Bombe im Bikini
sie. »Jetzt
den...« Danach sagte sie nichts mehr. Sie fiel ganz einfach um, genau auf meine
Sachen, und wahrscheinlich bekam beides dabei einige Krumpelfalten.
Ich rieb mir die Knöchel da, wo
sie mit ihrer Kinnspitze zusammengetroffen waren, und lauschte aufmerksam. Aus
der Diele war kein Laut zu vernehmen, woraus ich folgerte, daß die drei dort
draußen nichts gehört hatten.
Ich huschte auf Zehenspitzen
zum Fenster, stieg hinaus, sprang ins Gras hinunter und begann in Richtung
Straße zu rennen. Ich war etwa zehn Schritt weit gekommen, als in der Einfahrt
plötzlich ein Mann auftauchte. Er sah genauso schurkisch aus wie Tonio und
Pedro, und als er mich erblickte, begann er zu schreien.
Ich wirbelte um meine Achse und
sprintete in entgegengesetzter Richtung davon. Seine Rufe gellten mir weiterhin
in den Ohren, und ich sagte mir, daß auch Don Alfredo und die beiden anderen
ihn hören mußten und es nicht lange dauern konnte, bis man mich erwischt hatte.
Ich lief am Haus entlang, über
eine Terrasse an der Rückseite und dann auf eine Wiese hinaus. Als ich schon
etwa hundert Meter vom Haus entfernt war, blickte ich einmal schnell über die
Schulter zurück — und registrierte, daß der Mann meine Verfolgung aufgenommen
hatte, gefolgt von Tonio und Pedro. Und ich war schon ganz außer Atem!
Ich brachte noch einen
Zwischenspurt zuwege, dann endete die Wiese an einer Reihe hoher Büsche. Ein
gewundener Pfad führte hindurch, ich folgte ihm und wünschte mir, ich hätte in
der Schule besser auf meine Sportlehrerin gehört.
Hinter der nächsten Kurve war
der Pfad mit einemmal zu Ende. Ich stand vor einem Zaun, in dem ich auch ein
Tor erblickte. Mir blieb keine Zeit, lange über meine nächsten Unternehmungen
nachzudenken. Ich öffnete das Tor, rannte in den Pferch und drückte mir die
Daumen, daß nicht allzu viele Pferde drin waren.
Ich kam etwa bis zur Mitte, mit
Kurs auf das gegenüberliegende Tor, da zitterte plötzlich die Erde. Ich blieb
stehen und sah mich um, und dann versagten mir die Beine den Dienst. Ich stand
nur da und starrte...
Quer durch den Pferch und
geradewegs auf mich zu raste der gewaltigste Stier, den ich je im Leben zu
Gesicht bekommen hatte. Er bestand nur aus Hörnern und muskulösen Schultern,
und ich hätte geschworen, daß jedes Horn zwei Meter lang war.
Ich schloß die Augen und sagte
Mavis Seidlitz Adieu; als ich sie wieder öffnete, war der Ochse zum Greifen nah
heran. In diesem Augenblick funktionierten meine Beine wieder ganz von selbst,
und wenn meine Sportlehrerin mich gesehen hätte — sie wäre sehr stolz auf mich
gewesen. Ohne daß ich etwas dazu tat, sprangen die Beine mit mir zur Seite.
Der Stier donnerte über den
Fleck hinweg, auf dem ich soeben noch gestanden hatte, und rannte weiter, bis
er mit fürchterlichem Krach gegen die Einzäunung prallte, wobei sie ums Haar
zusammengefallen wäre.
Ich lief zum Tor zurück, durch
das ich hereingekommen war. Don Alfredos Leute waren mir immer noch lieber als
dieses Rindvieh!
Während ich lief, sah ich über
die Schulter zurück: Der Stier hatte neuen Kurs genommen und verfolgte mich —
und er konnte viel schneller rennen als ich. Ich kam bis auf drei Meter an das
Gatter heran, da rutschte ich aus. Verzweifelt suchte ich das Gleichgewicht
zurückzugewinnen, aber es gelang mir nicht. Ich fiel auf Knie und Hände, und
dann zitterte wieder die Erde. Diesmal konnte ich mich endgültig von Mavis Seidlitz
verabschieden!
Aber plötzlich packten mich
zwei starke Hände unter den Armen und hoben mich hoch. Ich wurde zum Tor
gezerrt, und dabei hörte ich das Untier so dicht hinter mir, daß ich seinen
heißen Atem im Nacken zu spüren meinte. Aber wunderbarerweise war ich im
nächsten Augenblick auf der anderen Seite des Gatters. Die starken Hände ließen
mich los, und ich fiel zu Boden. Ich hörte, wie das Tor krachend zugeschlagen
wurde — und eine Sekunde danach das schreckliche Getöse, mit dem der Kopf des
Stiers dagegen prallte.
Ich rührte mich nicht, ich rang
nur nach Luft; als ich nach einer Weile wieder halbwegs normal atmen konnte,
begann ich mich zu fragen, ob denn nun Tonio oder Pedro mich errettet hatte. Im
Grunde war das ja gleichgültig, und überhaupt wunderte es mich, daß sie sich
die Mühe gemacht hatten, wenn sie mich doch ohnehin um die Ecke bringen
sollten. Sie hätten dem Stier nur dankbar sein können, daß er ihnen die Arbeit
abnahm.
Ich krabbelte mühsam auf die
Beine — und starrte in zwei dunkle
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