Bombenspiel
er der Sohn eines Maharadschas war!
Der Mann mit dem unaussprechlichen Namen schien ihre Verärgerung bemerkt zu haben, denn er lenkte plötzlich ein: »Geht mich natürlich nichts an. Sie müssen verstehen, dass uns Hennings Tod alle ziemlich getroffen hat. Er war hier einer der Chefs.« Raghunandan Rajah dachte nach. »Ich glaube, Sie sollten Paul Dhlomo anrufen. Er hatte viel mit Henning zu tun. Paul Dhlomo wohnt hier in Durban, ich schreibe Ihnen seine Handynummer auf.« Er kritzelte ein paar Zahlen auf einen Notizzettel und reichte ihn ihr. »Und darf ich noch wissen, mit wem ich das Vergnügen habe?«
»Linda Roloff. Hier ist meine Karte.«
»Wir müssen jetzt leider gehen, ich habe noch zu tun. Ich bringe Sie nach draußen.«
Vor dem Stadion verabschiedeten sie sich. Seine Finger waren lang, die Hand klein, fast weiblich und der Händedruck ohne Energie. Die schwarzen Augen blitzten sie an, als er ihr seine Visitenkarte reichte. »Falls Sie mal Lust auf indische Küche haben, rufen Sie mich an. Es gibt viele Inder in Durban, aber man muss sich auskennen. Es wäre mir eine Ehre, Sie auszuführen.«
Ein Lächeln umspielte seine schmalen Lippen, das sich verfinsterte, nachdem Linda den Stadionbereich verlassen hatte. Er nahm sein Handy und suchte einen Eintrag in der Namensliste. Kalkoen ging sofort ran. »Eine Journalistin schnüffelt hier rum«, warnte Raghunandan Rajah. »Kommt aus Deutschland und kannte Fries. Wollte was über seine Arbeit erfahren.«
»Und? Was hast du ihr erzählt?«
»Nichts. Ich habe sie zu Paul Dhlomo geschickt.«
»Warum nicht zu Mthetwa?«
»Der ist nach Kroonstad gefahren«, antwortete der Inder.
»Kroon…?«, hörte er die Stimme am anderen Ende, die plötzlich abbrach. Es folgte eine lange Pause, in der er schon befürchtete, das Netz könne zusammengebrochen sein, als die Stimme sich barsch und ungehalten wieder meldete: »Was zum Teufel macht der Kaffer in Kroonstad?«
Entsetzen klang in Kalkoens Tonfall, das Raghu sich nicht erklären konnte. »Keine Ahnung; er hat nicht mit mir darüber gesprochen.«
»Woher weißt du dann …?«
»Es gehört zu meinem Job. Er hat im Internet recherchiert. Alles, was es über Kroonstad an Informationen gibt.«
»Hat er sich dabei für etwas Besonderes interessiert?«
»Das kann man so sagen. Das Gefängnis. Er hat jeden Link verfolgt, den es dazu gibt.«
»Verflucht! Weiter, was noch?«
»Er hat sich die Route ausgedruckt und ein Hotel gebucht.«
»Hast du noch mehr herausgefunden?«
Raghu spürte förmlich die Ungeduld und Neugier seines Gesprächspartners und auf einmal wurde ihm klar, woran das lag. Seine strengen Gesichtszüge wurden daher von einem schadenfrohen Grinsen aufgeweicht, als er antwortete: »Er sucht einen ehemaligen Häftling.«
»Wen?«
Raghu hielt sich den Hörer vom Ohr, so schrill war die Stimme geworden. Er stellte sich die Gesichtszüge des anderen vor, seine mahlenden Kiefer, die seine Nervosität kaschieren und seine Aufgeregtheit unter Kontrolle bringen sollten. Er wusste, dass der Mann seine Gefühle durch Bewegungen seines Mundes verriet. Zuckende Mundwinkeln und mahlende Backenzähne waren sichtbare Zeichen von Anspannung. Der Inder, der es gewohnt war, jedes Detail an seinen Mitmenschen zu registrieren, hatte dies schon bei ihrer ersten Begegnung festgestellt. So nervös, wie die Stimme jetzt durch den Hörer drang, musste das untere Gesichtsfeld in diesem Moment einem Erdbeben gleichen.
»Welchen Häftling sucht er?«, kläffte die Stimme und glich dabei dem Bellen eines scharfen Dobermanns.
»Er hat in den Mails keinen Namen genannt«, log Raghu, der sich darüber im Klaren war, dass er sich in eine brenzlige Lage manövrieren würde, sobald er mit der ganzen Wahrheit herausrückte. Vielleicht hatte er bereits zu viel gesagt. Er wusste, dass Kalkoen über jeden Schritt seiner Leute unverzüglich in Kenntnis gesetzt werden wollte. Nicht erst, wenn die Dinge bereits liefen. Und er wusste, dass uThembani Mthetwas Verdacht sich gegen ihn richtete.
Raghu überlegte scharf, wie er weiter vorgehen sollte, denn er hatte das Gefühl, langsam aber sicher zwischen zwei Fronten zu geraten. Für ihn selbst, den in Durban geborenen Tamilen, spielte es keine Rolle, wer wirklich zu den Opfern des Anschlags zählte, für ihn ging es nur um die Tat, die perfekte Planung, das unentdeckte Entkommen, die Tarnung und das Wissen, dass er bei einem großen Spiel ganz weit vorne dabei war. Wie bei dem Anschlag
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