Bombenspiel
und das Bild bot, das man als typisch für Kapstadt und den Tafelberg ansah.
Er kämpfte sich durch den Nebel bis zu der Stelle, wo er Fries getroffen hatte und blieb wie angewurzelt stehen. Der Tote und seine Begleiterin waren verschwunden. Bushman fluchte. Konnten Tote sich im Nebel unsichtbar machen? Er ging in die Knie und untersuchte den Boden. Kein Blut. Seine Hände umklammerten die Waffe. Er fühlte sich beobachtet. Der Weiße steckte irgendwo zwischen den Büschen und hauchte dort sein Leben aus, und die Frau musste bei ihm sein. Er musste sie finden! Da hörte er das Geräusch knackender Zweige. Seine Augen versuchten, den Nebel zu durchdringen. Keine Chance. Er hörte den Atem hinter sich und fuhr herum. Ein Pavian mit einem Jungen auf dem Rücken huschte über den Weg. Verdammt! Plötzlich hatte er eine Idee. Er musste zurück zur Seilbahn.
Wenn Fries noch lebte – was er nicht glaubte – würde er versuchen, so schnell wie möglich ins Tal zu kommen. Und sollte er tot sein, würde seine Freundin dasselbe tun. Sie musste Hilfe holen. Kein Rettungshubschrauber würde bei dem Nebel hier oben landen. Hilfe konnte nur von der Seilbahn kommen. Er schob das Gewehr in seinen Overall und machte sich auf den Weg.
Henning Fries spürte den Stich in seiner Wade und bückte sich schlagartig nach hinten, um das Biest zu erwischen, als die Explosion seine Ohren betäubte. In diesem Sekundenbruchteil registrierte er, dass es ein Schuss gewesen war, der ihm gegolten hatte, warf sich zu Boden und rollte in Richtung der Büsche. Als Kim aufschrie, zog er sie zu sich herunter und hielt ihr den Mund zu. Mit zwei Sätzen hechtete er ins Dickicht, riss sie mit sich und blieb dort regungslos liegen.
Der Nebel hüllte sie ein, wie ein rettendes Tarnnetz hatte er sich über sie ausgebreitet, machte sie zu unförmigen Felsen im dichten Gestrüpp. Er hörte den Schützen fluchen und näher kommen, presste Kim an sich und hoffte, dass sie sich nicht rührte. Die Minuten erschienen ihm wie eine Ewigkeit, während ihm tausend Gedanken durch den Kopf jagten.
Wer hatte auf ihn geschossen? Und vor allem warum? Konnte es ein Versehen gewesen sein, eine Verwechslung? Ein Irrtum im Nebel? War ihnen Leonard auf die Schliche gekommen und wollte den Nebenbuhler erledigen? Er fand keine Antwort. Doch er würde so lange suchen, bis er sie gefunden hatte.
Als er sicher war, dass sich der Schütze entfernt hatte, lockerte er den Druck auf Kims Mund und half ihr vorsichtig auf.
»Oh mein Gott, was war das?«, flüsterte sie und klammerte sich an ihn.
»Jemand hat auf mich geschossen.«
»Auf dich? Aber warum?«
»Keine Ahnung. Ich werde ihn fragen, wenn ich ihn treffe.«
»Und jetzt? Ist er fort?«
»Ich glaube ja. Er kann uns nicht finden in dieser Nebelsuppe hier oben. Ich denke, er hat sich in Richtung Seilbahn entfernt.«
»Ich habe Angst.« Er spürte, wie sie zitterte.
»Könnte sein, dass er uns noch mal auflauert. Er weiß, dass wir nach unten müssen. Aber wir gehen denselben Weg zurück, den wir gekommen sind, dort sind wir sicher.«
»Das schaffe ich nicht«, sie war den Tränen nahe. »Ich kann nicht mehr.«
»Du wirst es schaffen. Wir werden langsam gehen. Ich habe Stirnlampen in meinem Rucksack, wenn es dunkel wird. Oder wir suchen uns einen geschützten Ort und übernachten hier oben. Könnte allerdings ganz schön kalt werden.«
»Oh mein Gott, wir werden sterben«, ihre Stimme klang hysterisch.
»Nein, das werden wir nicht, ganz sicher nicht.« Er versuchte, seinen Worten einen beruhigenden Klang zu geben. »Es gab da diese Höhle am Weg, vielleicht eine Viertelstunde zurück. Dort können wir Feuer machen. Wir haben noch zu essen und Wasser und sobald es morgen hell wird und der Nebel weg ist, gehen wir zur Bergstation und fahren ab. Ist das ein guter Plan?«
Sie nickte.
Henning Fries übernahm die Beschützerrolle, und als er zwei Stunden später allein am Feuer in der kleinen Höhle saß und in die Flammen starrte, während Kim hinter ihm erschöpft eingeschlafen war, starrten ihn aus der Glut heraus diese Gesichter an. Er hatte sie nicht gerufen, sie waren einfach gekommen. Gekommen, während er über den Anschlag nachdachte. Warum trachtete man ihm nach dem Leben?
Leonards Gesicht war als Erstes erschienen. Der eifersüchtige Ehemann. Doch dann wurde es weggewischt und Abdulrahman bin Hadid erschien. Und plötzlich flackerten die Züge des Sicherheitsingenieurs uThembani Mthetwa in den
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