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Bone 01 - Die Kuppel

Titel: Bone 01 - Die Kuppel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O'Guilín
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Vergangenheit hatte sich Brückengänger auf seinen Jagdzügen kaum mehr als die Verachtung der anderen verdient. Trotzdem genoss Stolperzunge die Gesellschaft des älteren Mannes. Es wurde Nacht, und nur das Gitternetz der Lichterstraßen – kaum genug, um etwas sehen zu können – half ihnen, Wache zu halten. Unten erstreckte sich das Niemandsland, hinter dem früher das Haarigen-Revier gelegen hatte. Bis zum Feuchtpfad war es frei von Bäumen, doch in manchen weiter entfernten Bereichen hatte man zugelassen, dass sich die Bäume über das Wasser ausbreiteten, wie auch auf der Seite, wo die Bluthäute wohnten.
    »Was glaubst du, warum die Haarigen nie ersetzt wurden?« , fragte Brückengänger. »Mein Vater hat früher oft von der Zeit erzählt, als sie den letzten Semplit gegessen haben. Es dauerte nur wenige Tage, bis die Zartlinge auftauchten. Es gab einen großen, hellen Blitz – er sagte, dass man ihn von diesen Türmen hier sehen konnte – und dann… ha! Tausende Zartlinge ohne einen blassen Schimmer, wo sie waren! In jenen Tagen haben wir gut gegessen, Stolperzunge. Diese blöden Bestien brauchten fünf Tage, um zu lernen, dass sie uns essen mussten, wenn sie überleben wollten.«
    Am Rand von Stolperzunges Gesichtsfeld bewegte sich etwas am Boden genau unter ihnen. Schlich sich irgendein Wesen durch die Bäume? Er unterbrach Brückengänger mit einer Berührung am Ellbogen. »W-was?«, sagte er, »w-w-was …?« Unwillkürlich griff er nach dem Horn aus Krallenleuteschale, schlug aber noch keinen Alarm. Menschen jagten nur selten nachts und niemals in Haarigen-Wege – nicht seit sie von der Allianz aus Panzerrücken und Hüpfern vertrieben worden waren. Gleichzeitig unternahmen ihre Feinde häufigere Vorstöße ins menschliche Revier. Häuptling Speerauge hatte angeordnet, dass nachts mehr Wächter auf den Gebäuden postiert wurden, aber zusätzliche Wachen bedeuteten weniger Jäger und weniger Fleisch für alle. Also hatte der Häuptling weitere Freiwillige angefordert. Eines Tages hatte er Stolperzunge besucht, um zu »sehen, ob es ihm schon besser ging«. Zum Glück war es der erste Tag gewesen, an dem Stolperzunge ohne Krücken gelaufen war, sodass Speerauge nichts gegen ihn in der Hand gehabt hatte.
    »Das sind Flieger«, sagte Brückengänger aufgeregt. Er blickte nicht einmal in die richtige Richtung. »Mann, hast du sie gesehen? Es müssen mindestens zehn sein! Was machen sie hier?«
    Flieger hatten sich auf Aas spezialisiert. Nach der Vernichtung der Bewohner hatten ihre farbenfrohen Schwärme tagelang über Haarigen-Wege gekreist, und Stolperzunge wollte gar nicht daran denken, was ihre Ankunft in Menschen-Wege bedeuten mochte. Etwas Schreckliches kam auf sie zu. Dessen war er sich ganz sicher. Seine Hände, mit denen er das Horn hielt, fühlten sich plötzlich feucht an, und er hatte beinahe hineingeblasen. Aber er hatte nur eine winzige Bewegung zwischen den Bäumen gesehen und musste sich zunächst vergewissern, dass wirklich Gefahr drohte.
    Brückengänger ahnte nichts von seinen Sorgen. Er schwafelte immer noch von den Fliegern. Sein junger Gefährte hätte ihn am liebsten angeschrien, dass er damit aufhören und stattdessen nach unten blicken sollte, aber seine Nerven hatten seine Zunge in ein nutzloses Stück Knorpel verwandelt.
    Dann hörte er es: das Trampeln von Füßen. Es kam nicht von außerhalb der Mauer. Es kam genau aus dem Herzen von Menschen-Wege.
    »Mann!«, sagte Brückengänger genau neben seinem Ohr. »Ich glaube, ein Flieger will auf unserem Turm landen!«
    Stolperzunge hörte Alarmrufe von den Wachen auf der anderen Seite der Straße. Dann spürte er einen kalten Luftzug über seinen Rücken streichen, und Brückengänger schrie auf. Stolperzunge blickte sich um und sah, wie die Beine des alten Jägers nach oben gerissen wurden. Ein Flieger hatte seine Krallen in die Brust des Mannes geschlagen.
    Die Bestie schien Schwierigkeiten mit dem ungewöhnlich großen Gewicht zu haben. Stolperzunge wollte nach Brückengängers Füßen greifen, verfehlte sie aber. Die Schreie des Jägers wurden vom Turm auf der anderen Seite und aus den Straßen beantwortet. Brückengängers Füße stießen einmal gegen die Brüstung, und dann ließ der Flieger ihn über der Straße los, wo er mit einem dumpfen Geräusch landete, das nichts Gutes bedeuten konnte.
    Stolperzunge hörte weitere Flügelschläge von oben. Er rollte sich gerade noch rechtzeitig zur Seite und sah, wie ein Flieger

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