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Bone 01 - Die Kuppel

Titel: Bone 01 - Die Kuppel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O'Guilín
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Fleisch eines anderen Lebewesens essen, würden sie selbst eines Tages gegessen werden. Deshalb wehren sie sich nicht.«
    Stolperzunge verstand es immer noch nicht. »Sie werden doch irgendwann sowieso gegessen. Jedes Wesen wird schließlich gegessen, also könnten sie sich genauso gut wehren und etwas länger am Leben bleiben. Oder sehe ich das falsch?«
    »Natürlich sieht er das richtig«, sagte Steingesicht. Er klopfte dem jüngeren Jäger kraftlos auf den Rücken, als wollte er sagen: Seht ihr, wie gut ich ihn ausgebildet habe?
    Indrani seufzte. »Stolperzunge, ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, wirklich nicht. Es ist gar nicht dieses Leben, um das sich diese Leute Sorgen machen. Wenn sie Fleisch essen und dann wiedergeboren werden …«
    »Was heißt das – wiedergeboren ?« Stolperzunge fragte sich, ob der Sprecher keine genaue Übersetzung gefunden und das erste Wort genommen hatte, das ihm in den Sinn gekommen war.
    Wieder seufzte sie. »Glaub mir einfach, dass ich die Wahrheit sage, ja? Es spielt keine Rolle, ob du verstehst, wovon ich rede, oder ob du es mir glaubst. Akzeptiere einfach, dass religiöse Menschen sich einbilden, dass sie nach ihrem Tod erneut geboren werden …«
    »Als Vorfahren?«
    »Nein, Stolperzunge. Als Menschen, Tiere oder Bäume. Schau mich nicht so an! Das hat ihr durchgedrehter Anführer gemeint, als er sagte, dass ich nie von hier wegkommen werde. Ich habe Fleisch gegessen, also glaubt er, dass ich hier wiedergeboren werde, um immer wieder gegessen zu werden, bis ich gelernt habe, selbst kein Fleisch mehr zu essen. Er ist davon überzeugt, wenn er stirbt, ohne von einem anderen Lebewesen gegessen zu haben, wird er das Verbrechen gegen die Geister gesühnt haben, das dafür verantwortlich war, dass sie ihn an diesen Ort verbannt haben. Wenn er das nächste Mal geboren wird, erwartet ihn ein angenehmeres Schicksal.«
    Das waren die erstaunlichsten Ideen, von denen Stolperzunge jemals gehört hatte. Er hatte Fragen, viele Fragen. Aber er kam nicht dazu, sie zu stellen.
    Eine Gruppe aus Männern und Frauen, kaum mehr als zehn, hatte sie aufgespürt. Der Junge namens Yama, der Stolperzunge und Steingesicht wiedererkannt hatte, nachdem sie vor zwei Tagen gegen die Skelette gekämpft hatten, lächelte und trat zwischen den anderen hervor. Er trug immer noch seinen Stock, aber er wirkte ausgezehrter, und die Narben auf seinen Wangen waren blutverkrustet. Die anderen hielten sich im Hintergrund, Männer, die doppelt so groß waren wie er, als würden sie hoffen, dass Yama sie beschützte.
    »Große Jäger!« Er ließ den Stock fallen, legte die Handflächen vor dem Gesicht zusammen und verbeugte sich. »Ich habe euer Volk mein ganzes Leben lang beobachtet, obwohl die Ältesten es mir verboten haben. Ha, ich wette, dass sie sich jetzt wünschen, ebenfalls von euch gelernt zu haben. Die stinkenden Feiglinge haben seit Tagen nichts mehr gegessen.«
    »Und was hast du gegessen, Yama?«, fragte Stolperzunge.
    Der Junge überhörte die Frage. »Ihr seid ziemlich gut«, sagte er. »Als Jäger, meine ich. Ich weiß, dass auch ich gut wäre, wenn ich einen richtigen Speer wie ihr hätte. Dann könnte ich mich selbst ernähren – und viele Frauen.«
    »Guter Junge!«, sagte Steingesicht. »Hast du das gehört? Stolperzunge?«
    Ein anderer Mann trat vor. Er war einer der Grauen mit spärlichem Haar, das ihm auf seltsame Weise aus dem Gesicht wuchs, und einer Stimme, die wie aneinanderreibende Steine klang.
    »Genug davon!«, sagte er. »Ich bin Kubar, einer der Ältesten, die dieser kleine Narr verspottet. Wir brauchen eure Hilfe, Wilde. Ihr mordet, um zu essen, und wir haben Frauen, hungernde Menschen, die euch beide brauchen, um etwas zu essen zu bekommen.«
    Stolperzunge spürte, wie sein Gesicht glühte. Er hatte es satt, als »Wilder« bezeichnet zu werden. Außerdem fiel ihm auf, dass einige der Leute hasserfüllte Blicke in Indranis Richtung warfen. Er hatte gehört, dass man sie eine Hexe genannt hatte, und auch das gefiel ihm nicht.
    »Wir müssen weiterziehen«, sagte er.
    »Unsinn!«, sagte Kubar. »Habt ihr kein Mitgefühl für leidende Menschen? Seid ihr völlig ohne Gefühl? Jeden Tag kommen die Bestien und holen welche von uns. Aber bei Nacht« – er erschauderte –, »bei Nacht kommen sie in großen Gruppen. Die Weißen mit den vier Armen. Die mit den Zungen, die sie um ein Kind wickeln, um es fortzuschleifen. Die Roten, die auf vier oder zwei Beinen laufen können.

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