und
     Bürgermeister Brück war gleich mit vieren davon im Revier aufgekreuzt.
    »Wir haben auch einen im Angebot«, flötete die Kassiererin pflichtbewusst.
    »Ich hab’s gesehen. Aber es ist ein Geschenk für eine Dame. Da nehme ich lieber Veuve Clicquot.«
    Die Kassiererin unterdrückte ein Gähnen. Ich gab ihr dreißig Euro. Sie prüfte die Scheine.
    »Sie lassen sich’s aber gut gehen, Herr Polizeichef.«
    Die vertraute Stimme war dicht hinter mir.
    Lotte. Mein Herz begann zu hämmern. Wo kam sie plötzlich her? Warum hatte ich sie vorher nicht bemerkt? Es waren kaum Leute
     im Supermarkt. Ich hätte sie doch sehen müssen ...
    Mit zwei Händen gleichzeitig räumte sie Waren aus ihrem überquellenden Einkaufswagen auf das Band. Ich bekam mein Wechselgeld
     und nahm die Flasche Veuve Clicquot.
    »Mein Gatte sagt, es hat wieder einen Vorfall gegeben. Auf dem Wackesberg.«
    Sie schaute mich nicht einmal an. Die First Lady sprach mit einem Lakaien ihres Gatten.
    »Nicht der Rede wert, ein Dummejungenstreich.«
    »Soso. Und was haben Sie mit dem Champagner vor?«
    |158| Die Kassiererin starrte Lotte an, während sie eine Kaugummiblase wie einen Pilz aus ihrem Mund herauswachsen ließ.
    »Ich bin eingeladen. Viele Grüße an den Bürgermeister.«
    Schon war ich draußen. Aber kaum war ich in meinen Wagen gestiegen, da knallte ihr Einkaufswagen gegen die Fahrertür. Das
     machte einen entsetzlichen Krach – wie bei einem Auffahrunfall.
    Ich wollte mein

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