Bondage (German Edition)
wenns ein Leben lang dauern würde. Dabei fällt mir ein, dass Shahin und ich noch nie gemeinsam im Urlaub waren, seit wir zusammen sind.
Wir haben zwar unsere freien Tage genossen, waren mal ein Wochenende in Berlin, Marianne besuchen, oder in Köln, wo Shahin ein paar Leute kennt, aber so richtigen Urlaub hatten wir noch nie. Geht ja auch schlecht, wenn dauernd Katastrophen im Laden passieren, oder sich irgendwelche Leute ausgerechnet unsere Eingangstür zum Sterben aussuchen, um nur mal ein Beispiel zu nennen.
Aber ein richtiger Urlaub mit Shahin wäre schon toll. Den ganzen Tag am Strand liegen, sich die Sonne auf den Bauch brennen lassen, faul sein, meinen Mann genießen ... das hätte schon was für sich. Ich beschließe, Shahin zu fragen, wenn wir uns morgen sehen, und Seth zu fragen, ob er mir vielleicht den kürzesten Weg zu Shahin zeigen kann. Man sollte ja davon ausgehen, dass er sich hier auskennt, oder?
Kapitel Achtundzwanzig
Shahin
Es ist bereits dunkel, als wir den schmalen Pfad von der Stelle aus hinabsteigen, an der wir unsere Kamele zurückgelassen haben. Es schmeckt mir überhaupt nicht, dass wir warten mussten, bis es dunkel ist, aber wir hatten keine andere Wahl. Während des Tages herrschte so ein Gewusel an Menschen auf dem Platz vor und neben den Pyramiden, dass es unmöglich war, unbemerkt nach unten und in eine der Pyramiden hineinzukommen.
Die Männer beluden das kleine Flugzeug mit diesen seltsamen Kisten, gegen Morgen flog es ab, kehrte am Mittag zurück, man lud wieder Kisten aus, und am Abend, noch vor Einbruch der Dunkelheit, flog das Flugzeug dann unbeladen wieder weg. Die Arbeiter zogen sich in die sandfarbene Pyramide zurück, und nachdem mehr als eine Stunde lang niemand mehr nach draußen getreten war, beschlossen wir, nun loszugehen.
Es dauert nicht allzu lange, bis wir den Schutz der Büsche und Sträucher verlassen, und uns nun von Felsen zu Felsen arbeiten müssen, um den Blicken eventueller Beobachter zu entgehen. Nach einer weiteren Stunde stehen wir auf freier Fläche, und müssen uns beeilen, um nicht in letzter Minute doch ertappt zu werden.
Doch es geschieht nichts, in den Pyramiden herrscht Ruhe, und draußen ist kein Mensch mehr zu sehen.
„Gehen wir zuerst in die rote Pyramide?“, wispert Nora.
Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung“, brumme ich. „Die ganzen Leute sind jedenfalls in der Sandfarbenen verschwunden.“
Sven schürzt die Unterlippe. „Wenn ich dich richtig verstanden habe, hat die Blaue und die Schwarze niemand angerührt, richtig?“
Ich nicke wortlos.
„Und in der Roten war auch keiner?“, bohrt Lars nach.
„Nicht ganz“, erwidere ich. „Die Arbeiter haben Kisten raus- und reingetragen, aber sonst war da nichts. Und die Wächter sind auch alle in die sandfarbene Pyramide rein.“
„Dann sollten wir in der Sandfarbenen anfangen, danach in der Roten suchen, und uns, wenn wir Brix immer noch nicht gefunden haben, die Blaue und die Schwarze vornehmen“, schlägt Nora vor.
Ich schaue Lars und Sven an.
„Was meint ihr?“, frage ich.
„Keine Ahnung“, brummt Sven.
„Ich finde Noras Vorschlag gut“, grinst Lars. „Wenn wir da ungesehen reinkommen, können wir ja einen von den Typen abgreifen und befragen. Dann geht's wahrscheinlich schneller, Brix zu finden.“
„Oder wir sind schnell hops genommen“, wirft Nora ein. „Aber die Chance ist sowieso nicht gerade niedrig, dass das passiert. Also – los?“ Ohne die Antwort abzuwarten, läuft sie los.
Ich zögere einen winzigen Moment, so kurz, dass es mir selbst kaum auffällt, und folge ihr dann, Lars und Sven an meiner Seite beziehungsweise hinter mir wissend. Sven hat seine Maschinenpistole durchgeladen und hält sie schussbereit, Lars hat den Granatwerfer in der Hand, den Kemal uns geliehen hat, und ich habe mein Schulterhalfter über die schusssichere Weste gezogen, die ich mitgebracht hatte. Spätestens in diesem Moment dürfte Nora klar geworden sein, dass wir nicht vorhaben, hier in diesem Teil Ägyptens unser Leben auszuhauchen, sondern vielmehr lebend und zusammen mit Brix nach Hause kommen möchten, oder zumindest möglichst viel Gegenwehr zu leisten. Doch natürlich kommt alles ganz anders.
Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass dieses ganze Waffen- und Wächterbrimborium, das die Bewohner dieser Anlage hier betreiben, mehr als nur den Showeffekt als Grund hat, aber anscheinend habe ich mich geirrt. Die steinerne Doppeltür zur
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