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Bombenbrut

Bombenbrut

Titel: Bombenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Schütz
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Schlossbesitzer am See ist ja auch noch nicht im Kasten?«
    »Ich weiß nicht, was sich daraus machen lässt«, gesteht Leon seine Unsicherheit, »ich muss meine Miete bezahlen und schneide als Erstes die Dornier-Story, damit ich mein Honorar bekomme.« Kaum hat er den Satz beendet, sieht er Iris Köppke in das Museum zurückkommen. Sie ist sichtbar in Eile und schaut sich um, als würde sie jemanden suchen.
    Leon geht auf sie zu. »Das haben Sie gut gemacht«, schmeichelt er ihr, »der Mann war ja schwer durch den Wind.«
    »Stimmt«, nickt sie geistesabwesend und will an ihm vorbeigehen.
    Leon stellt sich ihr in den Weg und fragt neugierig: »Wen suchen Sie?«
    »Markus natürlich.«
    »Der lief Ihnen doch nach.«
    »Ich habe ihn nicht gesehen«, gibt sie hastig zurück und setzt ihren Weg fort.
    »Eine bemerkenswerte Frau«, hört Leon eine Stimme hinter sich sagen, dreht sich um und steht vor Joseph. »Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, Joseph Brodsky.«
    »Markus hat mir gesagt, wer Sie sind, aber ich glaube, er ist nicht so gut auf Sie zu sprechen.«
    »Er meint, seine Mutter würde den Tod seines Vaters nicht genügend betrauern. Aber wir sind schon länger zusammen. Die Ehe von Verena und Matthias war längst im Eimer«, und, als wäre es ein streng gehütetes Geheimnis, flüstert er Leon ins Ohr, »deshalb sage ich doch: Eine bemerkenswerte Frau. Iris war die letzte Gespielin von Markus’ Vater. Und jetzt schnappt sie sich den Jungen.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragt Leon naiv.
    »Oh«, lächelt Joseph, »nichts weiter.«
    Leon lässt das Lacoste-Hemd stehen und geht Iris nach. Diese neue Information irritiert ihn. So hätte er Iris Köppke nicht eingeschätzt, eher als die Unschuld vom Lande. Sie steht vor der Garderobe und raucht eine Zigarette. Leon geht auf sie zu.
    »Endlich eine Raucherin! Haben Sie auch eine für mich? Ich finde keinen Automaten und habe meine Schachtel vergessen.«
    Iris lächelt ihn an. »Gern«, sagt sie und greift in ihre Handtasche. Sie holt ein Zigarettenetui hervor, öffnet es und hält es Leon unter die Nase. Ungeschickt nimmt er eine Zigarette heraus, bleibt an dem Deckel der Schachtel hängen und schlägt ihr das Etui dabei fast aus der Hand. Sie reagiert schnell, fasst mit der anderen Hand nach, dabei rutscht die geöffnete Handtasche zu Boden und der gesamte Inhalt entleert sich.
    Leon entschuldigt sich für seine Tollpatschigkeit, geht in die Knie und hebt auf, was er fassen kann. Dabei hat er plötzlich einen dunkelroten, deutschen Reisepass in der Hand und zusätzlich einen zweiten Passport, dieser allerdings auf hellrotem Untergrund mit einem fünfzackigen, gelben Stern.
    »Geben Sie her«, herrscht Iris Köppke Leon an.
    Leon drückt ihr alles, was er gerade aufgelesen hat, in die Hände, lacht verunsichert und bittet um Feuer. »Rauchen kann ich dann selbst«, sagt er beschwichtigend, um keine Verstimmung aufkommen zu lassen.
    In Wahrheit ist er verwirrt, er weiß nicht, wie er diesen zweiten Pass einzuschätzen hat. Auf der anderen Seite hat selbst der Bundesgesundheitsminister heute vermutlich einen deutschen und einen vietnamesischen Pass. Wo ist also das Problem?
    »Eine gelungene Eröffnungsfeier«, hört er sich sagen, während sie ihm Feuer gibt, er will möglichst unbefangen über das Wetter reden. Mit einem Mal denkt er, dass das zu verfänglich wäre, zieht an der Zigarette und hakt lieber unbedarft nach: »Da draußen steht eine Maschine aus Vietnam, sind Sie damit hier?«
    Iris Köppke lacht unvermittelt laut auf. »Nein«, wehrt sie ab, »wirklich nicht, oder habe ich Schlitzaugen?«
    »Im Gegenteil, sie haben wunderschöne Augen. Aber auch nicht jeder Deutsche mit türkischer Staatsangehörigkeit hat einen prachtvollen Schnauzbart.«
    »Da haben Sie auch wieder recht«, gibt Iris zu und wechselt schnell das Thema. »Sagen Sie, haben Sie schon einen Rundgang gemacht? Ist es nicht ein wirklich interessantes Museum?«
    »Überaus interessant«, stimmt ihr Leon wenig euphorisch zu, will aber an die zufällige Identität der Fliegerflagge und ihres Ausweises nicht ganz glauben. Trotzdem verabschiedet er sich: »Ich muss zu meinem Team, nochmals vielen Dank für Ihre Rauchersolidarität.«
    Er verschwindet um die Ecke, wartet ein paar Sekunden und beobachtet dann, wie Iris telefoniert. Sie redet engagiert, fuchtelt mit ihren Händen durch die Luft, scheint verärgert und verlässt schließlich das Museum durch die großen Glastüren, die

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