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Bombenspiel

Bombenspiel

Titel: Bombenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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über Stahlleitern nach oben führte, erfrischten sie sich im Valley of Isolation unter einem Wasserfall. Danach schien der Weg durch das schmale Tal kein Ende zu nehmen, vorbei an kratzigen Disteln und teilweise über hohe Steinstufen, die Henning, groß gewachsen wie er war, mit einem Lächeln meisterte, der kleineren Kim aber fast schon Kletterfähigkeiten abverlangten.
     
    Bushman sah sie.
    Zuerst entdeckte er Fries. Der Deutsche hatte sich wie ein Tourist herausgeputzt. Khakifarbige Trekkingklamotten, fleckiger Safarihut, Rucksack, Bergstiefel. Seine Begleiterin sah mit ihrer engen Jeans und dem hauchdünnen Trägerhemd eher aus wie eine Stadtbesucherin, die sich beim Shoppen in die Wildnis verirrt hatte.
    Durch sein Fernglas tastete er ihren Körper ab und bewunderte ihre kleinen festen Brüste, die sich verführerisch unter dem durchgeschwitzten Shirt abzeichneten. Dann fokussierte er auf Fries, der immer wieder stehen blieb, um auf seine Begleiterin zu warten. Er hatte die Wolken bemerkt und trieb sie offensichtlich zur Eile an.
    Auch der Bushman hatte keine Zeit mehr zu verlieren. Die beiden waren jetzt schon so nahe, dass ihm der Wind ihre Stimmen undeutlich zutrug, und er verließ seinen Ansitz, um sich in der Nähe des Wegs, den sie nun entlangkommen mussten, zu verschanzen.
    Um kein Risiko einzugehen, beschloss er, Fries aus nächster Nähe abzuknallen, da die Frau sich sonst vor ihm verstecken könnte. Er würde sie mit wenigen Sätzen erreichen und sie nehmen, bevor sie wusste, wie ihr geschah. Danach würde er sie erwürgen und zusammen mit Fries entsorgen, wie er es geplant hatte. Erregung überfiel ihn und er bemühte sich, auf andere Gedanken zu kommen. Die lauter werdenden Stimmen der beiden zwangen ihn, sich zu konzentrieren.
    Er lauerte hinter einem meterhohen Karstbrocken und schob sein Gewehr in die gewünschte Position. Sein rechter Zeigefinger krümmte sich um den Abzug und er spürte den Widerstand des kalten Metalls. In seinem linken Auge trafen sich Kimme und Korn dort, wo Fries jede Sekunde zwischen den Büschen auftauchen musste. Sein Atem ging ruhig, sein Herz schlug gleichmäßig. Es war ein Job wie jeder andere. Er würde sich an der Waterfront ein Castle Lager gönnen, wenn er hier oben fertig war. Ein gemütliches Feierabendbier. Die Stimmen waren verstummt, dafür bewegten sich die Spitzen der hohen Büsche dort, wo der Weg aus dem Fynbos trat.
     
    Henning Fries schlug nach den Mücken, die seinen Kopf umschwirrten und seine Arme blutig gestochen hatten. An alles hatte er gedacht, nur nicht daran, sich ein Mittel gegen diese Plagegeister aufzutragen. In Durban kamen sie erst am Abend, aber hier oben schien er sie auch tagsüber förmlich anzuziehen. Es waren Bremsen, richtig dicke Biester, deren Stich heftig schmerzte, und die meistens noch fröhlich davonflogen, selbst wenn seine flache Hand sie traf. An Kim gingen sie nicht, ihr Parfum schienen sie nicht zu mögen.
    Er blieb stehen, um auf Kim zu warten. Die Tour war eindeutig zu anstrengend für sie, doch er versuchte, Tempo zu machen, da inzwischen schon ein Großteil der Hochebene von den schnell heraufziehenden Nebelschwaden verschleiert war.
    »Los komm«, munterte er sie auf, »wir sind gleich da!«
    In der Tat hoffte er, hinter der nächsten Wegbiegung die Bergstation der Seilbahn erkennen zu können. Zwei Schritte noch, höchstens drei, dann hörte der mannshohe Busch auf und man konnte in die Weite sehen. Der Weg machte noch eine Kurve und …
     
    Bushman wollte abdrücken, als er Fries aus dem Buschwerk auftauchen sah. Er hatte die glänzende Stirn deutlich im Visier, und war nicht bereit, auf den Kopfschuss, sein Erkennungszeichen, zu verzichten.
     
    Der Schuss krachte, Fries ging zu Boden, rollte zur Seite und blieb regungslos liegen. Kim schrie auf und stolperte fast über ihn, ihre Augen waren vor Schreck geweitet, und der Bushman erhob sich aus seiner Deckung. Milchig weißer Nebel waberte um ihn herum, kroch am Boden entlang und schien sich wie von Zauberhand auszubreiten wie aus der Kunsteismaschine bei einem Rockkonzert. Dann stieg der Nebel hüfthoch und vereinigte sich mit den wallenden Wolken, die sich von oben auf den Bergrücken herabsenkten.
    Innerhalb von Sekunden hatte der Wind des ›Teufels Tischtuch‹ über die freie Fläche getrieben, innerhalb von Minuten würde der ganze Tafelberg in eine Milchsuppe eingehüllt sein, die sich wie ein weißer Wasserfall in Zeitlupe über seine Abhänge ergoss

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