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Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Titel: Bomann, Corinna - Clockwork Spiders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Bomann
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Form existieren. Also ist es müßig, darüber nachzudenken, was wäre, wenn Mr Blakley nicht wäre.«
    »Da haben Sie auch wieder recht.« Violet musste einsehen, dass Alfred heute offenbar nicht zum Scherzen aufgelegt war.
    »Sie haben mir nie erzählt, wie dieser Blakley zu seinem mechanischen Arm gekommen ist«, sagte Alfred, nachdem er eine Weile schweigend vor sich hingebrütet hatte. »Er hat sich doch wohl nicht aus Spaß den echten amputieren lassen, um so ein goldenes, mit Drähten durchsetztes Ding zu tragen.«
    Violet schüttelte den Kopf. »Nein, aus Spaß ganz sicher nicht. Es war ein Arbeitsunfall, wenn man so will.«
    »Ein Arbeitsunfall in einem Zirkus?«
    »Mr Blakley war einmal Löwenbändiger, damals, als er noch nicht die Mechanik für sich entdeckt hatte. Er trat mit einer gemischten Gruppe auf, das heißt, nicht nur Löwen, sondern auch Tiger, Panther und Pumas. Nestor, sein wichtigster Löwe, das Alphatier, wenn Sie so wollen, war eigentlich die Ruhe in Person, nichts hat dieses alte Tier aus der Ruhe bringen können. Blakleys besonderer Trick war, den Arm oder den Kopf tief in seinen Rachen zu schieben.«
    »Ich ahne, wohin die Geschichte führt.«
    »Und Ihre Ahnung ist vermutlich richtig, denn eines Tages war Nestor erkältet. Blakley wurde gewarnt, die Nummer nicht durchzuziehen, doch er lachte nur und sagte, sein Nestor sei ein echter Kerl, der werde nicht gleich bissig wie ein Lama wegen so einem bisschen Halsweh.«
    »Doch es kam, wie es kommen musste, und der gute Nestor hat ihm den Arm abgebissen.«
    »So war es! Er musste husten während der Nummer, und ehe Blakley den Arm herausziehen konnte, schnappte das Gebiss zu. Tagelang schwebte der Zirkusdirektor zwischen Leben und Tod. Seinen Arm konnten die Ärzte nicht wieder annähen, obwohl Nestor ihn ausgespuckt hatte – wie gesagt, es war keine böse Absicht. Dafür experimentierte einer der Chirurgen gerade mit künstlichen, dampfbetriebenen Gliedmaßen. Halb im Fieberdelirium entschied sich Blakley für den Eingriff – und kam so zu seinem mechanischen Arm. Bei einem vollkommen gesunden Menschen hätten die Chirurgen das nicht gewagt, doch Blakley stand sowieso schon mit einem Bein im Grab, also war es kein großes Risiko. Der Zirkusdirektor erholte sich wieder, und obwohl nicht nachgewiesen ist, dass die neuronalen Anschlüsse irgendeine positive Wirkung auf einen Menschen hatten, ist er doch bis heute davon überzeugt, dass der Arm ihm das Leben gerettet hat. Fortan unterstützte er die Ärzte, wo er nur konnte – und eröffnete wenig später einen Zirkus mit mechanischen Attraktionen, zu denen schon bald Menschen gehörten, die durch die Segnungen der Technik vor dem Tod bewahrt worden sind, oder denen man dank mechanischer Hilfen das Leben erleichtert. Blakley gab ihnen eine Heimat, nachdem sie von den meisten Menschen als Freaks oder unnormal angesehen wurden, zumindest in der ersten Zeit. Mittlerweile ist es ja fast normal, fehlende Gliedmaßen oder Organe mechanisch zu ersetzen.«
    »Und was ist mit dem armen Nestor passiert?«, fragte Alfred mitfühlend.
    »Sie meinen, mit der Killerbestie? Jedenfalls nannten ihn die Zeitungen von damals so.«
    »Der arme Kerl hat es doch nicht absichtlich getan. Mit Verlaub, auch Ihnen würde die Kinnlade zuschnappen, wenn jemand Ihren Rachen reizt, Mylady.«
    »Ich sage ja nur, dass die Zeitungen ihn so genannt haben. Ich selbst finde auch, dass man ein Tier nicht für menschliche Unvorsichtigkeit bestrafen kann. Sie scheinen Tiere zu mögen, Alfred.«
    »Ja, ich mag Tiere. Besonders Katzen. Sie sind so geheimnisvoll und manchmal unnahbar, aber dann wieder anschmiegsam und flauschig.«
    »Nun, einen Löwen würde ich eher nicht als flauschig bezeichnen, aber sei’s drum. Blakley hat jedenfalls den alten Nestor, der in jenem Zirkus kurz davor stand, das Fell über die Ohren gezogen zu bekommen, gekauft und gibt ihm heute in seinem eigenen Zirkus das Gnadenbrot.«
    »Das ist sehr anständig von ihm.«
    »In der Tat. Blakley teilt Ihre Meinung, dass man das Tier nicht bestrafen darf. Außerdem glaubt er, dass ihm der Löwe vom Schicksal gesandt wurde. Nur durch ihn hat er in den Genuss eines mechanischen Arms kommen können - mittlerweile ist es bereits der dritte, den er trägt –, und sein Zirkus läuft wesentlich erfolgreicher als jener, bei dem er früher gearbeitet hat. So kann man in allem Schlechten auch etwas Gutes entdecken.«
    Kaum hatte sie das gesagt, hielt die Seitenbahn mit

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