Bombenspiel
hatte man sich noch immer auf sie verlassen können. Und das WM-Quartier in der Nähe von Johannesburg hatte der Deutsche Fußball-Bund bereits nach dem letzten Sieg gegen Aserbaidschan gebucht.
Kalkoen hatte sich nicht getäuscht: Es gelang zwar nur ein 1:0, aber es war ein Sieg. Miroslav Klose schoss in der 35. Minute das goldene Tor und sicherte seiner Mannschaft letztendlich das Ticket zur WM in Südafrika. Die Russen hatten nach der Führung der Deutschen zwar dann in der zweiten Halbzeit enormen Druck auf das deutsche Tor gemacht, doch es war beim 1:0 geblieben.
Zufrieden hatte die deutsche Mannschaft im Hotel Baltschug Kempinski ihren Sieg gefeiert. Unter den Gästen, die nach der Gratulation durch DFB-Präsident Theo Zwanziger den Blick auf den erleuchteten Kreml genossen, war auch ein deutscher Arzt namens Goldbäck, den Mannschaftsarzt Dr. Maier-Fuchsberger zu der Partie nach Moskau eingeladen hatte. Am Tag zuvor hatte er ihn beiseitegenommen und ihm von den Schmerzen in seiner Brust erzählt, die ihn in unregelmäßigen Abständen heimsuchten. Goldbäck hatte ihm eine gründliche Untersuchung zugesagt, sobald sie zurück in Deutschland waren.
Als das Handy des deutschen Mediziners klingelte, trat Goldbäck ans Fenster und sah hinunter auf den Roten Platz. Der Mann, der dort mit dem Handy stand, blickte nach oben und schien ihm zuzuwinken. »Sie sind im Boot«, sagte er. »Der Termin ist der 9. Januar, um 9 Uhr in der Limes-Therme in Aalen. Am Wasserspeier im Außenbereich. Jemand aus Südafrika wartet dort auf Sie.« Dann legte er auf.
Goldbäck lächelte hämisch und blickte dem Mann nach, der mit hastigen Schritten den Roten Platz verließ.
Dienstag, 17. November 2009, Durban - Noch 205 Tage
Der Bau des Moses-Mabhida-Stadions lag im Zeitplan, der Skywalk gehörte zur Skyline der Stadt und nichts deutete auf irgendwelche Unregelmäßigkeiten hin. Der Südwinter kam, warm und mild am Indischen Ozean. Henning Fries verschob noch einmal seinen Urlaub, um während der Endphase des Baus vor Ort zu sein.
Freitag, 4. Dezember 2009, International Convention Centre, Kapstadt - Noch 188 Tage
Der Bauingenieur Leonard Merheim verfolgte die Live-Übertragung der WM-Gruppenauslosung mit Spannung im Fernsehen. Im Gegensatz zu den Millionen Fußball-Fans, die in 200 Ländern dem Startschuss zur heißen WM-Phase entgegen fieberten, war er nur daran interessiert, welche Mannschaften im Moses Mabhida-Stadion in Durban spielen würden.
Unter den 1600 Sicherheitskräften, die an jenem Freitagabend in Kapstadt aufgeboten wurden, war auch uThembani Mthetwa. Der Zulu hatte Kalkoen beobachtet, der nur wenige Sitzreihen hinter dem Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft Platz genommen hatte.
Vor der Auslosung hatte es zwei Bombendrohungen in Kapstadt gegeben. »Jede Drohung dieser Art müssen wir ernst nehmen und entsprechend unseren Richtlinien reagieren«, hatte ein Polizeisprecher den Journalisten gesagt, als nach kurzer Zeit die Entwarnung kam. uThembani Mthetwa hatte müde gelächelt.
Der südafrikanische Staatspräsident Jacob Zuma und Fifa-Boss Blatter eröffneten die Zeremonie, die von der südafrikanischen Oscarpreisträgerin Charlize Theron moderiert wurde. Kalkoen konzentrierte sich auf den ersten Auslosungstopf, in dem sich neben der Mannschaft Südafrikas auch die Deutschen und die Spanier befanden. Es kam wie geplant: als gesetzter Kopf der Gruppe D würde die deutsche Mannschaft ihr Auftaktspiel am 13. Juni in Durban bestreiten. Der Gegner hieß Australien.
Kalkoen beobachtete das Lächeln in den Gesichtern des deutschen Trainers und seines Managers. Dann verließ er zufrieden das International Convention Centre.
Das Bombenspiel war perfekt.
Donnerstag, 24. Dezember 2009, Heiligabend, Kapstadt - Noch 168 Tage
Die einheimischen Weißen nannten es einen ›Champagne Day‹. Dazu gehörten ein wolkenloser Himmel über dem Tafelberg und sommerliche Werte von knapp unter 30 Grad, die durch einen leichten Wind vom Atlantik her als angenehm und nicht zu heiß empfunden wurden. Die Victoria & Alfred Waterfront mit ihren Tausenden von Besuchern hatten sie am frühen Nachmittag verlassen, nachdem Henning sie bei Willoughby & Co zu einem hervorragenden Sushi eingeladen hatte, und waren zum Kap der Guten Hoffnung hinunter gefahren.
Den Abend würde Kim mit ihm in ihrer Wohnung in Kapstadt verbringen und erst am nächsten Morgen würde er wieder nach Durban zurückfliegen. Ihr
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