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Bonbontag

Bonbontag

Titel: Bonbontag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Nummi
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sie.
    Erst jetzt geriet der Junge aus der Fassung. Er konnte sich offensichtlich nicht entscheiden, auf was er noch verzichten sollte. Die Kassiererin hatte vom Warten die Nase voll und griff nach der Bonbontüte.
    Ari warf einen Blick in sein Portemonnaie.
    »Hier«, sagte er, ohne dass er Zeit gehabt hätte, über sein Handeln nachzudenken, und reichte der Kassiererin eine Fünfzig-Cent-Münze.
    Der Junge sah Ari an, sagte aber nichts.
    Die Kassiererin gönnte Ari keinen einzigen Blick, der ganze Vorgang schien sie überhaupt nichts anzugehen. Sie schob einfach die Bonbontüte zurück ins Auffangbecken.
    Dann scannte sie Aris Einkäufe ein. Der Junge raffte schnell seine Sachen zusammen. Er musste Ari ausweichen, damit dieser einpacken konnte. Sie schauten sich nicht an. Aber am Ausgang drehte sich der Junge um und murmelte: »Danke.«
    Ari zuckte mit den Schultern. Sofort kam ihm diese Geste hochmütig vor, aber es war zu spät, sie zu korrigieren, der Junge war schon draußen.
    Etwas wurmte Ari an der Situation. Er hatte versucht, die Bedeutung seiner Geste zurückzunehmen, die Dankesschuld des Jungen zu verringern. Aber hatte er damit nicht den Dank annulliert, den absolut aufrichtig ausgesprochenen Dank? Ari konnte sich nicht erinnern, wann man ihm zuletzt so gedankt hatte.
    Etwas in ihm geriet in Bewegung. Der Junge, ein Kind. Ein Dank, so warm wie die Hand eines Kindes. Das könnte man schreiben ... Er wischte es weg.
    Noch nicht in diesem Roman.
2
    Mad ... der Verrückte ... Genau der Typ.
    Er muss es sein.
    Mad Max.
    Kommt einfach so an ... Hier, sagt er ... Mein Geld ist dein Geld ...
    Da hat der Doc erst kapiert ... Mad Max ... Aber top secret.
    Der Doc bloß: okay ... bloß so was wie: den kenn ich nicht.
     
    Tomi war verträumt vor sich hingegangen, hatte gerade den kleinen Waldstreifen zwischen den Fußwegen durchquert, als die Tüte schwer gegen das Bein schlug und er aus seinen Gedanken auffuhr. Der Grillanzünder, den er neben dem Überrest des Feuers wieder gefunden hatte, schwappte in der Plastikflasche. Inzwischen befand sich Tomi bereits in der Nähe der Schule. Die Dunkelheit hatte plötzlich eingesetzt, die Straßenlampen zogen Lichtkreise, aber außerhalb davon war das Dunkel undurchdringlich.
    Tomi erschrak.
    Da standen sie, nur zwanzig Meter vor ihm. Die ganze Bande. Als hätten sie den ganzen Tag nichts anderes getan, als auf ihn gewartet.
    Plötzlich fühlte sich die Tüte in der Hand entsetzlich schwer an.
    Tomi machte kehrt. Schritte in seinem Rücken. Sie folgten ihm.
    Schmerzhaft prallte die Plastiktüte gegen das Bein. Er spürte das Schwappen der Flüssigkeit in der Flasche.
    Würde er rennen, würden die anderen ebenfalls rennen.
    Er rannte noch nicht.
    Sollte er die Tüte zurücklassen?
    Er blickte hinter sich, sie waren näher gekommen.
    Los jetzt ...
    Tomi rannte über den Fußweg zum Hof, quer über den Hof zum nächsten Haus, auch die anderen rannten. Er musste die Tüte wegwerfen, er musste ...
    Tomi rannte um die Hausecke, wollte die Tüte schon loslassen, da ...
    Vor ihm der Fußweg zum Supermarkt, darauf ein einsamer Fußgänger.
    Max ...
    Mad Max ...
    Ganz nah ... zu weit ...
    Mirabella ... Bella ...
    Eistorpedo ... viuuh ... fast an die Birne ...
    Abflug ...
    Viuuh .
3
    Schnell eine Pastasoße, Zwiebeln, anbraten, Hackfleisch dazu, Knoblauch, ein bisschen Gewürzmischung. Dann mindestens eine Stunde schreiben und danach essen, ein Glas Rotwein. Da wäre dann ja ganz schön was geleistet worden, dachte Ari nur ein bisschen ironisch. Noch ein Anruf bei Joel, um zu vereinbaren, wo sie sich am nächsten Morgen treffen würden.
    Ari nahm die Plastiktüte in die andere Hand. Er merkte, dass der scharfe Rand der Salamiverpackung einen Schlitz hineingeschnitten hatte. Wieder einmal.
    Plötzlich überkam ihn ein seltsames Gefühl. Als würde ihn jemand verfolgen, beobachten. Er drehte sich um. Eine Schar Kinder rannte über die Grünanlage in seine Richtung. Das freute ihn irgendwie, heiterte ihn auf. Junge Menschen sollen gesund und munter sein.
    Er setzte seinen Weg fort. Auf den kleinen Stufen die Böschung hinauf, der Haustür entgegen. Irgendein schemenhaftes Bild von der Einsamkeit der Häuser ging ihm durch den Kopf. Er streckte die Hand zur Türklinke aus.
    Ein Schreck. Neben ihm prallte ein Schneeball auf den Boden.
    »Tschuldigung ...«, sagte eine Stimme unmittelbar hinter ihm. Ari drehte sich abrupt um.
    Ein Junge.
    Den er nicht kannte. Der ihm bekannt vorkam.
    Aus

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