Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
davonzustehlen. Sie beschloss, es mit einer Kombination aus Beiläufigkeit und klammheimlichem Davonschleichen zu versuchen, und zog sich in aller Stille zu dem einen leichten Hang hinaufführenden, halb überwucherten Pfad und von tiefen Wagenspuren zerfurchten Weg zurück.
Die oberen Ränder der Furchen waren trockener; Briar balancierte darauf entlang, bis sie den Landeplatz hinter den Bäumen nicht mehr sehen konnte.
Im Wald hatte sie sich nie wohlgefühlt. Briar war ein Stadtkind – zwischen diesen Mauern aus dicken Stämmen und dichtem Unterholz kam sie sich klein und hilflos vor, wie gefangen in einem Märchen mit Wölfen.
Sie stolperte den Weg hinauf und gab sich alle Mühe, nicht mit den Absätzen in der dicken, feuchten Erde stecken zu bleiben. Der Weg wurde allmählich breiter und war besser einzusehen, aber auch weiter vorn war offenbar niemand unterwegs.
»Ist ja auch noch früh«, sagte sie sich.
Je tiefer sie ins Innere der Insel vordrang, desto höher und dichter wurde der Wald, weshalb sie den zweiten Luftschiffhafen erst bemerkte, als sie ihn schon beinahe betreten hatte.
Briar blieb mit einem Ruck stehen und wollte sich wieder auf den Weg zurückziehen, musste aber feststellen, dass der irgendwo hinter ihr zu Ende gewesen war. Und sie war nicht länger allein.
Etwas abseits standen auf einer Lichtung drei breitschultrige Flieger und rauchten. Alle drei setzten ihre Pfeifen ab und starrten Briar an, die keine Ahnung hatte, wie sie nun vorgehen sollte, sich das aber keinesfalls anmerken lassen wollte. Möglichst beiläufig betrachtete sie die scheckigen Luftschiffe, bevor sie sich wieder den drei stummen, verdutzten Männern zuwandte.
Die Schiffe hier waren lediglich an dicken Bäumen vertäut, deren Stämme zwar gelegentlich knarzten und ächzten, aber nicht eines davon löste sich oder konnte nicht festgemacht werden. Außerdem wirkten die Schiffe ganz anders als die drüben im eigentlichen Hafen: ihre Hüllen glänzten nicht und jedes sah anders aus. Anscheinend stammten sie nicht aus einem Werk, sondern waren irgendwo zusammengestückelt worden aus den Einzelteilen anderer, stabilerer und größerer Flug maschinen.
Was die rauchenden Männer betraf, so hätte der kleinste durchaus einer von Briars Arbeitskollegen sein können; er war blass und ein bisschen schmuddelig, trug weite Hosen mit einer Lederschürze darüber, aus deren Taschen ein Paar lange Lederhandschuhe ragten.
In der Mitte stand ein Mulatte mit langen Haaren, die er zu kunstvollen Zöpfen geflochten und mit einem Tuch nach hinten gebunden hatte. Er trug einen Seemannspullover mit einem hohen Faltkragen, der unter seinem dichten, schwarzen Bart verschwand.
Der Dritte im Bunde, ein kohlrabenschwarzer Neger, war am besten angezogen. Er trug ein elegantes blaues Jackett mit Messingknöpfen. Eine rosafarbene Narbe verlief vom Mundwinkel nach hinten zum Ohr, das mit einer Reihe kleiner Goldringe verziert war, die klingelten, als er bei Briars Anblick zu lachen anfing. Zuerst gluckste er nur tief und rollend, dann lachte er aus vollem Halse und seine Kollegen stimmten mit ein.
»Hallo, da drüben«, sagte er, sobald er wieder Luft bekam. Sein Akzent deutete darauf hin, dass er von irgendwo jenseits der Berge kam, von weit unten im Süden. »Haben Sie sich verlaufen, Lady?«
Briar wartete, bis die Männer sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, und sagte: »Nein.«
»Ach.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Dann sind Sie absicht lich hierher nach Canterfax-Mar gekommen, ja? Was möchten Sie denn von uns, hier in diesem abgelegenen kleinen Hafen? Sie haben da doch was Bestimmtes im Auge, das seh ich Ihnen doch an.«
»Ich brauche eine Überfahrt. Ich suche nach meinem Sohn. Können Sie mir helfen?«
»Nun ja, Ma’am, kommt drauf an.« Er ließ seine Kollegen stehen und kam zu ihr herüber, die Arme vor der Brust verschränkt.
Briar konnte nicht sagen, ob er sie einschüchtern oder nur aus der Nähe betrachten wollte, aber aus der Nähe wirkte er bedrohlicher, als sie gedacht hatte. Er war bestenfalls so groß wie ihr Vater damals; allerdings hatte er breitere Schultern, und die Arme unter den Ärmeln seiner blauen Wolljacke waren so dick wie Baumstämme. Seine Stimme war tief und laut und rollte feucht in seiner Brust.
Briar wich nicht zurück und senkte auch nicht den Blick, verlagerte nur leicht ihr Gewicht. »Und auf was kommt es an?«
»Auf alles Mögliche! Ich muss zum Beispiel wissen, wohin Sie möchten und wie
Weitere Kostenlose Bücher