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Bone 01 - Die Kuppel

Titel: Bone 01 - Die Kuppel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peadar O'Guilín
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und Indranis Leben davon abhing, lief er trotzdem geduckt zu den ersten Gebäuden hinüber, als würden tausend Augen die Nacht gezielt nach ihm durchsuchen.
    Er hatte keine fünfzig Schritte zurückgelegt, als ein Licht, das heller als das Dach war, in der Luft um ihn herum explodierte und ihn mit geradezu körperlicher Wucht traf.
    Er ließ all seine Waffen fallen, ging in die Knie und schlug sich die Hände vor die Augen. »Ich bin blind!«, kreischte er, und in diesem Moment war es ihm gleichgültig, wem er dadurch seine Anwesenheit verriet. Er legte sich hin und weinte hundert Herzschläge lang, die Hände fest aufs Gesicht gedrückt. Als er sie schließlich zurückzog, tanzten grellbunte Punkte vor seinen Augen. Doch an den Rändern dieser Punkte klärte sich sein Sichtfeld schon wieder. Kurze Zeit später konnte er gut genug sehen, um panisch keuchend zur ersten Mauer zu laufen. Erst dann fragte er sich, was eigentlich geschehen war.
    Die alten Leute hatten manchmal von etwas Ähnlichem berichtet. Was hatte es zu bedeuten? Was nur? Dann grinste er. Er konnte gar nicht glauben, wie viel Glück er gehabt hatte.
    »Natürlich!«, flüsterte er.
    Immer wenn ein Volk von anderen Jägern ausgerottet wurde, erschienen neue Opfer, um die alten zu ersetzen. Dann tauchten genügend neue Wesen auf, um jeden Raum in allen Gebäuden eines Gebiets zu füllen. Ihre große Zahl verringerte sich schnell, bis die Neuankömmlinge gelernt hatten, sich zu verteidigen. Doch während der Zeit der Unwissenheit schickte jedes benachbarte Volk immer neue Jäger, um am Überfluss teilzuhaben.
    Stolperzunge entschied, sich nicht die Mühe zu machen, durch ein Fenster einzusteigen, sondern lief direkt zum Haupttor. Er müsste keine Angst vor anderen Jägern haben, wenn so viel leichte Beute zur Verfügung stand.
    Die Straßen von Zartling-Wege lagen still vor ihm. Gut , dachte er. Gut! Es hieß, dass neue Bestien immer schlafend eintrafen.
    Er bog in eine Straße ein, an der nur Ruinen standen. Doch kurz vor der nächsten Kreuzung gab es drei völlig unversehrte Häuser.
    »Ich darf nicht zu gierig werden«, sagte er sich. Je nach dem, wie groß sie waren, mochte das Gewicht eines Erwachsenen viel zu viel für ihn sein, und er wollte nicht das Wagnis eingehen, länger verweilen zu müssen, um einen Kadaver zu schlachten. Nein, was er brauchte, war eine Familie. Er konnte ein Junges erlegen und dann genug Fleisch mitnehmen, um sich selbst und Indrani mehrere Zehntage lang am Leben zu erhalten.
    Im ersten Haus der Dreiergruppe gab es keinen Fellvorhang vor der Tür. Stolperzunge näherte sich vorsichtig und lugte in den Vorraum. Er konnte nichts sehen. Er stach mit dem Speer hinein.
    »Zeitverschwendung!«, tadelte er sich selbst. Dieses eine Mal befand er sich auf einer Jagd, bei der er nichts zu befürchten hatte. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen, als er an neue Geschmackserlebnisse dachte. Diese Vorstellung war beinahe unerträglich. Er trat in die Dunkelheit des Hauses. Ohne die Lichterstraßen konnte er kaum noch etwas erkennen, nur zwei noch dunklere Eingänge. Er wollte gerade durch den ersten treten, als seine Speerspitze auf etwas Weiches und Nachgiebiges stieß, das vor der Tür lag.
    Er streckte eine Hand nach der seltsamen Substanz aus, als ein Geräusch von der Straße ihn vor Schreck erstarren ließ. Er wandte sich zum Hauseingang um, doch dann brauchte er ein paar Herzschläge, um seinen Speer aus der weichen Masse zu lösen. Bevor er damit fertig war, sah er bereits den Hüpfer, der durch den Haupteingang auf ihn losstürmte, ein Messer in den Händen. Endlich kam der Speer frei, aber Stolperzunge ließ ihn fallen, als der Hüpfer gegen ihn prallte. Das Messer zog eine brennende Linie über seinen linken Arm, und er wurde gegen die Wand geschleudert, was ihm die Luft aus den Lungen trieb.
    In der Dunkelheit konnte Stolperzunge das Gesicht des Wesens nicht deutlich erkennen. Er fragte sich, ob ein siegessicherer Ausdruck in seinen Augen stand, voller Hass auf die Menschen, die sein Volk zum Untergang verurteilt hatten. Es hob das Messer zum Todesstoß.
    Und hielt inne.
    Das Wesen schien sich gegen etwas zu wehren, und sein Atem kam in kurzen pfeifenden Stößen. Es hob die eine Hand und legte sie an die andere, die das Messer über seinem Kopf hielt, als würde es darauf warten, dass ein Artgenosse ihm Blut aus der Achselhöhle abzapfte. Nun zitterte der ganze Körper. Als sich die kräftigen Beine vom Boden hoben,

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