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Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker

Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker

Titel: Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherie Priest
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besaß eine Tasche; er benutzte sie für seine Schulsachen, wenn er sich dazu herabließ, zur Schule zu gehen. Briar hatte sie ihm aus Leder- und Segeltuchresten genäht, bis sie stabil und groß genug für die Bücher war, die sie sich kaum leisten konnten, und vor Kurzem hatte er sie gebeten, die Tasche zu flicken; darum wusste sie, dass er sie noch benutzte.
    Sie war nirgendwo zu sehen.
    Auch nicht, als Briar das Zimmer rasch durchsuchte. Sie fand keinerlei Hinweise auf den Verbleib des Jungen oder seiner Tasche … bis sie in die Knie ging und den Saum der Tagesdecke anhob. Unter dem Bett war nichts. Aber unter der Matratze. Das zusammengepresste Federpolster wies eine merkwürdige, geometrische Wölbung auf. Briar schob eine Hand zwischen das Bettzeug und bekam einen glatten Packen zu fassen, der zwischen ihren Fingern raschelte.
    Papier. Ein kleiner Stoß Zettel verschiedener Formen und Größen.
    Und darunter fand sich …
    Sie drehte das Blatt herum, betrachtete die Vorderseite, die Rückseite, und die Angst war so kalt in ihrer Lunge, dass sie kaum Luft bekam.
    … ein Plan der Innenstadt von Seattle, eine Hälfte davon.
    Auf der fehlenden Hälfte musste das alte Finanzviertel dargestellt sein, wo der Boneshaker bei seinem ersten Testlauf das katastrophale Erdbeben verursacht hatte … und wo wenige Tage darauf zum ersten Mal das Fraßgas ausgetreten war.
    Woher hatte Zeke diesen Stadtplan?
    Die eine Kante war sauber abgerissen, was darauf hindeutete, dass er einmal Teil eines Buches gewesen war. Aber die kleine Stadtbücherei lag innerhalb der Mauer, es war nie eine neue eröffnet worden, und Bücher waren rar – und teuer. Zeke konnte es unmöglich gekauft haben, aber vielleicht hatte er es gestohlen, oder …
    Das Papier roch merkwürdig. Der Geruch fiel ihr erst jetzt auf, nach einer halben Minute, weil er einem draußen ständig begegnete. Briar hielt den Plan unter die Nase und sog kräftig die Luft ein. Vielleicht war es ja nur Einbildung. Aber das ließ sich leicht herausfinden.
    Sie lief den Flur hinunter in ihr Zimmer und wühlte in ihrem hohen, klapprigen Kleiderschrank, bis sie es fand – ein einzelnes Brillenglas aus den ersten Tagen der Evakuierung, den schlechten alten Zeiten. Niemand hatte gewusst, wovor sie wegliefen oder warum, aber es hatte sich bereits herumgesprochen, dass man das Zeug sehen konnte, wenn man eine Gasmaske oder eine Brille mit polarisierten Gläsern besaß.
    Einen anderen Test hatte es damals nicht gegeben. Straßenhändler hatten Gläser zu lachhaften Preisen angeboten, und nicht alle waren brauchbar gewesen. Manche stammten aus kaputten Industriemasken oder Schutzbrillen, bei anderen jedoch handelte es um ganz gewöhnliche Monokel oder gar Flaschenböden.
    Damals war Geld kein Thema gewesen. Briars handtellergroßes getöntes Brillenglas war keine Fälschung, und es funktionierte ebenso gut wie ihre Schutzbrille im Werk.
    Sie zündete zwei weitere Kerzen an und trug sie in Zekes Zimmer; nun reichte das Licht aus, um die unter der Matratze gefundenen Papierschnipsel durch das Glas zu betrachten. Der Plan, die Handzettel, die abgerissenen Plakatfetzen – um sie alle schimmerte ein kränklich gelber Hof, der sie so deutlich kennzeichnete wie ein Stempelaufdruck mit einer Warnung.
    »Fraß«, keuchte Briar. Jedes einzelne Stück Papier starrte vor Rückständen.
    Sie waren derart kontaminiert, dass auf der Hand lag, woher sie stammten. Briar konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Sohn diese Zettel aus dem Inneren der abgeriegelten Stadt mit ihrer durchgehenden, alles überragenden Mauer käuflich erworben hatte. Manche Läden boten Gegenstände an, die die Evakuierten aus dem verseuchten Stadtzentrum mitgebracht hatten, aber die konnte man sich kaum leisten.
    »Zum Teufel mit seinen idiotischen Freunden und ihrer idiotischen Zitronenmasse«, fluchte sie. »In der Hölle sollen sie schmoren.«
    Briar sprang auf und ging zurück in ihr Zimmer, diesmal um ihre Musselin-Atemmaske zu holen. Sie legte sie über Mund und Nase, zurrte sie fest und breitete Zekes Schatz auf seinem Bett aus: eine merkwürdige Sammlung, und das war noch harmlos ausgedrückt. Außer dem Stadtplan fanden sich alte Fahrscheine und Theaterprogramme, aus Romanen herausgerissene Buchseiten sowie Zeitungsausschnitte, die älter waren als der Junge.
    Briar hätte gerne ihre Lederhandschuhe zur Hand gehabt. Stattdessen musste sie sich mit der löchrigen Socke behelfen, um die Papiere zu sortieren und zu

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