Bombenbrut
damals in Dresden«, freut sich Stocks.
Stengele geht hinaus auf die Toilette und muss sich aufs Neue übergeben.
»Er ist sehr sensibel«, Markus hat seinen Vater schnell adoptiert, »aber er wird es durchstehen. Doch danach sollten wir ihn heimlassen. Er wird uns weiterhin dienlich sein, nur besser ist es für uns alle, wenn er glaubt, völlig frei entscheiden zu können.«
»Kindergarten«, knurrt Otto, »wir haben keine Zeit!«
»Er allein ist die zusätzlichen zehn Millionen wert«, erinnert Ines, »deshalb haben wir ihn mitgebracht. Jetzt sollten wir ihn auch wie zehn Millionen behandeln.«
»Morgen schließen wir den Deal mit den Chinesen ab«, wendet sich Holger Stocks an Otto, »und was ist mit den Iranern?«
»Das ist mein Geschäft!«, mischt sich Markus ein. Stocks lacht: »Wenn Sie meinen, junger Mann. Aber überlegen Sie sich das nochmals. Man sollte sich nicht übernehmen.«
»Lassen Sie das meine Sorge sein«, braust Markus auf, »ich stand mit den Iranern bereits in Kontakt, bevor Onkel Gunther Sie hinzuzog. Ich werde den Vertrag hier in Ho-Chi-Minh-Stadt abschließen. Ich stehe mit den Iranern in ständiger Verbindung, die wissen, dass ich hier bin, hier haben wir wenig zu befürchten.«
»Wann wollen Sie unterschreiben?«
»Morgen«, verkündet Markus selbstsicher. »Morgen ist Showdown. Dann haben wir die Katze im Sack«, erklärt er noch lauter und hebt eine Bierflasche in die Höhe, »zuerst trifft Björn mit Herbert die Chinesen, danach ich die Iraner und anschließend trinken wir einen!«
»Wissen die beiden Parteien, dass Sie die Patente zweimal verkaufen?«
»Das spielt keine Rolle«, mischt sich Otto ein, »wer nicht dabei ist, hat verloren. Das ist wie mit der Atombombe. Du brauchst sie, um dazuzugehören.«
Stocks winkt ab: »Markus muss wissen, was er den Iranern erzählt. Am besten wäre es gewesen, dein Vater hätte den Vertrag tatsächlich schon vor seinem Tod in der Tasche gehabt.«
»Das war nicht mein Vater.«
»Ach nicht?«, grinst Stocks. »Wo ist dann jetzt das Problem?«
»Alles in Ordnung, kein Problem«, lächelt Markus, wendet sich ab, greift nach seinem Handy und wählt eine Telefonnummer.
» As-sal ā mu ’alaikum «, hört er und antwortet brav: » Wa ’alaikumu s-sal ā m . «
Er steht auf, zieht sich in eine Ecke des großen Wohnzimmers zurück und kommt nach wenigen Minuten wieder an den Tisch
»Was war das?«, fragt Ines irritiert.
»Ich musste den Termin für morgen bestätigen. Ich treffe eine iranische Abordnung um 18 Uhr auf dem Nachtmarkt.«
Ines nickt ihm aufmunternd zu, streicht ihm liebevoll über seine langen Locken und sieht Stengele aus der Toilette kommen. Er geht unsicher, ist bleich und sieht mitgenommen aus. Mitfühlend fragt sie: »Herbert, geht es dir nicht gut?«
»Mir ist das alles zu viel. Ich bin Erfinder, sonst nichts, lassen Sie mich bitte wieder nach Deutschland zurück.«
»Versprochen«, lenkt Björn Otto mit fast fürsorglicher Stimme ein, »wir werden den Deal in Ihrem Sinne unter Dach und Fach bringen. Ich mit den Chinesen, Markus mit den Iranern. Dann gibt es keinen Grund mehr, dass wir Sie hier festhalten und Sie können nach Hause fliegen.«
»Zeit für Leckermäulchen«, ruft Ines, geht in die Küche und holt den Klassiker der DDR-Süßspeisen. »Guck mal, Björn, habe ich heute Mittag extra für dich gemacht.«
Langsam löst sich die Spannung in der Runde, die Stimmung wird heiterer, da piept das iPhone von Markus. Er lässt das Display aufleuchten und liest die SMS: ›Don’t sell!‹
Er versteht nicht recht und zeigt die Nachricht Herbert. Der erschrickt: »Die gleiche Aufforderung habe ich schon einmal gelesen – nach dem Tod von Matthias.«
»Wo?«
»Auf unseren Rechnern bei DS.«
»Seltsam«, überlegt Markus, »die SMS kommt von meiner Mutter.« Er fährt mit dem rechten Zeigefinger über das große Display seines iPhones, als würde er die Nachricht einfach streichen. Ein Bild von Verena erscheint. Markus tippt kurz darauf, dann nimmt er das Handy ans Ohr.
»Sie nimmt nicht ab«, wundert er sich und ruft bei seiner Mutter über das Festnetz an. In Vietnam ist es kurz vor Mittag, in Immenstaad früh am Morgen.
Verschlafen nimmt Verena schließlich ab, ist jedoch sofort hellwach, als sie die Stimme ihres Sohnes hört: »Wo steckst du? Ich mache mir solche Sorgen um dich!«
Auf Markus’ Lippen legt sich ein leichtes Lächeln. »Mama«, antwortet er, »warum? Du hast keinen Grund dazu«, beruhigt
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