Bombenspiel
seiner Heimat vertrieben haben.«
»Gut formuliert. Klingt glaubhaft. Seit Jahren sitze ich in diesem Dreckloch fest, nur weil sie mich mit dieser scheiß Affirmative Action drangekriegt haben! Ich könnte der beste Arzt Südafrikas sein, ja sogar der Welt, wenn jetzt im Hartland van die Boerevolk nicht die Kaffern das Sagen hätten. Sie werden noch kommen und um Gnade flehen. Sie werden winseln und jaulen wie Hunde. Und dann werde ich es sein, der nein sagt, so wie sie damals zu mir. Sie werden vor mir im Dreck liegen, durch den Schlamm von N’kuwaloobo kriechen und um den Impfstoff betteln.«
Andries van Wyk horchte auf. Von einem Impfstoff war bisher keine Rede gewesen. »Und was werden Sie dann tun, Doktor?«, bohrte er und versuchte, die Schärfe in seiner Stimme zu unterdrücken.
»Ich werde ihnen den Zugang zu meinem Labor verweigern.«
Das genügte van Wyk nicht. Der Impfstoff war von einer Sekunde zur anderen zu einem unkalkulierbaren Risiko geworden. Aber der Arzt ließ ihm keine Zeit, darüber nachzudenken.
»Haben Sie das Geld?«, bohrte Dr. Strijdom.
Van Wyk nickte und hob den schwarzen Lederkoffer auf den Tisch. Er gab die Kombination des Zahlenschlosses ein und der Deckel sprang auf. Die Scheine lagen gebündelt und aufeinander gestapelt, Dollar, Rand und Euro, gebrauchte Noten, wie vereinbart. »Und wo sind die Phiolen?«
»Drüben im Labor. Im Hochsicherheitstrakt. Sie wissen, dass das Virus tödlich ist.«
»Nur für Schwarze!«
Der weiße Arzt nickte. »Im Krieg hätte man es als Ethnowaffe bezeichnet, Meneer. Ein auf eine bestimmte genetische Kombination abgerichtetes Virus. Ich könnte Milliarden damit verdienen, es einer Großmacht zu verkaufen. Aber Ihre Sache ist in meinem Sinne.« Er schloss den Koffer, erhob sich aus dem Rattansessel und brachte den wertvollen Schatz in einen anderen Raum. Über sein Gesicht spielte ein seltsames Lächeln. Mit diesem Geld konnte er sich seinen Traum erfüllen. Er würde N’kuwaloobo verlassen und mit seinen Forschungsergebnissen an die bedeutendsten Universitäten der Welt zurückkehren. Dem Mann, der im Vorraum auf ihn wartete, traute er nicht. Doch er hatte sich vorbereitet, war für alle Fälle gerüstet.
»Los, kommen Sie, Meneer«, forderte der Arzt den Gast auf, als er zurückkam, »gehen wir den Stoff holen.«
»Wer kann uns dabei stören? Sie wissen, dass ich keine Zeugen haben will.«
»Ich habe fast allen Mitarbeitern heute freigegeben. Zwei Schwestern und mein Assistent sind in den Dörfern, um zu impfen. Drüben im Labor sitzt nur ein Wachmann. Es wäre aufgefallen, wenn ich das Labor nicht bewachen ließe.«
»Nur ein Mann?«
»Ja. Und Wanya. Sie ist meine Assistentin und genießt mein volles Vertrauen.«
»Eine Schwarze?«
»Ich habe niemand anderen. Und in den Zeiten der Einsamkeit …«
Van Wyk nickte. Auch er hatte es schon mit schwarzen Huren getrieben, wenn ihm danach war. Was der Arzt in seinem Buschkrankenhaus tat, konnte ihm egal sein.
»Haben Sie ihr von unserem … Geschäft erzählt?«
»Sie weiß, was sie wissen muss«, antwortete er ausweichend. Die vielen Fragen irritierten ihn. Er beschloss, auf Nummer sicher zu gehen. »Und jetzt kommen Sie!«
Zur selben Zeit, Tafelberg, Kapstadt
Er setzte das Fernglas ab.
Der Gesuchte war nicht in der Sechsergruppe. Bushman sah auf die Uhr. Es war schon später, als er dachte. So langsam sollten sie kommen. Und was, wenn sie es sich anders überlegt hatten? Wenn sie die Wanderung verschoben und stattdessen einen Ausflug ans Kap gemacht hatten? Oder einen Badetag in Hout Bay?
Nein. Sie mussten hier oben sein, irgendwo auf diesem verdammten riesigen Plateau, und sie mussten zur Seilbahnstation, irgendwann in den nächsten zwei Stunden.
Durch mannshohen Fynbos führte Henning Fries seine Freundin zurück auf den Hauptpfad, dann erfolgten ein steiler Abstieg in eines der Quertäler und der ebenso beschwerliche Aufstieg auf der anderen Seite. Diese Art von Schluchtendurchquerung wiederholte sich noch dreimal, jeweils schweißtreibender und anstrengender als zuvor. In den manchmal recht breiten Tälern wurden die Pfade sumpfig und führten teilweise über schmale Holzstege, Glockenfrösche riefen und der Sonnentau glitzerte zwischen Gräsern und Farnen. Henning Fries hatte die Wetterveränderung bemerkt, doch er schwieg, um Kim, die sich mit der langen Wanderung ohnehin schwer tat, nicht zu beunruhigen.
Nach einem weiteren beschwerlichen Aufstieg, der sogar
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